Studie zu Restmüll: Deutsche haben Trennungsprobleme
Fast 70 Prozent dessen, was in der schwarzen Tonne landet, gehört gar nicht dorthin. Das Bundesumweltministerium fordert mehr Biotonnen.
Unser Essen landet im Müll: 9 Kilogramm an noch verpackten Lebensmitteln wirft jede Einwohnerin, jeder Einwohner im Schnitt pro Jahr in die schwarze Mülltonne für den Restmüll. Sie gehören da aber gar nicht hin. Die Deutschen, die sich selbst gern für die besten Müllleute der Welt halten, sortieren ihren Unrat zuhauf falsch. Das zeigt eine am Dienstag veröffentlichte Analyse des Umweltbundesamtes.
Demnach gehören insgesamt 67 Prozent dessen, was deutschlandweit in der Restmülltonne landet, dort nicht hinein. Das sind etwa alte Zeitungen, leere Weinflaschen, Plastik, Textilien, Holz, Kork, auch Elektroaltgeräte, Lackreste oder Lösemittel. Und: Biomüll. Er macht unter den Irrläufern den allergrößten Batzen aus, füllt satte 40 Prozent der Restmülltonnen.
So genau sei schon seit 35 Jahren nicht mehr untersucht worden, was in die schwarze Tonne gestopft wird, berichtet das Umweltbundesamt. Abfallexperten haben dafür den Inhalt von etwa 2.800 Mülltonnen aus 14 verschiedenen Regionen der Republik auseinandergenommen. Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumweltministerium, erklärte zu den Ergebnissen am Dienstag: „Wir trennen gut, aber nicht sehr gut.“ Das Trennen – es müsse Bürgerinnen und Bürgern leichter gemacht werden.
Windeln, Binden, Taschentücher? Schwarze Tonne. Asche, erkaltet? Auch. Katzen- und Kleintierstreu, Lumpen, Scherben aus Spiegel- oder Fensterglas, Trinkgläser – so etwas gehört in die schwarze Tonne. Im Grunde ist sie eine Art Restrampe für alles, was nicht wiederverwertet oder recycelt werden kann, dabei keine Schadstoffe enthält und nicht zu sperrig ist. Aber was das genau heißt – es wissen nicht alle, zumindest kümmert es nicht jede und jeden.
„Alles Organische, also auch gekochtes Fleisch, gehört in die Biotonne“, erklärt Bettina Rechenberg, die beim Umweltbundesamt die neue Studie verantwortet. Die Tonne solle immer gut geschlossen werden. Was hingegen zwar oft geschehe, aber falsch sei: Lebensmittel mit Verpackungen oder den Bioabfall samt Tüte, in der er gesammelt wurde, in die Biotonne zu werfen. Auch Tüten, die im Supermarkt unter dem Label „biologisch abbaubar“ gekauft werden könnten, seien kein Fall für die Biotonne. In den industriellen Kompostieranlagen oder auf dem eigenen Komposthaufen im Garten zersetzen sie sich nicht schnell genug. Einzige Ausnahme: Die Abfallfirmen liefern extra Biomülltüten.
Ein zweites Leben
Insgesamt schmeißen die Bürger zwar weniger in die Restmülltonne als noch Anfang der 80er Jahre: Damals waren es im Schnitt pro Person ganze 239 Kilo, heute sind es immerhin noch 128 Kilo. Glas, Papier, Metall, Plastik – es wird schon mehr davon getrennt gesammelt als früher. Rund läuft es darum noch lange nicht. Flasbarth: „Wir wollen eigentlich alles haben, was man im Kreislauf führen kann.“
Das gilt schon seit 1994. Zu jener Zeit erschuf der damalige Bundesumweltminister Klaus Töpfer von der CDU das Kreislaufwirtschaftsgesetz. Erstes Gebot seither: Abfall vermeiden. Zweites: Ordentlich trennen. Drittes: Müll bekommt ein zweites Leben. Er wird am besten recycelt, statt ihn zu verbrennen. Fortschritte gibt es: Dosen und andere Metallverpackungen werden mittlerweile zu mehr als 90 Prozent recycelt, Glas und Altpapier zu jeweils mehr als 80 Prozent.
Doch es hakt auch noch. Vom Kunststoffmüll wird in Deutschland bisher nur die Hälfte recycelt. Die Bundesregierung versucht, die Quote zu erhöhen – zumal die EU dies auch fordert – und Anreize zum Recycling zu schaffen. Bislang rechnet es sich für Unternehmen oft nicht, recycelten Kunststoff zu verwenden. Plastik, das aus Öl gemacht wird, kostet vergleichsweise wenig. Geplant sei, erklärte Flasbarth, dass Bundesbehörden bei ihren Einkäufen künftig Produkte, in denen Recyclingmaterial steckt, bevorzugen müssen.
Zurück zum Bioabfall, der eigentlich zu Kompost verarbeitet oder mit dem in Biogasanlagen Strom und Wärme erzeugt werden soll. Er muss schon seit gut fünf Jahren – so steht es im Gesetz – bundesweit getrennt gesammelt werden. Doch können die Kommunen selbst entscheiden, wie.
Und wenn Bürgerinnen und Bürger ihre Küchenabfälle bei Sammelstellen auf Wertstoffhöfen oder Friedhöfen abliefern müssten, sei das „lebensfremd“, kritisierte Flasbarth. Er forderte die Kommunen auf, mehr Biotonnen aufzustellen. Allerdings seien auch Vermieter und Hauseigentümer gefragt. Sie müssten dafür sorgen, dass für alle und alles genügend Tonnen da seien.
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