Nachrichten in der Coronakrise: Neuer Höchststand der vierten Welle
Ministerpräsidenten für bundesweite Regeln. Hohe Sterbezahlen in Russland. AfD-Chef Chrupalla hat sich infiziert.
Lockdown in Teilen von China
China verschärft in einigen Landesteilen die Einschränkungen für die Menschen, um eine Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern. Das gilt auch für die Hauptstadt Peking und einige Gebiete im Nordwesten. So wird teilweise den Menschen untersagt, ihre Wohnanlagen zu verlassen, der Präsenzunterricht in Schulen wird eingestellt, und Unternehmen müssen schließen. Mit 28 nachgewiesenen und im Inland übertragenen Infektionsfällen meldet China doppelt so viele wie am Vortag. Verglichen mit anderen Ländern sind die Ansteckungszahlen sehr niedrig, doch greift die Führung in Peking gewöhnlich rasch zu drastischen Maßnahmen. (rtr)
AfD-Chef Chrupalla infiziert
Der Partei- und Fraktionsvorsitzende der AfD, Tino Chrupalla, hat sich mit dem Coronavirus infiziert. Der 46-Jährige sei positiv auf Covid-19 getestet worden und befinde sich derzeit in häuslicher Quarantäne, teilte die AfD-Bundestagsfraktion am Freitag mit. Er könne daher nicht an der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestags am kommenden Dienstag teilnehmen.
Er weise nur leichte Symptome auf, hieß es in Parteikreisen. Chrupalla hatte die Frage, ob er sich gegen das Coronavirus habe impfen lassen, stets offen gehalten und betont, Impfen sei eine private Sache. (afp)
Mehr Corona-Patient:innen in Krankenhäusern
In den Krankenhäusern gibt es vermehrt Patient:innen mit Corona-Infizierung. Die Hospitalisierungsrate ist laut Robert-Koch-institut am Freitag bundesweit auf 2,68 gestiegen. Der Wert von Freitag ist um 33 Prozent höher als der vor einer Woche. Und es ist der höchste überhaupt, der seit Mitte Juli vom RKI gemeldeten Tageswerte.
Die Hospitalisierungsrate gibt an, wie viele Menschen innerhalb einer Woche auf 100.000 Personen gerechnet mit einer Corona-Erkrankung in Krankenhäuser eingewiesen werden. Sie ist seit der letzten Reform des Infektionsschutzgesetzes einer der wichtigen Indikatoren, um den Stand der Pandemie zu bewerten.
Die Tageswerte sind jedoch regelmäßig zu niedrig angegeben. Durch Nachmeldungen müssen die Hospitalisierungsraten regelmäßig um 90 bis 100 Prozent nach oben korrigiert werden. Die reale Rate dürfte bundesweit daher aktuell bereits bei etwa 5,0 liegen. In Spitzenzeiten der 2. und 3. Coronawelle lag sie bei rund 15.
Besonders hoch ist die Hospitalisierungsrate derzeit in Thüringen. Dort liegt sie nach offiziellen Angaben landesweit bei 7,03. Damit wäre ein Indikator für die Ausrufung der Warnstufe 2 erreicht. Tatsächlich wird die Rate auch hier fast doppelt so hoch liegen. Das Land Thüringen hat festgelegt, dass eine Hospitalisierungsrate über 12 ein Indikator für die Ausrufung der höchsten Corona-Warnstufe 3 wäre. Der dürfte tatäschlich im Landesschnitt längst erreicht sein.
Warnstufe 3 hätte in Thüringen etwa eine Testpflicht an Schulen und weitgehende Beschränkunegn für Veranstaltungen zur Folge. Bisher wurde sie nur in einem der 22 Landkreise ausgerufen. (ga)
Länderchefs wollen bundeseinheitliche Regeln
Die Regierungschefs der Länder haben sich für ein weiterhin gemeinsames Vorgehen bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie ausgesprochen. „Wir sind uns einig, dass wir auch in diesem Winter noch möglichst einheitliche Basis-Schutzmaßnahmen für eine verantwortungsvolle Normalität benötigen“, sagte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) nach Abschluss der Ministerpräsidentenkonferenz am Freitag in Königswinter. „Dafür braucht es weiterhin eine gemeinsame Rechtsgrundlage, die der Bund aus Sicht der Länder sicherzustellen hat.“ Wenn jedes Land das selbst festlegen müsste, führe das zu Verwerfungen. Diese bundeseinheitliche Regelung müsse bis zum 25.November geschaffen werden.
Laschet bezog sich auf die so genannte epidemische Lage mit nationaler Tragweite, die nach Vorschlag von Gesundheitsminister Jens Spahn am 25. November enden soll. Sie stellt eine Corona-Ausnahmesituation fest und ist Grundlage dafür, dass die Länder Corona-Einschränkungen verhängen können.
„Wir waren uns heute doch sehr einig, dass wir kein Risiko eingehen sollten, dass mit Auslaufen der epidemischen Lage auf einmal uns Rechtsgrundlagen für gegebenenfalls noch erforderliche Maßnahmen fehlen“, sagte der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller (SPD). Es gebe mehrere Möglichkeiten. „Das kann eine Verlängerung der jetzigen Situation sein. Das kann eine Übergangsregelung sein. Das kann eine besondere Beschlussfassung sein, wo einzelne Maßnahmen nochmal aufgezählt sind, die wir in de Ländern umsetzen können.“ (rtr)
Kroatien und Bulgarien werden Hochrisikogebiete
Mit Kroatien und Bulgarien stuft die Bundesregierung ab Sonntag zwei weitere EU-Länder als Corona-Hochrisikogebiete ein. Das teilte das Robert Koch-Institut am Freitag mit. Wer nicht vollständig geimpft oder genesen ist und aus einem Hochrisikogebiet einreist, muss für zehn Tage in Quarantäne und kann sich erst nach fünf Tagen mit einem negativen Test davon befreien. Bisher sind Rumänien, Litauen und Slowenien die einzigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, für die das gilt.
Weltweit stehen rund 70 Länder ganz oder teilweise auf der Risikoliste des RKI. Neben Kroatien und Bulgarien kommen am Sonntag auch Kamerun, Singapur und die Republik Kongo hinzu. Gestrichen werden Kenia, Kosovo, Irak und Honduras.
Als Hochrisikogebiete werden Länder und Regionen mit einem besonders hohen Infektionsrisiko eingestuft. Dafür sind aber nicht nur die Infektionszahlen ausschlaggebend. Andere Kriterien sind das Tempo der Ausbreitung des Virus, die Belastung des Gesundheitssystems oder auch fehlende Daten über die Corona-Lage. (dpa)
Erneut mehr als 1.000 Coronatote in Russland
Russland meldet erneut neue Höchststände bei den Corona-Neuinfektionen und Todesfällen. Binnen 24 Stunden wurden 37.141 neue Ansteckungen bestätigt und damit den zweiten Tag in Folge so viele wie noch nie seit Beginn der Pandemie, wie die Behörden mitteilen. 1.064 weitere Menschen starben im Zusammenhang mit einer Infektion mit dem Coronavirus. Das ist der vierte Höchstwert in Folge. Angesichts der seit Wochen erneut steigenden Zahlen verschärften die Behörden zuletzt die Corona-Beschränkungen wieder. Präsident Wladimir Putin ordnete für Anfang November eine arbeitsfreie Woche an. In der Hauptstadt Moskau müssen ab dem 28. Oktober alle Läden außerhalb des Alltagsbedarfs schließen. Nur Geschäfte wie Apotheken und Supermärkte dürfen geöffnet bleiben. Die Regierung macht eine mangelnde Impfbereitschaft für die Entwicklung verantwortlich. (rtr)
Vierte Coronawelle auf neuem Höchststand in Deutschland
Die vierte Coronawelle in Deutschland hat am Freitag einen neuen Höchststand erreicht. Das Robert-Koch-Institut meldetet 19.572 Neuinfektionen binnen 24 Stunden. Dieser Tageswert ist damit so hoch wie seit Anfang Mai nicht mehr.
Der 7-Tage-Mittelwert steigt dadurch auf 11.875. Er übertrifft damit den bisherigen Höchststand der vierten Welle, der am 9. September erreicht wurde. Dieser Mittelwert ist aussagekräftiger als die Tageswerte, da er statistische Ausreißer ausgleicht. Er wächst derzeit überproportional schnell. Am Freitag lag er fast 38 Prozent über dem Wert vor einer Woche. Am Donnerstag lag dieser Wert noch bei 27 Prozent, vor einer Woche bei 7 Prozent. Zuletzt gab es solche Corona-Wachstumsraten Ende August.
Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg laut Robert-Koch-Institut auf 95,1 von 85,6 am Vortag. Der Wert gibt an, wie viele Menschen je 100.000 Einwohner sich in den vergangenen sieben Tagen mit dem Coronavirus angesteckt haben.
Empfohlener externer Inhalt
Das Erreichen des neuen Höchststandes der Corona-Neuinfektionen war in den letzten Tagen absehbar. Die Zahl wird wohl auch in den kommenden Tagen weiter steigen.
Auffällig hoch ist auch der Tageswert der Coronatoten. Er steigt auf 116, höher lag er zuletzt Mitte Juni. Der 7-Tage-Mittelwert, der zuletzt stets um die 60 pendelte, klettert damit auf 66,4. So hoch war auch dieser Wert zuletzt im Juni.
Auch der Tageswert und der 7-Tage-Mittelwert der Coronatoten steigen damit auf neue Höchststände in der 4. Welle in Deutschland. Verglichen mit der 3. Welle im Frühjahr liegen die Sterbezahlen aber weiterhin auf niedrigem Niveau. Im April war der 7-Tage-Mittelwert der Coronatoten kurzzeitig auf über 240 gestiegen. (ga)
EU-Staaten gegen Desinformation
Angesichts der teils dramatischen Coronalage in einigen EU-Staaten will die EU mehr gegen Impf-Skepsis tun. Insbesondere Desinformationen in sozialen Netzwerken müssten bekämpft werden, hieß es in der Nacht zum Freitag in den Schlussfolgerungen des EU-Gipfels in Brüssel. Zwar hätten die Impfkampagnen in Europa erheblichen Fortschritt gebracht. Dennoch bleibe die Lage in einigen Ländern sehr ernst. In Rumänien etwa lag die 14-Tage-Inzidenz nach Angaben der EU-Gesundheitsbehörde ECDC zuletzt fast bei 1.000. Nur gut ein Drittel der Rumänen ist vollständig geimpft. (dpa)
WHO: Wahrscheinlich 115.000 Pflegekräfte an Covid-19 gestorben
In den ersten 16 Monaten der Coronapandemie könnten nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) rund 115.000 Pflegekräfte weltweit an Covid-19 gestorben sein. Die Organisation führt das unter anderem auf schlechte Ausstattung vor allem zu Beginn der Pandemie und mangelnde Verteilung der Impfstoffe in ärmeren Ländern zurück. In Afrika seien nur zehn Prozent der Pflegekräfte gegen das Coronavirus geimpft worden, in den meisten reichen Ländern seien es 80 Prozent. (dpa)
Immer mehr Morddrohungen
Gegen Covid-19 impfende Mediziner werden in der Coronapandemie laut der Berliner Ärztekammer zunehmend massiv angefeindet und mit Gewalt bis hin zum Mord bedroht. „Auch Angriffe auf impfende Gesundheitsfachkräfte gehören in immer mehr ärztlichen Praxen zum Alltag“, teilte die Berufsvertretung am Donnerstag mit. Kammerpräsident Peter Bobbert sprach von einer „neuen Qualität von Hass, die zunehmend organisiert und konzertiert scheint“. Als mögliche Quelle der Aggressionen wurden Falschmeldungen in sozialen Medien genannt.
Ein Sprecher der Kammer sagte auf Anfrage, dass es keine Dokumentation mit Zahlen zu solchen Vorfällen in Berlin gebe. Er berichtete aber zum Beispiel von einem „heftigen Fall“ im September, in dem eine Praxis nach anonymen Drohungen mehrere Tage geschlossen geblieben sei. Die Ermittlungsbehörden seien informiert worden. Insgesamt beobachte man, dass der Ton rauer werde, auch wenn es um Coronaregeln wie das Tragen von Masken gehe. Menschen reagierten zunehmend mit „Aggressionen und Tätlichkeiten“.
Vorige Woche hatte eine Umfrage der Fachzeitschrift „Nature“ gezeigt, dass sich auch international viele Fachleute, die zur Coronapandemie in Medien aufgetreten sind, mit Anfeindungen bis hin zu Morddrohungen konfrontiert sehen. (dpa)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Syrien nach Assad
„Feiert mit uns!“