Streit um Dispozinsen: Warnung oder Deckelung
Ist das Konto überzogen, wird es teuer. Die Politik plant nur kosmetische Verbesserungen. Verbraucherschützer fordern dagegen ein Zinslimit.
BERLIN taz | Post von der Bank statt gedeckelter Zinssatz – so wird es voraussichtlich kommen in Sachen Dispozins. Demnach sollen Kunden im Dispo von der Bank vor den hohen Zinsen gewarnt werden. Neben Verbraucherschutzminister Heiko Maas (SPD) hat sich nun auch Commerzbank-Chef Martin Blessing für eine entsprechende Regelung ausgesprochen.
Verbraucherschützern reicht das nicht: „Nur über einen Warnhinweis wird man das Niveau der Dispozinsen nicht senken“, sagt Dorothea Mohn, Finanzexpertin vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Denn selbst wenn Kunden daraufhin einen Anbieter mit niedrigeren Zinsen suchen – in dem Moment, in dem ein Kunde bereits im Dispo sei, habe keine andere Bank ein Interesse daran, ihn aufzunehmen. „Der Königsweg wäre eine Deckelung“, sagt daher Mohn. Der Vorschlag des Verbands: 7 Prozentpunkte über dem Dreimonats-Euribor. Aktuell beträgt der 0,3 Prozent.
Einer Studie der Stiftung Warentest vom vergangenen August zufolge liegen die Dispozinsen in Deutschland im Schnitt bei 11,31 Prozent. In der Branche argumentiert man neben einem erhöhten Verwaltungsaufwand auch mit dem Ausfallrisiko. Das ist aber laut einer Studie des Verbraucherministeriums aus dem Jahr 2012 gar nicht so hoch. Nur 0,3 Prozent aller Dispokredite können nicht bedient werden. Bei Konsumentenkrediten liege die Quote bei 2,5 Prozent.
Währenddessen scheint sich in der Branche in Sachen Zinsen für Kontoüberziehungen über den Dispo hinaus etwas zu bewegen. In den vergangenen Wochen haben mehrere Banken angekündigt, die Zinsen dafür auf das Niveau des Dispokredits abzusenken. Für Kunden der Sparda Baden-Württemberg etwa gilt ab Juli: Statt knapp 14 Prozent werden für geduldete Überziehungen 9,5 Prozent fällig.
Über eine Deckelung des Dispo-Zinssatzes äußert sich Sprecher Günther Przyklenk trotzdem kritisch. „Das reguliert der Markt.“ Sollte es einen „vernünftigen Vorschlag“ geben mit einem Referenzzinssatz, werde man sich aber nicht sperren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Berliner Sparliste
Erhöht doch die Einnahmen!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid