piwik no script img

Streichung des Paragrafen 219a… und jetzt weg mit 218!

Patricia Hecht
Kommentar von Patricia Hecht

Die Regierung hat das Informationsverbot für Abtreibung gekippt. Gut so! Nur am umstrittenen Paragrafen 218 hält sie weiter fest.

Kundgebung von Fraueninitiativen in Berlin gegen den §218 und den §219a im Januar 2019 Foto: Stefan Boness

F reie Information ist ein hohes Gut. Dass das Informationsverbot für Schwangerschaftsabbrüche endlich fallen soll, muss gefeiert werden: Es ist der überfällige Erfolg einer Bewegung, die sich jahrelang vernetzte, die es schaffte, Tausende zu mobilisieren und die Verbündete in den Fraktionen der Linken, Grünen und FDP fand. Ein misogyner Strafrechtsparagraf von 1933, der es Ärz­t:in­nen verbietet, über ihre Leistungen zu informieren, der Frauen Wissen vorenthält und sie als Wesen stigmatisiert, die vor sich selbst geschützt werden müssen, soll bald der Vergangenheit angehören. Endlich.

Trotzdem sind es ambivalente Gefühle, die mit der angekündigten Streichung des Paragrafen 219a einhergehen. Es war ernüchternd zu sehen, wie schwerfällig sich die parlamentarische Politik auf diesen Erfolg hinbewegte, – und wie oft es danach aussah, als bliebe der leidige Paragraf doch erhalten. Längst hätte es noch in Groko-Zeiten eine Mehrheit im Parlament gegeben, um den 219a zu kippen. Doch um des Koalitionsfriedens willen ließ die SPD mehrfach die Chance verstreichen, Ärz­t:in­nen und Frauen zu ihrem Recht zu verhelfen. Frauenrechte, das war damit klar, sind für die Partei Verhandlungsmasse.

Schwerer noch wiegt, dass die Abschaffung des Paragrafen 219a Detail eines viel größeren Übels ist: Des Fortbestehens des Paragrafen 218 im Strafgesetzbuch, der seit über 150 Jahren Schwangerschaftsabbrüche kriminalisiert. Es ist eine Besonderheit der deutschen Debatte, dass es in den letzten Jahren nicht, wie in vielen anderen Ländern, um die Frage ging, ob Schwangerschaftsabbrüche endlich legalisiert werden. Sondern schlicht darum, ob Ärz­t:in­nen darüber informieren dürfen, dass und wie sie vorgenommen werden.

Seit Jahren rügen die Vereinten Nationen Deutschland für seine restriktive Politik in Sachen Abbrüche, für die Pflichtberatung und die Wartezeit von drei Tagen, die ungewollt Schwangere zwischen Beratung und Abbruch einhalten müssen. Mit der Ampelkoalition sollen Abbrüche nun immerhin in der Ausbildung von Ärz­t:in­nen verankert werden. Zudem sollen sie als medizinische Grundversorgung anerkannt und kostenfrei werden. Das sind kleine, aber wichtige Schritte hin zu einer Entkriminalisierung.

Doch auch diese Erkenntnis bleibt: Obwohl die Straffreiheit von Schwangerschaftsabbrüchen in den Programmen von SPD und Grünen als Ziel formuliert ist, ist nur eine Kommission geplant, die diese Möglichkeit „prüfen“ soll. Priorität hat die Abschaffung des Paragrafen 218 auch für die Ampel offensichtlich nicht. Die aber muss sie haben: Um Frauen nicht länger unter Generalverdacht zu stellen, muss Paragraf 218 weg.

Freie Information ist ein hohes Gut. Das Recht auf den eigenen Körper aber gibt es noch immer nicht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Patricia Hecht
Redakteurin Inland
war Chefin vom Dienst in der Berlinredaktion, hat die Seite Eins gemacht und arbeitet jetzt als Redakteurin für Geschlechterpolitik im Inland. 2019 erschien von ihr (mit M. Gürgen, S. am Orde, C. Jakob und N. Horaczek) "Angriff auf Europa - die Internationale des Rechtspopulismus" im Ch. Links Verlag. Im März 2022 erschien mit Gesine Agena und Dinah Riese "Selbstbestimmt. Für reproduktive Rechte" im Verlag Klaus Wagenbach.
Mehr zum Thema

30 Kommentare

 / 
  • Lassen Sie uns auch noch enmal gemeinsam über die Ansichten der Familie Guido zuhören:



    www.youtube.com/watch?v=PCY5pbDcMsQ

  • Kommt es mir als Einzige so vor, dass die Befürworter der jetzigen Schwurbellösung hier ausschließlich Männer sind? :-)

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Sagen wir es so: Es gibt sicherlich viele Frauen, die mit der aktuellen Lösung unzufrieden sind.

      Wenn ich z. B. die Zusammensetzung der Abtreibungsgegner-Demos betrachte, die früher regelmäßig vor meiner Haustür stattfanden, dann gibt es (auch?) in diesem politischen Spektrum eine eindeutige Mehrheit von Frauen. Nur: Was an gesamtgesellschaftlich Verwertbarem sagt das aus (außer dass die Identität eines Meinungsträgers einmal mehr ein äußerst zweischneidiges Argument ist ;-))?

      • @Normalo:

        Eine der entschiedensten Abtreibungsgegenrinnen in D ist Frau von Storch. Die selbe Frau wollte auf syrische Kinder schießen lassen, wenn sie über die deutsche Grenze wollen.

        Da glaubt man natürlich sofort an Moral :-)

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Und Frau von Storch ist eine Frau, richtig? Also gibt es nachweislich sogar Frauen, die solche - milde ausgedrückt - "schwer nachvollziehbaren" moralischen Kompasse haben.

          Mein Punkt war, dass das Geschlecht weder prädeterminierend für eine bestimmte Einstellung zur Abtreibung noch für die absolute Richtigkeit dieser Einstellung ist. Insofern danke für das schöne Beispiel...

          • @Normalo:

            Frau von Storch ist ein schönes Beispiel dafür, wie Abtreibungsgegner ticken.

            Es geht nicht wirklich um den Schutz von Leben. Es geht darum, ein antiquiertes Weltbild zu schützen.

            • @warum_denkt_keiner_nach?:

              Mal davon abgesehen, dass man eine Gruppe, deren Meinung man ablehnt, vielleicht nicht deshalb gleich SO über einen Kamm scheren muss: Ja klar. Frau von Storch ist Abtreibung Gegnerin und denkt so. Und sie ist eine Frau. Andere Frauen denken anders. Manche sind vielleicht auch gegen Abtreibungen aber auch gegen Verbote, andere eben mehr von der reinen "Mein Bauch, meine Regeln"-Lehre. Manche finden vielleicht sogar, dass auch der werdende Vater ein Wörtchen mitzureden haben sollte - und, ja, manche finden auch die aktuelle Regelung einen schmerzhaften aber letztlich gelungenen Kompromiss. MUSS das jeweils etwas mit ihrem Geschlecht zu tun haben, dass sie so denken, wie sie denken?

  • Hören wir gemeinsam zu, was ein Betroffener zu sagen hat. Wie wäre seine Perspektive in einer Gesellschaft, wenn er nicht all die guten Menschen, die guten Freunde hätte, die ihm zuhören, wenn er uns klar und nüchtern erzählt, was ihn bewegt:



    www.youtube.com/watch?v=vtS91Jd5mac

  • "Aber das ist ganz einfach: Das Leben beginnt mit dem ersten Atemzug."

    Und wieso ausgerechnet mit dem? Weil Descartes gemeint hat "Ich atme, also bin ich." - nee, hat er ja gar nicht, aber nehmen wir mal an, er hätte: Wäre das dann "DIE Wahrheit" zur Frage "Was ist "Leben" und wann beginnt es?"?

    Oder ist die Wahrheit, dass es mit der Befruchtung oder der ersten Zellteilung oder der Einnistung oder den ersten Hirnströmen oder, oder oder beginnt? Was spricht so zwingend GEGEN diese Sichtweisen - außer dass sie unpraktisch sind, wenn man etwas gegen Abtreibungsverbote hat?

    Nicht empfingungsfähig zu sein ist zwar in der tat nicht empfindungsfähig, aber weder undefiniert noch zwangsläufig entfähigend zur Tragung von Persönlichkeitsrechten. Woher nehmen Sie also diese absolute Sicherheit, dass IHRE Kriterien die einzig durchgreifenden sein können?

    Und ja, eine religiöse Minderheit hat AUCH Recht auf ihre Meinung und darf dafür eintreten, dass der Staat ihrem Begriff von Lebensschutz folgt. Und die Puppen können genauso gut den fertigen Menschen versinnbildlichen, den es aufgrund der Abtreibung nicht geben wird. Man KANN auch ohne christliche Indoktrination auch den standpunkt vertreten, dass die Individualität des Menschen schon mit der Verschnmelzung der Keimzellen und dem Entstehen seiner späteren DNA zu einem erheblichen Teil feststeht. Was ist damit?

    Fazit: Diese Frage ist vielleicht lösbar, aber "einfach" ist sie beileibe nicht, und es darf auch weiter bezweifelt werden, dass sie sich nur auf EINE Weise lösen lässt.

  • Zum Jubeln zu früh



    Noch ist das Gesetz nicht gestrichen, und seine Befürworter werden es mit Zähnen und Klauen verteidigen. Eine CDU-Politikerin z.B. sprach im Interview von „Werbung wie für eine Schönheitsoperation“. Damit rückt sie die Information über medizinische Aspekte eines Schwangerschaftsabbruchs in die Nähe einer Soap Opera mit Werbung für ein neues Waschmittel, das frau gerne ausprobiert, weil es gerade auf dem Markt ist. Für wie dumm hält sie alle Frauen!



    Suryo meint, es wäre unklar, wann das Leben beginnt. Aber das ist ganz einfach: Das Leben beginnt mit dem ersten Atemzug. Dazu kann auch ein Frühgeborenes in der Lage sein, vielleicht ab dem fünften Schwangerschaftsmonat. Dass man es dann nicht mehr ohne schwerwiegende gesundheitliche Gründe für einen von beiden abtreiben darf, da es lebensfähig sein könnte, ist sicher Konsens. Aber vorher, in einem empfindungsunfähigen, undifferenzierten Stadium ist es eben noch keine Person, deren Rechte die der Mutter überwiegen. Ja, es geht hier vor allem um §218. Der Fötus ist Teil des Körpers der Frau, und über den zu bestimmen darf keiner fremden Person gestattet sein. Deshalb ist auch der §218 nicht nur nicht angemessen, sondern greift unzulässig in die Rechte der Frauen ein.



    Nach christlicher Auffassung wird ein Embryo sofort mit der Befruchtung beseelt. Das glaubt nur noch eine Minderheit in der Bevölkerung, die aber leider lautstark und aggressiv ihre Meinung vertritt. Bei den „Gehsteigberatungen“ vor Beratungszentren und Kliniken werden gerne kleine Püppchen hochgehalten, um Mitleid mit den Embryonen zu wecken. Offenbar hat diesen „Beraterinnen“ niemand erklärt, dass nach der Befruchtung nicht ein sofort fertiger, aber anfangs nur kleiner Mensch in der Gebärmutter heranwächst.



    Es wird Zeit, nicht nur den §219a zu kippen, sondern auch den §218 aus dem Strafrecht zu entfernen. Er stützt sich auf unsinnige Annahmen, bevormundet und entrechtet Frauen und ist als Mittel der Bevölkerungspolitik völlig ungeeignet.

    • @Runa:

      "Aber das ist ganz einfach: Das Leben beginnt mit dem ersten Atemzug."

      Aha. Wo finde ich diese offizielle objektive Definition?



      Ist dann umgekehrt jeder, der nicht mehr selbstständig atmen kann, nicht mehr lebend?

      Man kann darüber hinaus der Auffassung sein, dass das Leben mit der Befruchtung beginnt, gänzlich ohne Christentum, den Glauben an eine Seele oder Religion allgemein. Warum also dieser Zusatz "christlicher" in "Nach christlicher Auffassung"?

      Den eigenen Kommentar mit "Er stützt sich auf unsinnige Annahmen" zu beenden, nachdem man selbst mit diversen Annahmen um sich geworfen hat, deren Sinn oder Unsinn ausschließlich der subjektiven Meinung unterliegt, grenzt überdies schon an Satire.

    • @Runa:

      "Aber das ist ganz einfach: Das Leben beginnt mit dem ersten Atemzug"

      1. ist das eine religiös-jüdische Auffassung. Katholiken, viele Protestanten und Muslime sehen es anders.

      2. hat sie keine richtige Basis in der Realität. Das heißt ja, dass ich ein ungeborenes Kind selbst noch eine Sekunde, bevor Nase und/oder Mund aus dem Mutterleib gekommen sind und das Kind atmen könnte, "abtreiben" könnte. Absurd. So weit kann die Verfügungsgewalt einer Frau über ihre "Leibesfrucht" niemals gehen.

      Es gibt also weder ein eindeutiges, objektives, naturwissenschaftliches Kriterium für den Beginn menschlichen Lebens, noch einen kulturellen, religiösen oder sonstwie gesellschaftlichen Konsens darüber. Wir können nur sagen, dass zu irgendeinem Zeitpunkt eben nicht mehr nur ein Zellhaufen, sondern menschliches Leben vorhanden ist, und dass zu irgendeinem Zeitpunkt die Mutter nicht mehr ganz allein die Verfügungsgewalt darüber haben kann.

      Der jetzige Zustand sagt meiner Ansicht nach nur: "Du sollst dir die Sache nicht leicht machen. Es soll eine schwere Entscheidung sein. Aber wir erkennen das dann auch an, indem Du nicht bestraft wirst."

  • Wenn man weiß, dass Kinderkliniken in Deutschland fast nur noch ausländische behinderte Kinder behandeln, weil es bei uns kaum noch welche gibt, bekommt man eine Vorstellung davon, wie wenig $218 noch verbietet. Der Zeitpunkt der Geburt ist auch nur ein beliebiger Punkt im Leben eines Säuglings. Wenn $218 fällt, ist zu befürchten, dass auch spätere Entscheidungen wieder legalisiert werden. Das Fachwort ist Eutanasie.

    • @mwinkl02:

      "Wenn $218 fällt, ist zu befürchten, dass auch spätere Entscheidungen wieder legalisiert werden. Das Fachwort ist Eutanasie."

      Diese Absicht besteht definitiv nicht. Aber nette Unterstellung.

  • Das zentrale Problem hier ist meiner Meinung nach, dass wir schlicht nicht wissen können, wann menschliches Leben beginnt, uns aber (hoffentlich) einig sind, dass es niemals richtig ist, menschliches Leben zu töten.* Es ist einer dieser Grenzbereiche, die man letztlich niemals juristisch, ethisch und moralisch klären wird, es sei denn, die gesamte Gesellschaft wäre sich einig (etwa aufgrund einer eindeutigen religiösen Regel, an die alle glauben oder so etwas). Aber gerade so eine Einigkeit ist in unserer heutigen Gesellschaft ebenfalls unmöglich.

    Es ist ein unlösbares Dilemma.

    *assistierter Suizid etc jetzt mal völlig ausgenommen

  • Einmal mehr ein Meinungsartikel, der so tut, als ob es den großen Elefanten in der Mitte des Zimmers nicht gäbe, nämlich das vom Verfassungsgericht noch nie in Zweifel gezogene Schutzgut "Ungeborenes Leben". Das wird AUCH als Ausfluss aus der Würde des Menschen gesehen, und auch sein Schutz versteht sich als Schutz Wehrloser vor willkürlichen, irreversiblen Eingriffen. Dass daraus dem Staat die Aufgabe erwächst, repressiv gegen solche Eingriffe aktiv zu werden, ist primär nur eine juristische Selbstverständlichkeit, keine misogyne Unterdrückungsstrategie (auch wenn Frauenfeinden das Resultat sicherlich gefällt). Verfassungsrecht funktioniert nunmal so, dass man definiert, was zu schützen ist, und in Konfliktfällen eine abgewogene Kompromisslösung findet. Die findet sich - nach bisheriger Ansicht des Verfassungsgerichtes - in der heutigen Ausgestaltung des Abtreibungsrechts, die es vor etwa 25 Jahren dem Gesetzgeber regelrecht diktiert hat.

    Man muss diese Sichtweise nicht teilen. Sie ist geltendes Verfassungsrecht, aber das ist natürlich kein Denkverbot. Also ok: Sehen Sie es ruhig anders, Frau Hecht. Aber sich schlicht nicht damit zu befassen, dass Ihre Meinung zu der Frage nicht die einzige auf dem Planeten ist (und man auch völlig ohne geschlechterkämpferische Ränkeabsichten durchaus zu dem Schluss kommen kann, dass es ein Lebensrecht des Embryos gibt), greift schlicht zu kurz. Damit überzeugen Sie die, die längst schon überzeugt sind die Gegenargumetnte AUCH nicht sehen wollen. Super Leistung.

    • @Normalo:

      "Seit Jahren rügen die Vereinten Nationen Deutschland für seine restriktive Politik in Sachen Abbrüche, für die Pflichtberatung und die Wartezeit von drei Tagen, die ungewollt Schwangere zwischen Beratung und Abbruch einhalten müssen."

      Ist ja nicht so, dass es keine anderen Auffassungen gibt. Jedenfalls ist unser Verfassungsrecht in diesem Punkt stark hinter der Zeit her. Und auch das BVG hat im Laufe der Zeit seine Meinung geändert.

      Das derzeitige deutsche Recht ist jedenfalls ziemlich absurd. Es verhindert keine Abtreibungen, "schützt" also Föten nicht, sorgt aber dafür, Frauen sinnlos Steine in den Weg zu legen und dem Ganzen ein "Gschmäckle" zu geben.

      Es geht also nur darum, Frauen irgendwie doch noch eins auszuwischen.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Mein Punkt war gerade, dass es NICHT nur eine Meinung (hier die der Kommentatorin) gibt und man die Problemlage verkürzt, wenn man nur auf eine Meinung eingeht.

        Zu Sinn und Unsinn der aktuellen Regelung:



        Sie basiert auf der Annahme, dass die Hürden ein rechtsstaatlich Möglichstes dafür tun, dass Schwangere sich nicht leichtfertig GEGEN das Leben ihres werdenden Kindes entscheiden, aber keiner Frau eine wirklich gewollte und durchdachte Abtreibung verboten wird.

        Letztlich versucht das Verfassungsgericht gegen die faktische Übermacht der Schwangeren gegenüber dem Fötus zu retten, was zu retten ist: Jede, die sich durch diese Hürden oder das "Gschmäckle", wie Sie es nennen ("ausdrückliche Mißbilligung durch die Rechtsordnung" wäre präziser) nicht abbringen lässt, bedeutet nach der Logik ein verlorenes ungeborenes Menschenleben. Jede, die sich umstimmen lässt, ein gerettetes.

        OB es solche Fälle gibt, ist natürlich eine der Untersuchung zugängliche empirische Frage. Nur denke ich, dass gerade in den Reihen der Verbotsgegner wenig Lust besteht, die zu beantworten, wenn es tatsächlich keinen effektiven Lebensschutz bringt, was das derzeitige Gesetz vorsieht. Die bisherige Linie des BVerfG zumindest (die KANN sich ändern, richtig, muss das aber auch erstmal tun, bevor sich das Recht ändert...) deutet darauf hin, dass Karlsruhe in diesem Fall auf Änderungen zu UNgunsten abtreibungswilliger Schwangerer pochen würde.

        • @Normalo:

          "Sie basiert auf der Annahme, dass die Hürden ein rechtsstaatlich Möglichstes dafür tun, dass Schwangere sich nicht leichtfertig GEGEN das Leben ihres werdenden Kindes entscheiden, aber keiner Frau eine wirklich gewollte und durchdachte Abtreibung verboten wird."

          Oder anders ausgedrückt. Frauen sind leichtfertige Wesen, die ohne Zwang keine durchdachten Entscheidungen treffen können.

          Da kann man nur noch mit dem Kopf schütteln.

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Freche Uminterpretatoin des Gesagten. WENN Sie es schon so ausdrücken wollen, dann ist es eher so zu verstehen: MENSCHEN können leichtfertige Wesen sein und entsprechend übereilt entscheiden - und 50% der Menschen sind Frauen. Dass hier ausschließlich deren Leichtfertigkeit entgegengewirkt werden soll, liegt daran, dass es - und da dürfte eigentlich gerade die Frauenlobby nicht widersprechen - keine leichtfertige Abtreibungsentscheidungen durch Männer geben kann, weil das nicht zu entscheiden haben. DEREN Potenzial zurLeichtfertigkeit wird mit keinem Wort bestritten. Es dürfte nur eher mit der Entstehung der Entscheidungssituation "ausgespielt" haben...

            • @Normalo:

              Nein das ist der Sinn Ihrer Worte. Weil es eben konkret um Frauen geht. Darüber diskutieren wir den ganze Zeit.



              Nicht über die Zusammensetzung der Weltbevölkerung.

              • @warum_denkt_keiner_nach?:

                So ein Quatsch. Wir reden hier von Frauen, weil Männer nicht schwanger werden und ihr Kind abtreiben lassen KÖNNEN. Soweit Männer in eine Abtreibung entscheidend involviert sein können (als derjenige der die Abtreibung vornimmt nämlich), sind sie natürlich AUCH von der möglichen Strafbarkeit erfasst. Nur wird es halt nie ihr Bauch sein, und damit letztlich nicht ihre Entscheidung.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        "Ist ja nicht so, dass es keine anderen Auffassungen gibt."



        Andere Auffassungen gibt es *immer*. Das ist aber kein Argument. Selbst wenn es die mehrheitliche Auffassung wäre, wird sie nicht allein dadurch richtig.



        Desweiteren finde ich zu diesen "Rügen" der Vereinten Nationen gegenüber Deutschland nichts. Ist diese andere Auffassung (in Bezug auf die UN) also nur ein "Dude, Trust me", oder kann diese auch mit einer Quelle verifiziert werden?

        Und "Hinter der Zeit her" würde einen gemeingesellschaftlichen Wandel implizieren, der so eindeutig ja eben nicht existiert, sonst wäre es längst geändert worden.



        Die Diskussion über solche Themen sind genau der Indikator dafür, dass ein Wandel, sollte es zu einem kommen, eben nicht so eindeutig ist. Die aktuelle Situation ist also für die aktuelle Zeit genau die Richtige.

        Wo werden Frauen "sinnlos" Steine in den Weg gelegt? Zu jedem Gesetz gibt es eine Begründung (Ist automatisch Bestandteil des Gesetzgebungsverfahrens), von "sinnlos" kann hier also keine Rede sein. Und ich kann mich nicht erinnern, in einer Begründung jemals "Damit wir Frauen eins auswischen können" gelesen zu haben, lasse mich aber gerne eines besseren belehren.

        • @Karl Rasur:

          "Und ich kann mich nicht erinnern, in einer Begründung jemals "Damit wir Frauen eins auswischen können" gelesen zu haben, lasse mich aber gerne eines besseren belehren."

          Das muss nicht so dastehen. Der Sinn ist wichtig. Fakt ist, dass Frauen ihre Entscheidung treffen. Es geht nur noch darum, ob man sie dabei schikaniert, oder nicht.

    • @Normalo:

      Vielen Dank für diesen Kommantar, nun kann ICH mir die Mühe sparen, einen sehr ähnlichen Beitrag zu schreiben.

  • Immer das Selbe und immer von Frau Hecht. Aber weder ist Paragraf 218a gesellschaftlich wirklich umstritten, noch ist er rechtlich überhaupt in der Nähe von Paragraf 219a. Letzerer ist ein Verbot von Information, die aber ganz eindeutig immer sinnvoll und notwendig ist, gerade vom behandelnden Arzt. Ersterer regelt nur die Straffreiheit von etwas grundsätzlich Verbotenem. Das ist weit voneineinder entfernt und kommt nur zusammen, wenn man jede Regelung zum Schwangerschaftsabbruch mit Verweis auf das Selbstbestimmungsrecht der Frau ablehnt. Das wäre die Auffassung, dass es nicht zwei Rechteinhaber gibt, Frau und Embryo, sondern nur eine Rechteinhaberin. Oder, dass der Staat zwar die Auffassung von zwei Rechten vertritt, sich aber einfach aus einer Regelung zurückzieht. Ersteres ist eigentlich undenkbar, zweiteres würde auch wahrscheinlich keinen Bestand haben vor dem Bundesverfassungsgericht. Es jedenfalls völlig klar, dass die Abschaffung von 218a nicht nur nicht kurz bevorsteht, sondern auch in den nächsten Jahrzehnten schwer vorstellbar ist. Dazu bräuchte es eine grundsätzlich veränderte Rechtsauffassung in der ganzen Gesellschaft und die ist nicht in Sicht.

    • @Benedikt Bräutigam:

      Hättest du richtig gelesen, hättest dir die Mühe für deinen sinnfreien Kommentar sparen können. Um 218a geht es nämlich überhaupt nicht. Es geht um 218!

      Die Rechtsgrundlage daz wäre übrigens ganz einfach damit zu schaffen, in dem man endlich anerkennt, dass es nur eine Rechteinhaberin geben kann und das ist die Frau! Ein Leben, welches noch gar nicht existiert kann nicht mehr geschütz werden als das Leben, welches das Ganze am Ende austrägt.

      • @AlexMasterP:

        "Ein Leben, welches noch gar nicht existiert..."

        Genau da liegt das Hauptproblem: "Nicht existent" trifft auf einen Fötus schonmal nicht zu. Denn dass er physisch existiert, ist unabstreitbar. Einzig fraglich ist, wo auf dem langen weg, den er von der Keim- über die befruchtete Eizelle, den Zellhaufen, den eingenisteten Embryo, der nach und nach niedere und höhere Körperfunktionen entwickelt, irgendwann autonom überlebensfähig wird und dann geboren, das anfängt, was wir "Leben" nennen, ist aber letztlich Definitionssache. Denn was ist genau "Leben"?

        Darauf gibt es viele Anworten und KEINE von ihnen konnte bislang für allgemeingültig erklärt werden. Denn Leben ist mehr als eine biologische Funktion (und selbst wenn: Welche Funktion des menschlichen Körpers soll denn allentscheidend sein? Herzschlag? Hirnstrom? Atmung? Alle drei zusammen? Alles unscharf und im Zweifel nicht enzelfalltauglich.). Es ist auch Individualität, Würde etc.

        Und nur weil diese Definition unscharf ist, darf man sie nicht willkürlich so setzten, dass sie andere Menschen, deren Rechte von der Existenz dieses Lebens und seinem Schutz tangiert werden, möglichst wenig stört. Das würde der überragenden Bedeutung des Lebensschutzes laut GG nicht gerecht. es muss schon eine Lösung gefunden werden, die sich NUR an der frage orientiert "Bis wohin ist es ganz sicher KEIN Leben?" - unabhängig davon, welche Zumutung die Antwort für Dritte bedeutet. DIESE Abwägung kommt erst in einem zweiten Schritt zum Zuge, wenn klar ist, dass es einen Konflikt gibt.

        "..kann nicht mehr geschütz werden als das Leben, welches das Ganze am Ende austrägt."

        Wird es auch nicht. Wenn das Leben der Schwangeren durch die Fortsetzung der Schwangerschaft gefährdet ist, ist ein Abbruch in D immer legal. Letztlich geht es hier um den freien LebensWANDEL und das Bestimmungsrecht über den eigenen Körper - beides AUCH maximal schwerwiegende Rechtsgüter (Stichwort "Würde des Menschen"), aber nicht genau dasselbe wie das Leben an sich.

      • @AlexMasterP:

        Selbstverständlich existiert das werdende Leben schon und selbstverständlich lässt sich das Recht auf Leben nicht einfach gleichsetzen mit dem Recht auf Selbstbestimmung.

    • @Benedikt Bräutigam:

      Es geht der Autorin wohl kaum um die Abschaffung von § 218a (Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs) sondern vielmehr um die Abschaffung von § 218 (Schwangerschaftsabbruch).