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Personalrat des ZDF gegen JugendkanalDie Schmerzgrenze ist überschritten

Das ZDF muss bis 2020 über 550 Stellen abbauen. Die Sparmaßnahmen gefährden den mit der ARD geplanten Jugendkanal, sagt der Personalrat.

Ein Jugendangebot ließe sich nur stemmen, wenn die KEF die Sparvorgaben für das ZDF reduziere, sagte kürzlich Intendant Thomas Bellut. Bild: dpa

ZDF-Intendant Thomas Bellut hatte vor Kurzem noch betont, dass er dem Projekt des gemeinsamen Jugendprogramms von ARD und ZDF „nicht den Todesstoß versetzen“ wolle. Das könnte nun der ZDF-Personalrat für ihn übernommen haben. Belutt hatte am Freitag gesagt, dass sein Haus bis 2020 – nach Vorgaben der KEF (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs) – 562 Stellen abbauen müsse. Ein Jugendangebot ließe sich aber nur stemmen, wenn die KEF diese Vorgabe um 30 Stellen reduziere, forderte Bellut.

Andreas Wolf, der Vorsitzende des ZDF-Personalrats, geht nun einen Schritt weiter: „Der Personalrat lehnt die Übernahme zusätzlicher Aufgaben bei gleichzeitigem massivem Stellenabbau strikt ab“, heißt es in einem Flugblatt. Beim ZDF wurden nach Angaben von Bellut bereits 350 Jobs gestrichen.

Die Schmerzgrenze sei in vielen Bereichen längst überschritten, sagt der Personalrat: „Wer 562 Stellen einspart, lässt nicht den geringsten Spielraum für zusätzliche Aufgaben“, sagt Wolf. Damit stellt sich der Personalrat auch gegen die SPD-geführte rheinland-pfälzische Landesregierung, die schon lange für einen Jugendkanal trommelt.

Das ist erstaunlich, da die Bande zwischen ZDF-Personalvertretern und der Landesregierung in Rheinland-Pfalz bei Fragen zur Medienpolitik bisher sehr eng waren. Doch seit Kurt Becks Abgang und dem Antritt Malu Dreyers als Ministerpräsidentin scheint sich die jahrelang in der Medienpolitik dominierende Südwest-SPD das Thema innerhalb der Partei mehr und mehr aus der Hand nehmen zu lassen – und zwar von Olaf Scholz’ Hamburger Sozialdemokraten. Und da Medienpolitik auch Standortpolitik ist, fühlen sich die ZDFler bei ihrem Kampf um Jobs von der Mainzer Staatskanzlei im Stich gelassen.

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7 Kommentare

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  • Meines Erachtens ist das gesamte ZDF überflüssig. ARD reicht und ist selbst wiederum bis zum Platzen aufgebläht

    http://www.zahlungsstreik.net/

    • 9G
      9076 (Profil gelöscht)
      @Genosse Rudolf Starosta:

      550 Menschen die sich jetzt einer sinnvollen Aufgabe widmen können.

  • Das Finanzministerium verkündet aber seit mehreren Jahren ein Einnahmeplus!

    wie kann es sein, dass dann das ZDF zu wenig Geld hat?

    • @nzuli sana:

      Das Finanzministerium hat mit der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen-Rundfunks direkt nichts zu tun.

      Die Rundfunkanstalten setzen mit der KEF (ein "unabhängiger" Sachverständigenrat) einen Finanzbedarf fest. Die Länderparlamente stimmen dem dann regelmäßig zu und fertig ist die Rundfunkgebühr. Die Länder freuen sich natürlich, dass ihre Haushalte damit nicht belastet werden.

      Es gibt tatsächlich für die Sender kein Einnahmeproblem. Um dieses halblegale Gebührensystem aufrechterhalten zu können wird ein größerer politischer Wasserkopf weiterhin mit diesen Einnahmen bedient. So wird hintenrum doch wieder ein Staatsrundfunk daraus und für den eigentlichen Auftrag des öffentlich-rechtlichen-Rundfunk fehlt das Geld.

  • Vielleicht hätte das ZDF mehr von den zwangserpressten Geldern der Bürger über, wenn man Typen wie Gottschalk nicht immer Millionen gezahlt hätte (es gibt da noch viel mehr Beispiele).

    Aber das absichern der eigenen Posten und Pfründe ist natürlich wichtiger.

  • Der Eindruck, dem auch des Bundesverfassungsgericht unlängst Ausdruck (bislang ohne erkennbare Konsequenzen) verlieh, dass es beim ZDF (und sicher nicht nur da) zuviel Parteiproporz gibt, wird auch von diesem Kommentar nur bestätigt.

    Wasserköpfe sparen eben überall - nur nicht am Wasserkopf.

  • Bei Milliardeneinnahmen der ör-Sender durch - verfassungswidrige - Zwangsgebühren im Jahr scheint das Wort Sparen (bzw. Sparzwang) doch eher die Chiffre für Ballast, Bürokratie und Unübersichtlichkeit zu sein. Als Einzelhaushalt mit der Sachlage "Sparen" konfrontiert muß gesagt werden: Leiden auf hohem Niveau bei ARD und ZDF. Wieso nicht einmal radikales Eindampfen des aufgequollenen Programms, Verzicht auf ausufernde Sportberichterstattung (nichtssagende Trainerinterviews), Boulevard, Schmonzetten etc etc. , Halbierung der Gehälter der Führungschargen, Bellluth und Co. (die Brötchen kosten für die nicht doppelt so viel) etc.. Mit dem Überschuß wäre es bestimmt möglich nicht nur gute Nachrichtensendungen zu machen (die Ukraine-Kritik des Programmbeirats war verdient, wurde aber auch zensiert) und einige sehr gute Jugendsendungen zu machen anstatt möglichst viele Kanäle zuzumüllen. Aber die ABM- und Gehaltsoptimierungs-Tendenz des Filzes aus Politik und Medien ist einfach nur zu komfortabel.