Streit bei ARD und ZDF: Zickenkrieg ums Digitale
Das Erste provoziert das ZDF mit seinen Ideen zur Neuordnung der digitalen Programme. Aus Mainz wird daraufhin kräftig zurückgekoffert.
Am Montag hätte man sich gern in das Gespräch zwischen ARD-Chef Lutz Marmor und ZDF-Boss Thomas Bellut eingeklinkt, in dem Marmor seinem Kollegen die Grundzüge mitteilte, wie sich die ARD zukünftig die Aufstellung der beiden Sender im Digitalen vorstellt.
Die Intendantinnen und Intendanten der ARD hatten sich kurz zuvor auf eine Neustrukturierung verständigt. Die simple Formel: Sechs durch zwei ist gleich drei. Aus EinsPlus und ZDFkultur solle ein Kanal für 14- bis 29-Jährige werden. EinsFestival und ZDFneo sollten zu einem Programm für „jüngere Erwachsene (30 bis 49 Jahre)“ verschmelzen – und aus tagesschau24 und ZDFinfo würde ein gemeinsamer Nachrichtenkanal.
„Der ARD-Vorsitzende Lutz Marmor hat die Grundzüge des Konzepts seinem ZDF-Kollegen Thomas Bellut telefonisch erläutert“, hieß es in der Mitteilung der ARD, mit der der Senderverbund das ZDF unter Druck setzte.
Das Gespräch zwischen Marmor und Bellut dürfte wenig harmonisch verlaufen sein. Das offenbart die prompte Antwort des Zweiten – wiederum per Pressemitteilung: Es sei zwar nachvollziehbar, dass sich die ARD am Erfolg der ZDF-Digitalkanäle ZDFneo und ZDFinfo beteiligen möchte, die „weit mehr Zuschauer erreichen als die Digitalableger der ARD“, aber: Das ZDF sehe „keine Sparpotentiale, sondern lediglich kompliziertere Strukturen“.
Hallo? Herr Bellut? Hallo? Tuut-tuut-tuut-tuut. Aufgelegt…
Gänzlich andere Vorstellungen
Die Mainzer haben gänzlich andere Ideen als die vom Ersten: Die ARD sollte mit einem Digitalkanal die Jugend ab 14 bedienen und das ZDF mit neo und info die 30- bis 50-Jährigen anlocken. Aus sechs würden wieder drei – nur ohne jede Kooperation.
Das Zusammenarbeiten fällt dem Zweiten schon seit Längerem schwer. So kündigte das ZDF Ende 2011 den Austausch der Nachrichtensendungen am Vormittag auf. Bis dato war jeweils der Sender für die Nachrichten zuständig, der auch gerade das wöchentlich zwischen ARD und ZDF wechselnde „Morgenmagazin“ bespielt. Doch das ZDF wollte zwischendurch nur noch „heute“ zeigen. Zudem muss die ARD bei tagesschau24 auf das „Morgenmagazin“ des Schwestersenders verzichten. Nur wenn das Erste für die Morgensendung verantwortlich ist, darf sie auch im digitalen Nachrichtenprogramm der ARD laufen.
Fröhlich liefern die Öffentlich-Rechtlichen allen Gegnern des neuen Rundfunkbeitrags reichlich Munition. Die ARD brüskiert das ZDF mit Vorschlägen. Das ZDF bremst beim geplanten Jugendkanal (zu teuer, außerdem müsse erstmal die Politik entscheiden). Und das Zweite mag beim Programmaustausch nicht mehr so richtig mitmachen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren