Streit um neues Kinderheim in Hamburg: Offenes Heim trotz Zaun?
Hamburgs Kinderheim-Pläne bekommen Gegenwind. Kritiker befürchten, dass es ein geschlossenes Heim wird und sähen das Geld lieber anders investiert.
Doch Protest gibt es nicht deshalb, sondern weil die mit 16 Plätzen geplante Einrichtung für Kinder von neun bis 13 Jahren auch Kinder mit einem Beschluss für geschlossene Unterbringung aufnehmen soll. Hamburgs Sozialbehörden-Staatsrätin Petra Lotzkat bemüht sich, diesen Aspekt in den Hintergrund zu stellen.
„Egal, wie oft es hier noch wiederholt wird, es stimmt nicht: Wir bauen hier keine geschlossene Einrichtung“, sagte Lotzkat im Dezember bei einer Info-Veranstaltung für Anwohner in einer Kirche, nachdem ehemalige Heimkinder mit einer Theateraktion Kritik übten und die Gruppe „Heimrevolte“ ein Transparent mit Aufschrift „Geschlossene Unterbringung? Das ist von Gestern. Verlässliche Orte im Stadtteil, demokratische Wohngruppen und Kinderrepubliken jetzt!“ vor das Podium hielt. Zu Wort gemeldet hätte sich dort „meinungsstarkes Fachpersonal aus anderen Stadtteilen“, schrieb das Hamburger Abendblatt, das über den Abend berichtete.
Darum nahm die Sozialbehörde Ende April einen zweiten Anlauf, um mit den Nachbarn zu sprechen. Der einladende Kommunalverein Groß Borstel hatte versprochen, es werde diesmal kein „Abend mit langen fachtheoretischen Vorträgen“. Die Behördenleute schlugen nun offenbar andere Töne an: das Gelände der Kinder werde von einem Zaun umgeben sein, zu dem es nur einen Zugang gebe, der von einem Pförtner bewacht werde, berichtet eine Zuhörerin der taz. „Es hieß: Kein einziges Kind wird das Gelände von sich aus verlassen können“, sagt sie. „Kinder würden ausschließlich in Begleitung eines Pädagogen das Gelände in Einzelfällen verlassen.“
Pädagogischer Sicherheitsdienst geplant
Auch die jugendpolitische Sprecherin der Linken, Sabine Boeddinghaus, hatte von diesem Abend gehört und konfrontierte Lotzkat im Familienausschuss damit. Wie denn das zu der Aussage passe, es sei kein geschlossenes Heim? Außerdem sei nun in jener Drucksache von einem „pädagogisch ausgerichteten Sicherheitsdienst“ die Rede, obwohl es zuvor hieß, es werde dort keine Security geben. Was denn das sei, wollte Boeddinghaus wissen.
Lotzkat betonte daraufhin, dass lediglich „eine Handvoll“ Kinder mit Beschluss dort untergebracht würde, die sonst in andere Bundesländern kämen. Eine Eingangskontrolle sei auch in normalen Kinderschutzhäusern üblich, um die Sorgegewalt ausüben zu können.
Die Frage nach dem Zaun gab sie an Casa-Luna-Projektleiter Peer Kaeding weiter. Der erklärte, es gebe nur an der Seite zu benachbarten Werkstätten einen hohen Zaun, auf der anderen Seite einen durchsichtigen Maschendrahtzaun vor einem Grüngürtel. Die Kinder mit Beschluss sollten dort „nicht einfach runterspazieren können“. Zur Security sagte er, es gebe eine Firma, die ihre Mitarbeiter schule, wie man Kinder anspricht. „Die gehen nicht einfach dazwischen wie eine U-Bahn-Wache.“
Der Haushaltsantrag wurde mit den Stimmen von Grünen, SPD und CDU angenommen. Nur die Linke stimmte dagegen. Boeddinghaus verwies auf alternative Konzepte. Statt eine neue Einrichtung zu schaffen, sollte man Hilfe im Vorfeld verstärken und die Kooperation von Psychiatrie und Jugendhilfe verbessern. „Dieses viele Geld wäre in soziale Infrastruktur und wirkliche Prävention viel besser investiert.“ – „Wir sagen nicht, dass dies die einzige Lösung ist“, hielt Lotzkat dagegen. Sie sei aber von dem Ansatz überzeugt.
Doch angesichts der hohen Summen – Casa Luna kostet künftig pro Jahr 5,2 Millionen Euro, das gesamte Budget für offene Kinder- und Jugendarbeit beläuft sich auf nur etwa 30 Millionen Euro – gibt es auch andere Stimmen, die diese Priorität hinterfragen. „Das Geld könnte man viel sinnvoller einsetzen“, sagt der Professor für Soziale Arbeit, Tilman Lutz. „Zum Beispiel, indem wir in den Bezirken eine Struktur dafür schaffen, dass Jugendhilfe und Psychiatrie gut zusammenarbeiten können.“
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