Streiks in Kitas: Verdienen wie die Lehrer
ErzieherInnen müssen mehr Lohn erhalten, fordern die Gewerkschaften und rufen zu Warnstreiks auf. Mit einer schnellen Einigung rechnet keiner.
BERLIN taz | Hunderte Kitas blieben in der vergangenen Woche in Baden-Württemberg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und München geschlossen. Am Montag werden sich auch Eltern in Nordrhein-Westfalen und Hamburg nach einer alternativen Betreuung für ihre Kinder umsehen müssen. Denn die Gewerkschaften rufen Erzieherinnen und Sozialpädagogen derzeit zu Warnstreiks auf. Und das ist erst der Anfang eines Arbeitskampfes, der am Ende höhere Beiträge für die Eltern zur Folge haben könnte.
Davor warnen zumindest die kommunalen Arbeitgeber. 2014 arbeiteten laut GEW 1,2 Millionen Menschen in Sozial- und Erzieherberufen. Nicht alle davon sind Kita-ErzieherInnen, von denen gibt es circa 200.000 in kommunalen Einrichtungen und etwa 400.000 bei freien Trägern. In kommunalen Einrichtungen gilt der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes, an dem sich allerdings auch die Kindertagsstätten in Obhut der Kirchen und der freien Träger orientieren.
Die Gewerkschaften verhandeln derzeit mit den Arbeitgebern über eine Aufwertung des Berufs. Sie wollen die ErzieherInnen in der Einkommenstabelle um mehrere Stufen nach oben heben, am besten auf ein ähnliches Niveau wie GrundschullehrerInnen. Dann würde das Einstiegsgehalt für eine Erzieherin nicht mehr 2.366 Euro wie bisher betragen, sondern 2.589 Euro, das wären rund 10 Prozent mehr.
Die Arbeitgeber lehnen dieses Begehren bisher rigoros ab. Erzieher bekämen bereits jetzt mehr als andere Beschäftigte im öffentlichen Dienst mit vergleichbarer Ausbildung, sei es in der Verwaltung oder im handwerklich-technischen Bereich, sagt der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung kommunaler Arbeitgeber, Manfred Hoffmann. „Wir müssen auch das Tarifgefüge im Blick haben.“ Hoffmann verweist darauf, dass die Erzieherinnen seit 2009 Gehaltssteigerungen um bis zu 30 Prozent erzielen konnten – und damit doppelt so hohe Zuwächse verzeichneten wie der übrige öffentliche Dienst. Für die sozialpädagogischen Berufe gilt seit fünf Jahren eine eigene Entgeltordnung, die „S-Tabelle“.
Um allein die Forderungen der ErzieherInnen zu erfüllen, müssten nur die Kommunen jährlich bis zu einer halben Milliarde Euro mehr ausgeben. „Das könnte dazu führen, dass die Eltern am Ende höhere Beiträge zahlen müssen“, warnt Hoffmann.
Qualität hat eben ihren Preis, meint Norbert Hocke von der Bildungsgewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, die ihre Mitglieder ebenfalls zu Warnstreiks aufgerufen hat. „Die Anforderungen an den Erzieherberuf sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen, das muss auch honoriert werden“, sagt Hocke.
Am Montag treffen sich Arbeitgeber und Gewerkschaft zu einer neuen Verhandlungsrunde. Dass man sich schnell einig wird, damit rechnet niemand.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Innereuropäische Datenverbindung
Sabotageverdacht bei Kabelbruch in der Ostsee
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom