Strukturellem Rassismus vorbeugen: Polizei soll Profiling quittieren
Wer in Hamburg von der Polizei kontrolliert wird, soll sich einen Beleg geben lassen können. Erfahrungen zeigen: Das beugt Racial Profiling vor.
Mit ihrem Vorschlag wollen die Linken gegen Racial Profiling vorgehen. Der Vorwurf: Die Polizei beobachtet, kontrolliert und durchsucht Menschen aufgrund von Aussehen und Hautfarbe – ohne konkreten Tatverdacht. Das Hamburger Verwaltungsgericht bestätigte zuletzt, dass diese Praxis rechtswidrig ist. Geklagt hatte der in St. Pauli lebende Barakat H., weil er vor seiner Haustür immer wieder anlasslos kontrolliert wurde. H. führte die ständigen Kontrollen auf seine Hautfarbe zurück – und verklagte die Stadt.
Diesen Erfolg vor Gericht will die Linke zum Anlass nehmen, Racial Profiling auch mit mehr Bürokratie zu verhindern. „Wenn die Beamten vor einer polizeilichen Maßnahme wissen, dass sie ihre Kontrolle schriftlich begründen müssen, kann das präventiv wirken“, sagt Deniz Celik, der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion. Gleichzeitig würden die Belege es den Betroffenen erleichtern, gegen eventuell unrechtmäßige Kontrollen zu klagen.
„Wenn man in einer Woche dreimal in eine Polizeikontrolle gerät, kann man dies mit den Quittungen gut nachweisen“, sagt Celik. Außerdem erhalte man so eine breitere Datenbasis über den Anlass von Polizeikontrollen. Auf dieser Grundlage könnten polizeiliche Maßnahmen besser dokumentiert und ausgewertet werden.
Unterstützung erhofft sich Celik von den Grünen. Schließlich haben sie das Quittungssystem in Bremen und Sachsen bereits mit auf den Weg gebracht. Allerdings setzen die mitregierenden Hamburger Grünen bisher auf andere Maßnahmen. „Unsere Koalition hat sich auf zwei Instrumente verständigt, die wir prioritär umsetzen wollen“, sagt ihre innenpolitische Sprecherin Sina Imhof. Die rot-grüne Regierung sei dabei, eine Beschwerdestelle einzurichten. Außerdem beginne in diesem Jahr eine Studie, in der die „demokratiebezogenen“ Einstellungen von Polizist:innen untersucht werden sollen.
Imhof geht daher davon aus, dass ihre Fraktion den Antrag der Linken ablehnen werde. Zwar gebe es empirische Erkenntnisse darüber, dass das Quittungssystem einen positiven Effekt habe. „Aber auch Beschwerdestellen arbeiten effektiv, das zeigt der internationale Vergleich.“
Polizeikontrollen erfordern Gegenkontrolle
„Vorsichtig gespannt“ ist Lino Peters auf die Einrichtung der neuen Beschwerdestelle. Der Rechtsanwalt vertritt Opfer von Racial Profiling. „Die Menschen müssen wahrnehmen, was für ein Strafrechtsapparat in Hamburg wütet“, sagt Peters. Es könne nicht sein, dass sich Menschen derart verfolgt und verängstigt fühlen.
Die Idee, Polizeikontrollen mit Quittungen zu dokumentieren, findet er gut: „Kontrolle und Aufzeichnungen durch die Polizei nehmen seit Jahren zu. Dieser Apparat wächst. Dafür braucht es eine Gegenkontrolle.“
Quittungen können rassistische Praktiken reduzieren
Diese Gegenkontrolle verlangt auch Ogun Ekundayo von der Black Community Hamburg. Racial Profiling sei eine routinierte Praxis in den Behörden. Quittungen hält er für einen ersten Schritt, um polizeiliches Handeln transparent zu machen. Allerdings sollten die Belege nicht nur auf Wunsch, sondern grundsätzlich ausgestellt werden. „Erfahrungen aus Großbritannien zeigen, dass dies willkürliche und rassistische Praktiken der Polizei deutlich reduziert“, so Ekundayo.
Am Mittwoch steht der Antrag der Linken auf der Tagesordnung der Bürgerschaftssitzung. Deniz Celik geht davon aus, dass es der Antrag zumindest in den Innenausschuss schafft.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels war von einer „unabhängigen Beschwerdestelle“ für Beschwerden über die Hamburger Polizei die Rede. Über die Unabhängigkeit der Beschwerdestelle bestehen allerdings Zweifel, da die Beschwerdestelle bei der Polizei selbst angesiedelt ist. Das Attribut „unabhängig“ wurde deshalb aus dem Text herausgenommen.
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