Streit um Berliner Wohnungsmarktpolitik: Halt wohnen, wohnen, wohnen
Irgendwie muss die Wohnungsfrage doch in den Griff zu kriegen sein: Häuser werden gekauft, die Entscheidung zur Enteignung kommt.
D ie Mieten sind zu hoch und die Wohnungen zu knapp – darüber herrscht parteiübergreifend Einigkeit. Für mehr Diskussionen sorgt bekanntlich die Frage, wie die Mieten langfristig wieder gesenkt werden können. Dass die wundersamen Kräfte des Marktes für steigende Mieten, nicht aber für mehr Wohnraum sorgen, mussten viele Berliner Mieter:innen in den letzten Jahren schmerzlich erfahren. Es braucht also mehr staatliche Einflussmöglichkeiten, zumindest das scheint Konsens in der Koalition.
Ein Lösungsansatz, der sich in der in letzter Zeit wachsender Beliebtheit erfreut, ist wieder mehr Wohnungen in den Landesbesitz zu überführen.
Mit der Parole „Wir kaufen uns die Stadt zurück“ rettete Friedrichshain-Kreuzbergs Baustadtrat Florian Schmidt Hunderte Mieter:innen vor Verdrängung, indem per Vorkaufsrecht zahlreiche Häuser Spekulant:innen vor der Nase weggekauft wurden. Nun wurde diese Woche das erste Mal das Vorkaufsrecht zugunsten eines anderen privaten Investors angewandt. Der Grund: Der Senat stellt nicht mehr genug Geld für den kostspieligen Ankauf zu Marktpreisen bereit.
Umso verwunderlicher ist es, dass die SPD über 2 Milliarden Euro für 20.000 Wohnungen des Wohnungsriesen Vonovia ausgeben will, zumindest wenn der Ende Mai von Oberbürgermeister Michael Müller eingefädelte Deal aufgeht. In einem Beschluss am Donnerstag kritisierte die Linke den Kaufpreis als zu hoch und forderte, das Abgeordnetenhaus möge doch wenigstens über den Kauf entscheiden.
Über die eigentlichen Beweggründe des Müller-Vonovia-Deals lässt sich spekulieren, deutlich wird aber, dass der Senat keine Strategie hat, wie er die Wohnraumversorgung langfristig politisch gestalten will: Ein bisschen Vorkauf hier, ein bisschen Mietendeckel da, und am besten Neubau, egal ob privat, kommunal oder genossenschaftlich. Man muss kein Hellseher sein, um zu ahnen, dass dieses Herumgeeiere in den nächsten 10 bis 20 Jahren wenig Früchte tragen wird. Im Gegenteil, wer garantiert, dass die heute teuer angekauften Wohnungen nicht wieder verscherbelt werden, sobald Berlin wieder mal pleite ist?
Weitsichtiger als die Landespolitik ist hingegen das Volksbegehren Deutsche Wohnen & Co enteignen, dem am Donnerstag offiziell bestätigt wurde, dass die benötige Zahl an Unterschriften erreicht wurde. Denn neben der Forderung nach Vergesellschaftung wird hier genau diese langfristige Strategie geliefert. Es ist ein radikaler, aber gangbarer Weg, große Teile des Wohnungsbestandes in die öffentliche Hand zu überführen, ohne sich als Stadt bis zur Handlungsunfähigkeit zu verschulden. Garantieren soll das kein landeseigenes Unternehmen, sondern eine Anstalt des öffentlichen Rechts, die im Gegensatz zu den Landeseigenen nicht profitorientiert arbeiten muss.
Ob Enteignung nun wirklich der Königsweg ist, das „Recht auf Wohnen“ in Berlin langfristig zu gewährleisten, darüber ließe sich vortrefflich diskutieren. Wird es aber leider viel zu wenig. Schade eigentlich, denn der Volksentscheid wäre schon ein Erfolg, wenn die Gegner:innen anstatt Ängste zu schüren, konstruktive Gegenkonzepte entwickeln würden.
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