Studie zu Arbeit für Online-Plattformen: Die Hoffnungen wurden enttäuscht
Eine Studie zur Plattform-Ökonomie stellt fest: Arbeit im Internet wird viel schlechter bezahlt als analoge Arbeit. Es brauche EU-weite Regulierung.
Die Arbeit wandert immer mehr ins Internet ab – und wird dort deutlich schlechter bezahlt als in der analogen Welt. Zu diesem Ergebnis kommt die bisher größte Studie zur sogenannten Plattform-Ökonomie, die das Europäische Gewerkschaftsinstitut (Etui) in 14 EU-Ländern durchgeführt hat. Deutschland schneidet nach der Studie, die der taz vorab vorlag, etwas schlechter ab als der Durchschnitt.
„Unsere Ergebnisse stützen nicht die optimistischen Erwartungen, dass die Plattform-Ökonomie Lösungen für Menschen bieten könnte, die in der traditionellen Wirtschaft keine Arbeit haben“, sagen Agnieszka Piasna, Wouter Zwysen und Jan Drahokoupil, die die Studie angefertigt haben. Meist seien es Arbeitnehmer mit prekären Offline-Jobs, die sich online einen Zusatzverdienst suchten.
Insgesamt waren im vergangenen Jahr in der EU 47,5 Millionen Menschen im Internet beruflich tätig, das sind 17 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung. Der Anteil der „echten“ Plattform-Arbeiter lag laut Studie mit 15 Millionen (5,4 Prozent) deutlich niedriger. Darunter waren nur 3 Millionen, für die Plattform-Arbeit einen signifikanten Teil ihrer Erwerbstätigkeit ausmacht.
Zwar habe die Plattform-Ökonomie in der Coronapandemie einen Boom erfahren. Lieferdienste wie Uber Eats seien zum Symbol einer neuen Arbeitswelt geworden. Doch sozial und gerecht geht es dabei nicht zu. „Das Einkommen bei dieser Art von Arbeit ist sehr niedrig“, so die Experten. „Es würde einen Arbeitnehmer, der ausschließlich von dieser Arbeit lebt, unter die Armutsgrenze bringen.“
Karges Zubrot
Die große Mehrheit (85 Prozent) verdiente im Internet nicht einmal die Hälfte ihres Jahreseinkommens – es handelt sich also um ein karges Zubrot. Im Durchschnitt lag das Einkommen aus Plattform-Arbeit bei 250 Euro im Monat. Das Versprechen, im Internet ohne großen Aufwand viel Geld zu verdienen, erweist sich also in den meisten Fällen als Schimäre – meist geht es um prekäre Jobs.
Nicht besser sieht es in Deutschland aus. Hier gibt es zwar etwas weniger Plattform-Arbeiter als im EU-Mittel, nämlich 4,4 Prozent. Diese verdienen mit durchschnittlich 100 Euro im Monat aber auch weniger als ihre Nachbarn. In Frankreich sind es im Durchschnitt immerhin 150 Euro. Besonders hoch liegt der Anteil der Online-Jobber in der Slowakei, doch auch dort wird schlecht bezahlt.
Forderung nach EU-Regulierung
Insgesamt bestätige die Studie die Forderung nach einer EU-weiten Regulierung der Plattform-Arbeit, meint das Gewerkschaftsinstitut. Online-Arbeiter würden noch allzu oft als (schein-)selbstständig eingestuft und gnadenlosen Algorithmen unterworfen, die den Arbeitsalltag steuern. Wichtige Entscheidungen dürften nicht Maschinen überlassen werden, denn dabei gehe – neben der Transparenz – außerdem noch die soziale Verantwortung verloren.
Die EU-Kommission hatte im Dezember bereits einen Entwurf vorgelegt, der die Lage der Online-Jobber verbessern soll. Die Brüsseler Behörde schlug vor, bis zu 5,5 Millionen Plattform-Arbeiter zu Angestellten machen. Allerdings stellt sich die Wirtschaft quer. Der Vorschlag sei politisch motiviert und werde den digitalen Dienstleistungen im Binnenmarkt schaden, so erklärte es Markus J. Beyrer vom Interessenverband Businesseurope.
Während die Beratungen in der EU andauern, ist Belgien am Dienstag vorgeprescht. Premierminister Alexander de Croo kündigte besseren Schutz für freie Angestellte von Internet-Plattformen wie Uber an – etwa durch eine verpflichtende Arbeitsunfallversicherung. „Wir arbeiten an einer nachhaltigen, innovativen und digitalen Wirtschaft“, sagte der liberale Regierungschef in Brüssel.
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