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Streit um Böhmermanns SchmähgedichtBundesregierung ist unentschieden

Die Regierung hat noch nicht entschieden, ob sie gegen Jan Böhmermann ermitteln lässt. ZDF-Redakteure wollen den umstrittenen Beitrag wieder in der Mediathek sehen.

Berät sich immer noch: Die Bundesregierung um Angela Merkel Foto: reuters

Berlin dpa | Die Bundesregierung hat über den förmlichen Wunsch der Türkei nach Strafverfolgung des TV-Moderators Jan Böhmermann immer noch nicht entschieden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Donnerstag in Berlin: „Die Beratungen (…) dauern an. Und wir informieren sie, wenn sie beendet sind.“ Einen Termin nannte sie nicht.

Die Türkei verlangt, dass Böhmermann strafrechtlich verfolgt wird, weil er ein vulgäres Gedicht über Staatschef Recep Tayyip Erdogan verfasst hat. Merkel äußerte sich in einer Pressekonferenz zu den Ergebnissen des Koalitionsgipfels.

Unterdessen wollen ZDF-Redakteure den gelöschten Beitrag wieder in der Mediathek sehen. So steht es in einem im Sender verteilten Schreiben des Redakteursausschusses. „Wir würden es begrüßen, wenn die „Schmähkritik“ vom Giftschrank wieder in die Mediathek gestellt wird“, heißt es in dem Schreiben. Der ZDF-Sprecher teilte mit, Das ZDF bleibe „bei seiner Entscheidung, das umstrittene „Schmähgedicht“ nicht mehr zu verbreiten, weil die Passage nicht den Qualitätsansprüchen und Regularien des ZDF entspricht.“

Laut Böhmermanns Anwalt wird der ZDF-Satiriker keine Unterlassungserklärung für das Schmähgedicht abgeben. Erdogans Anwälten sei mitgeteilt worden, es sei „offensichtlich übersehen worden, dass das Gedicht nicht solitär verbreitet wurde, sondern in einer Gesamtdarstellung über das, was in Deutschland erlaubt ist und was nicht“.

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4 Kommentare

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  • Um es einmal klar auszudrücken: Bei diesem kräftig unter der Gürtellinie gehenden „Satirebeitrag“, des zwischenzeitlich abgetauchten Vorlesers, der zuvor von ihm als „Schmähung“ angekündigt wurde, ist es doch völlig egal, welche ausgewählte Person das „Opfer“ war! Auch sollte es keine Rolle spielen, in welchem Land sich dieser Verspottete zu dem Zeitpunkt gerade befand und welche Funktion er während seiner beruflichen Tätigkeit bzw. Freizeit ausübt. Jeder Mensch muss doch eine Gleichbehandlung erfahren können, egal ob dieser allgemein beliebt oder gehasst wird!

     

    Da der TV-Satiriger /Schmähkritiker, J. B., die zwischenzeitlich geforderte Abmahnung ablehnte, muss irgendwann und möglichst zeitnah doch eine juristische Entscheidung fallen!

     

    Bemerkenswert finde ich übrigens, dass sich der ausstrahlende Sender ZDF scheinbar entschloss, trotz der im Beitrag angewandten „groben Stilmittel“ diesen als ein „international beachtetes Zeitdokument“ zu betrachten! Ich werde sehr gespannt sein, welche Sympathieseite zum Schluss als Sieger gekürt wird. Ist es die, die die Beleidigung vorsätzlich, gewollt und absichtlich favorisierte oder die andere, die sich der Meinung anschloss, dass die höchst seltene Ausdrucksweise nur versehentlich einfach so heraussprudelte, um das zu erwartende Strafmaß möglichst gering zu halten.......

     

    Für mich steht abschließend fest, dass eventuell zukünftige Live-TV- und sonstige Auftritte des kleinen Mannes, der einmal so richtig groß herauskommen wollte und nach besonderem Aufsehen suchte, das er mehr als erwartet auch erhielt, immer mit etwas mehr organisatorischen Schwierigkeiten verbunden sein werden......

     

    Zum Abschluss sollte sich jeder Leser einmal überlegen, wenn er von einer fremden Person plötzlich mit ähnlichen Worten angesprochen werden würde, die auch noch für die engsten Familienangehörigen gelten. Wie wäre die Reaktion?.......

  • Einerseits ist es gut, dass Herr Erdogan auf die rechtliche Ebene sich bezieht. So hat man dann einen gemeinsamen Nenner, wenn man von einander etwas haben möchte, zum Beispiel in Fragen Menschenrechte und Pressefreiheit.

     

    Andererseits ist das wie in einer Verhandlung. Macht man zu starke Zugeständnisse, kommt man also zu stark entgegen, so kann man mit weiteren Forderungen von Herrn Erdogan in Sachen Flüchtlingspolitik rechnen.

     

    Die Deutschen Politiker waren schon sehr gut zu Herrn Erdogan. Er muss aber auch verstehen, dass es in Deutschland die Gewaltenteilung gibt und das im Gegensatz zu Türkei zum Beispiel das Bundesverfassungsgericht in Deutschland durch die Politik nicht beeinflussbar ist.

  • "Die Regierung hat noch nicht entschieden, ob sie gegen Jan Böhmermann ermitteln lässt."

     

    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Donnerstag in Berlin: Die Beratungen (…) dauern an. Und wir informieren sie, wenn sie beendet sind.

     

    Was soll das? Der alte § 103 StGB (Majestätsbeleidigung) funktioniert doch ohnehin nicht, weil Art. 3 GG (Gleichheit vor dem Gesetz) den § 103 StGB neutralisiert. Oha, da habe ich ja das böse Wort Grundgesetz=GG erwähnt, also die Verfassung der Deutschen, womit Politiker auf keinen Fall etwas zu tun haben wollen. Im obigen Bild erkennt man Sigmar Gabriel, Angela Merkel und Horst Seehofer. Nun kann man natürlich sagen, dass die drei Personen aufgrund ihrer eigentlichen Ausbildung (Lehrer für Deutsch und Politik, Physikerin, Verwaltungsbeamter) mit dem Grundgesetz nie etwas zu tun gehabt haben, da keiner von ihnen Jurist ist, aber da die Herrschaften sich ja heute als Politiker betätigen, sollten sie sich wenigstens mit den Grundrechten (Art. 1 - 19 GG) vertraut gemacht haben. Aber das wäre wohl zuviel des Guten, denn dann hätten sie auch etwas von Art. 1 GG (Menschenwürde, Menschenrechte) gehört. Sigmar Gabriel (SPD) könnte sich aber wenigstens einmal den Art. 20 Abs. 1 GG durchlesen, denn da steht, dass die Bundesrepublik Deutschland ein demokratischer und sozialer Bundesstaat ist. Gerade mit dem Wort Sozial sollte sich die SPD wieder befassen, wenn sie noch einmal aus dem Jammertal kommen möchte.

  • "Bundesregierung ist unentschieden" - also jetzt neuerdings doch handlungsfähig!?