Strom aus Erneuerbaren: Netzausbau ist nicht alles
Die Instrumente gegen Netzengpässe sind vielfältig. Preisschwankungen würde der Markt regeln und müssen endlich beim Kunden ankommen.
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I mmer mehr Strom aus erneuerbaren Quellen kann nicht erzeugt werden, weil die Netze den Strom nicht aufnehmen können. Das ist bitter. Genauso bitter aber ist, dass die Politik offenbar nichts anderes kennt als den schlichten Reflex, nach weiterem Netzausbau zu rufen.
Klar, Netzausbau hilft dabei, den fluktuierend anfallenden Strom besser zu nutzen. Aber es ist an der Zeit, sich endlich auch der grundsätzlichen Schwächen der deutschen Stromwirtschaft anzunehmen: Dass das Land sich eine einheitliche Preiszone leistet, wodurch Strom in Norddeutschland (wo häufig Überschuss herrscht) und in Süddeutschland (wo Strom häufig knapp ist) im Großhandel gleich teuer ist, ist ein Anachronismus.
Dort, wo die Energie erzeugt wird, sollte sie billiger sein. Ist das nicht der Fall, führt das zu Fehlsteuerungen. Erkennbar zum Beispiel daran, dass auch in Süddeutschland Anlagen zur Wasserstofferzeugung gebaut werden. Diese aber gehören alleine dorthin, wo es Stromüberschüsse gibt. Würde man innerhalb von Deutschland regionale Preiszonen zulassen, würde der Markt das elegant regeln.
Generell sollten überall dort, wo es um große Strommengen geht, regionale und zeitvariable Preise gelten. Das betrifft auch die Schnellladestationen für Elektroautos. Wo mit 100 oder gar 300 Kilowatt getankt wird, sollte der Strompreis auch davon abhängig gemacht werden, wie viel Strom es in der betreffenden Region gerade gibt. Wer sieht, wie heute Fahrer von Verbrennern ihre Tankstopps planen, kann davon ausgehen, dass auch das bevorzugte Tanken bei gutem Stromangebot für viele Autofahrer schnell zur Routine wird.
Ob man das nun gut findet oder nicht: Es gehört zur Ehrlichkeit der Energiewende dazu, anzuerkennen, dass Strom zu einem Produkt geworden ist, das räumlich und zeitlich im Wert schwankt. Entsprechende Preissignale müssen endlich auch bei den Kunden ankommen – als Mittel gegen Netzengpässe und daraus resulierende Zwangsabschaltungen von Grünstrom-Kraftwerken.
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