Streit über „epidemische Lage“: Widerstand gegen Spahn
Die Ministerpräsident:innen fordern entgegen dem Gesundheitsminister, die „epidemische Lage“ weiterhin festzustellen.
BERLIN taz | Mit der Forderung, bundesweit einheitliche Corona-Regelungen aufrechtzuerhalten, endete am Freitagmittag die zweitägige Jahrestagung der Ministerpräsident:innen auf dem Petersberg bei Bonn. Das gaben der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU), Berlins regierender Bürgermeister Michael Müller und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (beide SPD) zum Abschluss des Treffens bekannt.
Damit stellen sie sich gegen die Pläne von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU): Der sprach sich Anfang der Woche für ein Ende bundesweit geltender Maßnahmen aus. Spahn begründete es in einem Gespräch mit den Gesundheitsminister:innen der Länder mit der aus seiner Sicht ausreichend hohen Impfquote in der Bevölkerung. Diese liegt aktuell bei 66,1 Prozent.
Vor 19 Monaten, im März 2020, hatte der Bundestag erstmals die sogenannte epidemische Lage von nationaler Tragweite festgestellt und seither mehrmals bestätigt. Diese Feststellung ist Voraussetzung für die Bundes- und Landesregierungen, Verordnungen zu Coronamaßnahmen oder zur Impfstoffbeschaffung erlassen zu können. Stellt der Bundestag die epidemische Lage in den kommenden Wochen nicht erneut fest, läuft sie automatisch am 25. November aus.
Im gemeinsamen Beschluss fordern die Länder nun vom Bund, das Auslaufen zu verhindern. „Wir brauchen weiterhin Mechanismen, um die Pandemie bekämpfen zu können“, sagte Laschet. Es brauche eine Rechtsgrundlage, auf der die Länder jeweils notwendig erscheinende Schutzmaßnahmen durchsetzen. Ob die Feststellung verlängert oder aber eine neuformulierte Übergangsregelung beschlossen werden soll, ließen die Ministerpräsident:innen offen. „Egal, wie die Regelungen aussehen, wir brauchen eine Rechtsgrundlage“, sagte Laschet.
Infektionszahlen steigen wieder
Zuvor hatten mehrere Landesregierungen gemahnt, dass eine Regelung über die anstehenden Wintermonate hinweg bundesweit weiterhin einheitlich sein müsse. „Niemand will, dass es nach Beendigung der epidemischen Lage nationaler Tragweite in Deutschland einen Flickenteppich im Umgang mit der Pandemie gibt“, sagte etwa der Rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) vor Beginn der Tagung.
Laschet, Müller und Dreyer verwiesen in ihrer gemeinsamen Erklärung auf die nun wieder rasant steigenden Infektionszahlen: Das Robert-Koch-Institut (RKI) hatte am Freitag 19.572 Neuinfektionen binnen eines Tages gemeldet – damit hat die vierte Welle einen neuen Höchstwert erreicht. Zuletzt war der Tageswert im Mai so hoch.
Armin Laschet saß dem Treffen der MinisterpräsidentInnen das erste und gleichzeitig wohl letzte Mal vor. Anfang Oktober hatte Nordrhein-Westfalen turnusgemäß den Vorsitz übernommen. Laschet wird aber das Amt des Ministerpräsidenten aufgeben und in den Bundestag ziehen. Sein designierter Nachfolger in Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst, würde dann bei der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) Laschets Platz einnehmen.
Leser*innenkommentare
95820 (Profil gelöscht)
Gast
Spahn tanzt mit sich den Inzidenz-Jens-Twist
Und hofft wohl, dass das Wahlvolk bald vergisst,
dass es für seine großen Fehler büßt
und trotzdem spendet wie zuvor…
www.youtube.com/watch?v=KDDHQMJARxQ
17900 (Profil gelöscht)
Gast
Auf gar keinen Fall darf in diesem Winter, bei steigenden Inzidenzzahlen, die Maskenpflicht fallen.
Es mehren sich die Fälle von Impfdurchbrüchen.
Politiker sind meist juristisch gebildet, von Medizin und Epidemiologie haben die doch keine Ahnung, wie man weltweit an zahlreichen Beispielen sieht.
Hört auf die Fachleute. Spahn ist keiner!