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Streit zwischen Türkei und GriechenlandEuropas Verantwortung

Jürgen Gottschlich
Kommentar von Jürgen Gottschlich

Mit Griechenland und der Türkei streiten sich Nato-Partner um Gas im Mittelmeer. Die USA halten sich raus. Nun versucht es der Bundesaußenminister.

Im Auftrag Europas: Heiko Maas am 25. August in Athen Foto: Thanassis Stavrakis/ap

E ntspannung und Dialog war das Motto, unter dem Außenminister Heiko Maas am Dienstag sowohl Athen als auch Ankara besuchte. Die Bundesregierung ist zu Recht besorgt über das Säbelrasseln zwischen der Türkei und Griechenland, das bereits zum Zusammenstoß zweier Kriegsschiffe geführt hatte und jederzeit in einen bewaffneten Konflikt ausarten kann. Im Streit um die Ausbeutung der Öl- und Gasvorkommen im östlichen Mittelmeer hatte Maas sich vorgenommen, beide Seiten an den Verhandlungstisch zu bringen.

Das ist eine schwierige Mission. Beide Länder sehen sich voll im Recht, niemand will Kompromisse machen. Mehrmals hat bereits Bundeskanzlerin Merkel mit dem griechischen Premier Mitsotakis und dem türkischen Präsidenten Erdoğan telefoniert, bislang ohne Erfolg. Mitsotakis brüskierte sie, indem er einen Tag nach dem Gespräch einen Vertrag mit Ägypten unterzeichnete, der die Türkei zusätzlich provozierte; und Erdoğan schickt statt Friedensangeboten immer neue Kriegsschiffe in Richtung Griechenland.

Bislang wurden die Streitigkeiten zwischen den beiden Nato-Partnern im Notfall in Washington gelöst. Als Nato-Vormacht vermochten es die USA, Konflikte in der Ägäis zu deckeln, bevor es zu militärischen Auseinandersetzungen kam. Seit die USA unter Präsident Trump diese Rolle nicht mehr wahrnehmen, ist Europa in der Verantwortung. Die letzten Wochen haben gezeigt, dass Deutschland allein dafür nicht genug Gewicht hat. Maas kann nur etwas erreichen, wenn er beiden Seiten glaubwürdig mit Konsequenzen drohen kann, und dafür braucht er die anderen EU-Mitglieder, allen voran Frankreich. Mit ihrem Besuch bei Macron am vorletzten Wochenende hat Merkel erreicht, dass Frankreich nun eine deutsche Vermittlung unterstützen will.

Nach außen hin zeigen beide Länder auch weiterhin keine Bereitschaft zum Einlenken. Maas hätte aber schon viel erreicht, wenn Erdoğan wenigstens stillschweigend seine Forschungs- und Kriegsschiffe zurückzieht. Zumindest dafür stehen die Chancen ganz gut.

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Jürgen Gottschlich
Auslandskorrespondent Türkei
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11 Kommentare

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  • Ich denke, dass Maas international wenig ernst genommen wird. Seine Sowohlalsauch-Haltung ist wenig überzeugend. Was soll er denn verhandeln? Grenzabtritte? Oder der Türkei klar machen, dass sie mit harten Konsequenzen rechnen müssen? Für das Letztere hat Maas zu kleine Schuhe.

    • @Rolf B.:

      & - gar nicht so erstaunlich -

      “Wohl der erste AA-Mi post WK II - der in der allgemeinen Meinung als unbeliebt gilt!“ - wie ein Auslandskorrespondent grad noch a ☕️☕️ - bemerkte.

      Während ich drob mit dem steinalten -



      “Diesen & die nächsten drei - übernimmt die Deutsche Reichsregierung!“ punktete.



      (Das Hackenzusammenschlagen würde bei kleinHeiko wg der kleinen Schuhe ja entfallen. Ooch wieder wahr!;)).

  • In der Türkei wird doch ständig bei Problemen oder vor Wahlen, irgendwelche sensationellen Funde oder technische Entwicklungen in der Presse und vom Palast bejubelt, aus denen in der Regel nichts wird.

    Das zu 100% türkische Auto, war für 2007, 2010, 2012, 2015, 2016, 2017 und 2018 angekündigt worden.

    2004 wurden angebliche Kohlelager im Wert von 70 Milliarden Dollar entdeckt, 2007 Erdgas, 2009 Erdöl, 2010 Gold, 2015 wieder Erdgas im Schwarzen Meer, 2016 in Çukurca wieder Erdöl und 2019 hatte man wieder angeblich Erdöl in Thrakien, also an der Grenze zu Griechenland "gefunden."

    Der erste Türke sollte 2015 schon ins All geflogen sein und 2020 wollte man Weltraumstreitkräfte aufstellen, 2019 sollte der erste türkische Flugzeugträger im Mittelmeer schippern und auf den flugbereiten 100% türkischen Kampfjet TAI TFX warte ich bis heute.

    Das sind doch alles innenpolitische Nebelkerzen...

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @Sven Günther:

      Und seit den 40er Jahren arbeiten sie an einem eigenen Panzer.

    • @Sven Günther:

      Schonn. Aber son bisken Sprengstoff 🧨 is da doch auch immer dabei. Gelle.



      Normal.

      • @Lowandorder:

        Gewalt ist schon immer eine Möglichkeit für Erdogan und die AKP gewesen, die Frage ist doch, blufft er oder lässt er sich wirklich auf eine militärische Auseinandersetzung mit einem anderen NATO Land ein, ich sage, er blufft und hat nicht viel auf der Hand.

        • @Sven Günther:

          Liggers - anschließe mich.

  • "Im Streit um die Ausbeutung der Öl- und Gasvorkommen im östlichen Mittelmeer hatte Maas sich vorgenommen, beide Seiten an den Verhandlungstisch zu bringen."

    Worüber soll Griechenland eigentlich verhandel? Über Gebietsabtretungen an die Türkei? Das ist es ja, was Erdogan letztlich will. Neue Grenzen.

    Das Einzige was in diesem Fall wirklich hilft, ist Erdogan klar zu machen, dass die EU jeden cm² ihres Territoriums verteidigen wird. Mit allen Mitteln. Dann wird er auch mit seinen Spielchen aufhören.

  • Ach was.

    “Entspannung und Dialog war das Motto, unter dem Außenminister Heiko Maas am Dienstag sowohl Athen als auch Ankara besuchte. …



    & Däh!



    Die letzten Wochen haben gezeigt, dass Deutschland allein dafür nicht genug Gewicht hat." - Na&er erst. Zéro.

    kurz - Großes Danke. Für das Fotto m.youtube.com/watch?v=zAcmESr9Nh0 - wa!



    Unser aller Mr. AA slim&slime in wieder vollster Entspannung: Waschbrettkopf* - Leider mit nix dahinter - Alter Klemmi vonne Saar - “🥚jòò 🥚jòò.“

    unterm—— & so schön anders - 🥳 -



    m.youtube.com/watch?v=zAcmESr9Nh0 - Waschbrettkopf - 😂



    Dank an Wiglaf Droste in memoriam & das Spardosenterzett 🎶🎶🎶 laßt gehn!

  • Im politischen Spektrum, links der Mitte, hat wohl niemand besondere Sympathie für die NATO. Dennoch bleibt festzuhalten: Wären nicht Griechenland und Türkei in die NATO eingebunden, hätte es in den letzten Jahrzehnten häufig Krieg zwischen beiden Staaten gegeben.



    Wenn naive „Friedensfreunde“ von der sofortigen Abschaffung der NATO träumen, sollten sie sich auch über die Folgen im Klaren sein. Wer sollte dann z. B. die Kriegstreiber in Ankara und Athen zur Räson bringen? Schlimmstenfalls würden beide Staaten ihre jeweiligen Verbündeten zu Hilfe rufen, die dann ihrerseits übereinander herfallen würden. Das wäre dann WK1, Teil2!

  • "Die letzten Wochen haben gezeigt, dass Deutschland allein dafür nicht genug Gewicht hat."



    Tja, das ist halt das Ergebnis wenn man keine Flugzeugträger schicken kann, so wie die USA. Dann wird man nicht für voll genommen. Aber das scheinen ja weder Merkel noch Maas zu merken. Es würde mich nicht überraschen, wenn Putin am Ende eine Einigung zwischen der Türkei und Griechenland herbeiführt. Soviel zum politischen und militärischen Gewicht der EU. Gewogen, und für zu leicht befunden. Aber, für alle Gegner des Militärs: Merkel wird weiter auf ihrem Planeten bleiben und die Wirklichkeit konsequent und alternativlos ignorieren.