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Streit auf der Messe „Jagd und Hund“Wenn der Löwe nicht weglaufen kann

Trophäenjagd ist letztes Jahrhundert? Auf Europas größter Jagdmesse gibt es sogar Reisen, bei denen Wildtiere im Gehege geschossen werden können.

Artgerecht sieht anders aus: Zum Töten gezüchtete Löwen auf einer südafrikanischen Ranch Foto: dpa/picture alliance

Berlin taz | Auf der Messe Jagd & Hund in Dortmund werden weiterhin Jagdreisen angeboten, bei denen Teil­neh­me­r:in­nen auf bedrohte Wildtiere schießen. Das kritisieren Tierschützer des Vereins Pro Wildlife. Besonders stark wird die Wiedereinführung von sogenannten „Gatterjagden“ bemängelt.

Hierbei handelt es sich um eine Art des Jagens, bei der Wildtiere gezüchtet werden, um sie anschließend in einem Käfig zu erschießen. Besonders Löwen sind von dieser Art des Jagens stark betroffen. 2016 hat die Weltnaturschutzunion (IUCN) eine Resolution gegen Gatterjagden verabschiedet. Begrüßt wurde diese auch vom Deutschen Jagdverband. „Wenn gezüchtete und in Gefangenschaft aufgewachsene Tiere in einem Gatter tot geschossen werden, hat das mit Jagd überhaupt nichts zu tun“, sagte damals Verbandssprecher Torsten Reinwald.

2017 waren Angebote für Gatterjagden auf der Dortmunder Messe untersagt worden. Bestand hatte das Verbot jedoch nicht: 2023 stellte Pro Wildlife fest, dass „dieses Verbot nicht kontrolliert und damit auch nicht durchgesetzt“ wurde. Stattdessen wurde das Verbot inzwischen „nahezu unbemerkt aus den Teilnahmebedingungen gestrichen“, so der Verein. Gatterjagd-Reisen sind also entsprechend wieder als Messeangebot möglich.

Generell ist das Schießen auf bedrohte Wildtiere sehr populär. Allein in Afrika werden jedes Jahr mehr als 120.000 Wildtiere durch Trophäenjagden getötet. Auch aus Deutschland gibt es viel Nachfrage. Zwischen 2016 und 2023 wurden laut Pro Wildlife 4.904 Trophäen von international geschützten Tieren nach Deutschland eingeführt. Das Interesse nimmt demnach zu: Zwischen 2021 und 2023 stiegen die Einfuhren um 30 Prozent.

Populäres Schießen

Mona Schweizer von Pro Wildlife kritisiert die Messe Jagd & Hund dafür, dass dort „selbst die kleinen positiven Entwicklungen bezüglich wichtiger Tier- und Artenschutzaspekte nicht nur ausgebremst, sondern auch rückgängig gemacht werden“. Die promovierte Biologin ist empört: „Es ist ein Armutszeugnis, dass die Messe nicht einmal ihre Minimalstandards aufrechterhält und Angebote zulässt, die selbst von Jagdlobbyorganisationen öffentlich abgelehnt werden.“

Die Tier­schüt­ze­r:in­nen kritisieren auch den Dortmunder Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD). Dieser hatte 2020 die Einführung einer Ethikkommission versprochen, die sich unter anderem mit der Jagdmesse befassen sollte. 2023 wurde das Gremium eingesetzt. Eine Anfrage von 23 Tier- und Naturschutzorganisationen bezüglich des Arbeitsfortschritts der Kommission ließ Westphal jedoch unbeantwortet. Pro Wildlife wirft dem Politiker vor, der umstrittenen Thematik wegen des anstehenden Kommunalwahlkampfs aus dem Weg zu gehen.

Weder die Messe Jagd & Hund noch Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal reagierten bis Redaktionsschluss auf Anfragen der taz zu den Vorwürfen.

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25 Kommentare

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  • „Wenn gezüchtete und in Gefangenschaft aufgewachsene Tiere in einem Gatter tot geschossen werden, hat das mit Jagd überhaupt nichts zu tun“,



    Richtig das ist eine unzulässige, in meinen Augen barbarische, Tötung von Wildtieren.

    • @Erwin1.:

      Auch wenn ich der Aussage die sie zitieren zustimme:



      Es ist zulässig, denn sowas wird per Gesetz geregelt, was leider nicht immer mit Moral einher geht.



      Es sind keine Wildtiere da sie gezüchtet wurden und nicht in der Wildnis leben.

  • "Maharadscha Ramanuj Pratap Singh Deo erlegte drei der letzten Indischen Geparde im Jahr 1947" und ließ sich danach auch noch fotografieren.



    de.wikipedia.org/w...hemalige_Vorkommen



    Was kann man zu so etwas sagen ? Zumal Geparden in Indien Nutztiere für die Jagd! waren. Dieser Mensch war nicht ganz bei Trost.

    Deswegen, auch in Dortmund , ist es schlecht , wenn solche Auswüchse nicht unterbunden und die Gewählten nicht klar ihre Meinung dazu sagen.



    Der Schaden für die Allgemeinheit ist größer, als der Nutzen für ein paar Veranstalter.

  • taz: "Hierbei handelt es sich um eine Art des Jagens, bei der Wildtiere gezüchtet werden, um sie anschließend in einem Käfig zu erschießen."

    Ich habe die Jagd ja schon immer als perversen Zeitvertreib von einigen sonderbaren Menschen angesehen. Aber Wildtiere im Käfig zu erschießen, da fällt mir nun wirklich nichts mehr zu ein - außer tiefste Verachtung für solche "Jäger".

    Wo wird das alles noch hinführen? Wer den Film 'Open Season – Jagdzeit' mit Peter Fonda kennt, der weiß wohin meine Frage geht.

    ***Open Season (1974) - Trailer*** www.youtube.com/watch?v=J_-EKbTaF9s

    • @Ricky-13:

      Ist das widerlich! Was sind das bloß für Vertreter der Gattung Homo Sapiens??? Verachtung ist das eine, mich überkommt auch eine tiefe Traurigkeit, was so Leute alles machen können. Aber das ist halt die Vorstufe zu den ganzen anderen Morden in der Menschheitsgeschichte......

  • „Gefährlich ist's, den Leu zu wecken,



    verderblich ist des Tigers Zahn,



    dich der schrecklichste der Schrecken,



    das ist der Mensch in seinem Wahn."



    (Friedrich Schiller)

  • Hat nicht jede Medaille zwei Seite ? Natürlich kann man die Jagd auf diese Tiere aus der Moralisch bestimmten Ansicht Deutschlands sehen, aber wie ist die Sicht dazu in Afrika ? Verhindert man dadurch nicht hemmungslose Wilderei die bis zur Ausrottung ganzer Gattungen führen kann ? Wie ist es Wirtschaftlich ? Aus Mangel an Alternativen muss man in Afrika leider Sachen machen die für uns unvorstellbar sind, wer sonst (ver) hungern müsste den interessiert die Moral in Deutschland nicht.

    • @Günter Witte:

      Wenn's denn so schlicht und einfach wäre.



      Wir machen mit unserer Kolonialpolitik noch immer das Leben dort meist unerträglich. Diese Killermethoden gehören genau dazu, denn die Einheimischen verdienen daran nichts und wenn schon, dann ein paar korrupte Leute. Wer aber generiert die Nachfrage? Unsere dekandente Gesellschaft, niemand sonst. Und es sind in diesem Zusammenahng die Feigline unter der Jägerschaft. Die wollen sich nicht in den Staub der Wildnis setzen -ist ja unwürdig- sondern vom Sessel aus abknallen. Widerlich ist das und die Schuld dafür bei den armen Eingeborenen zu suchen ist es nicht minder.

    • @Günter Witte:

      Das Töten eines Lebewesens um eine Trophäe zu erhalten ist barbarisch und moralisch verwerflich. Immer.



      Die Schuldigen sind die Menschen die solchen ekelhaften Gelüsten nachgehen.



      Die Betreiber könnten sich höchstens in der Haltung zumindest möglichst human anstellen.



      Wirtschaftlichkeit hat im Bezug auf Lebewesen nichts zu suchen.



      Ein Unrecht rechtfertigt kein Anderes.

  • Die Jägerschaft allein in D hat keinen besonderen Ruf. Gerade hat die TAZ über die Methoden berichtet, die bei der Ausbildung der Jagdhunde angewandt werden. Auch das ist ein Nachweis für Rücksichtslosikeit und vor allem Respektlosigkeit vor dem Lebewesen. Es geht auch anders. Doch die Damen und Herren Jägerschaft fühlen sich elitär, als etwas Besonderes und benehmen sich auch so. Morden ist deren Vergnügen. Und das alles mit Gottes Segen? Ich weiß nicht....

    • @Perkele:

      Wenn man selbst noch nie mit einem geladenen Schießeisen als Herr über Leben und Tod in der Öffentlichkeit herumlaufen konnte, kennt man dieses Gefühl natürlich nicht.



      Ausnahmsweise: Ironie!!!

  • "Die promovierte Biologin ist empört: „Es ist ein Armutszeugnis, dass die Messe nicht einmal ihre Minimalstandards aufrechterhält und Angebote zulässt, die selbst von Jagdlobbyorganisationen öffentlich abgelehnt werden.“..."



    Es hilft wohl nur die eigene Community, wenn beispielsweise die vielen sehr engagierten und tierlieben HundefreundInnen aus nah und fern sich von diesem Gebaren distanzieren, denn die Messe lebt auch nicht nur von Fachpublikum.



    Beispiel für Überschneidungen:



    dogondo.de/de/training/sport/jagility



    /



    Das Thema ist in Dortmund seit Jahren virulent!



    nordstadtblogger.de bereits 2021 zur Sache:



    "Mittlerweile scheinen viele Länder einzulenken und sich gegen das Aussterben bestimmter Tierarten einzusetzen. So wie Südafrika, dort ist die „Gattajagd“ verboten. „Gattajagden“ sind organisierte Jagden, dort werden z.B. Löwen gezüchtet, die sobald sie alt genug sind, gejagt zu werden, in ein eingegrenztes Gebiet freigelassen werden, nur damit Trophäenjäger sie..."



    Der Mensch wurde von Fachleuten schon als "Super-Raubtier" bezeichnet, weil er nicht die Auslese alter und kranker Geschöpfe z. Nahrungserwerb mittels Jagd betreibt, eben brutal, wie aujau treffend schreibt!

  • Da hilft nur noch Max Liebermann:



    "Man kann nicht so viel fressen, wie man kotzen möchte".

  • Na, das ist ja was für "richtige Männer".



    Da können sie sich so richtig lächerlich machen.



    Schade um die wunderschönen Tiere.



    Wie erfolgreich wären die Angebote, wenn die "Jäger" nur mit einem Messer bewaffnet in die Gehege dürften, um die Tiere zu erlegen, in einem Kampf, so richtig 1zu1?

    • @Squirrel:

      Die Sache wäre um einiges blutiger und brutaler doch das Ergebnis das gleiche.



      Equipment ist das was uns Menschen den Tieren überlegen macht.



      Was nicht rechtfertigt dies für niedere Triebe auszunutzen.

      Was mir aufstößt sind "die wunderschönen Tiere".



      Das unnötige Tierleid ist das Problem, da sollte es moralisch keinen Unterschied machen ob das eine "hässliche" Spinne oder ein "schönes" Kätzchen ist.



      Denn dahinter steckt auch wieder eine menschliche Abart Lebewesen nach ihren Äußeren zu priorisieren.



      Das ist normal und menschlich, gehört aber, wie ich finde, hinterfragt.

  • Geboren, um erschossen zu werden. Muss sich richtig gut anfühlen, nicht wahr?

    • @Troll Eulenspiegel:

      Bei aller Kritik und Fassungslosigkeit das sowas in Deutschland über die Bühne geht: Wie wollen sie den Tieren erklären wofür sie geboren wurden?



      Für die ist es wie für jeden geistig gesunden Menschen unverständlich, jedoch zusätzlich abstrakt weil es nicht ihre Artgenossen sind die solche eklehaften Praktiken betreiben.



      Es ist ein schwacher Trost, aber ich würde davon ausgehen dass diese Lebewesen nicht wissen was ihnen blüht bis die Flinte klickt...

      • @Das B:

        Schweine wissen im Gang zum Schlachthof, dass ihnen ein großes Unheil passiert. Sie flippen regelrecht aus. Möglicherweise, weil sie verrottetes Fleisch ihrer Artgenossen in hoher Konzentration über ihr Riechorgan wittern.

        Wir haben wenig Verständnis neuronaler Erfahrungen von Tieren. Trotzdem sollten wir sie nicht unterschätzen. Das ist sicherlich nicht bei jeder Tierart möglich. Nicht einmal beim Menschen ist es zu 100% möglich, denn keiner wird hier geboren, nur um Opfer eines Mordes oder einer Vergewaltigung zu werden. Also ist es doch umso wichtiger, Maßnahmen zu etablieren, um diese Situationen garnicht erst aufkommen zu lassen.

        Pelzfarmen, Fleischproduktion, Haustierqualzuchten, Trophäenjagd und weitere. Für sowas ist die Existenz der Tiere zu schade.

        • @Troll Eulenspiegel:

          Die Schweine wissen das vielleicht beim Gang zum Schlachthof, aber nicht von Geburt an wie sie es oben beschreiben.



          Pelzfarmen und Fleischproduktion mögen umstritten sein aber produzieren wenigstens etwas allgemein nützliches.



          Ob man das mit seinen Gewissen vereinbaren kann sollte jeden selber überlassen sein.



          Die Haltung ist dann aber ein anderer Punkt. Man kann durchaus in Artgerechter Haltung Fleisch und Pelze produzieren.



          Ob man das alles so in einen Topf werfen sollte frage ich mich.



          Wenn man die Probleme differenziert anginge würde man eher vorankommen.



          So wie sie es formulieren würde ich niemals mitgehen obwohl ich Trophäenjagd und Qualzucht verurteile.

  • Gatterjagden... wie peinlich, machtgierig und brutal muss man sein?

    • @aujau:

      Das ist nicht der Punkt. In der Massentierhaltung geht es noch schlimmer zu.



      Der Punkt wo es peinlich und abartig wird ist der wo man Tiere aus reiner Freude umbringt. Trophäen erhält man damit nicht, moralische Armutszeugnisse noch am ehesten.

      • @Das B:

        Ich glaube das trifft es nicht ganz, das Problem ist größer. Der "Durchschnitts-Mensch" isst gerne Fleisch, mag aber nicht töten. Das übernimmt der Fleischer, der dafür Geld bekommt. Der Jäger dagegen bezahlt viel Geld dafür, dass er töten darf. Das kann man sicher und mit Recht als "abartig und peinlich" bezeichnen, aber das ist nicht alles: Der Jäger ist gefährlich. Auch, aber nicht nur durch die Waffen die er legal besitzen darf. Und wie wir wissen: gefährlich nicht nur für Tiere.

        • @Andreas Lobe:

          Irgendwie kann ich ihren Kommentar nicht folgen.



          Ja viele Menschen essen Fleisch, dieses wird durch Berufsgruppen erzeugt und verarbeitet.



          Soweit so normal.



          Sie benutzen hier den Begriff Jäger. Das ist aber Unsinn, die Menschen die bezahlen um Löwen abzuknallen sind keine Jäger sondern Schlächter.



          Man kann dieses "Freizeitvergnügen" doch nicht mit einen echten Jäger vergleichen der unsere Wildpopulation kontrolliert, das Wild präzise aufmustert und dieses auch meist weiter verarbeitet.



          Und so abartig solche Thropäenjäger sind, sie nicht gefährlicher für die Bevölkerung als jeder andere Mensch auch der ein Messer (Bspw. ) heben kann. Schließlich berechtigt sie der Besitz einer Schusswaffe nicht zum allgemeinen Gebrauch, im Gegenteil werden sie dann eher überprüft weil gemeldet.

      • @Das B:

        Die Massentierhaltung bringt mich dazu, meinen Fleischkonsum drastisch zu reduzieren.

        • @aujau:

          Mit reduzierten Fleischkonsum würden sie die Massentierhaltung aber doch sicher nicht rechtfertigen.



          Worauf wollen sie da hinaus?



          Mir ging es darum das die Haltung - so unwürdig und widerlich sie sein mag - nicht das Herausstechende im Bezug auf Deutschland ist.



          Das es erlaubt wird Tiere ohne Sinn und Verstand zu töten, einfach weil man es kann - das finde ich wirklich verstörend.



          Zumal: dürften diese Kranken nicht ihre Gelüste ausleben, hätte sich das Haltungsproblem in der Hinsicht erledigt.