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Strategien gegen WohnungsnotVorbereiten für den Ernstfall

Ein Bündnis berät in Berlin über Mittel gegen Eigenbedarf und die Umwandlung von Mietwohnungen. Viel Kritik gibt es am Umgang mit der Habersaathstraße.

Was tun gegen Wohnungskrise? Häuser in Berlin-Wedding Foto: Monika Skolimowska/dpa

Aus Berlin

Peter Nowak

Die Wut ist groß: „Ich habe Anzeige erstattet, weil Sie die Be­woh­ne­r*in­nen der Habersaathstraße 40-48 in der Kälte allein lassen“, sagt Nicole Lindner vom Wohnungslosenparlament in Richtung von Ephraim Gothe. Der SPD-Stadrat für Stadtentwicklung in Mitte steht, wie auch andere Bezirkspolitiker*innen, in der Kritik wegen der Situation in dem Gebäudekomplex, wo ein Eigentümer mit allen Mitteln versucht, die verbliebenen Be­woh­ne­r*in­nen loszuwerden.

Dabei ist Gothe eigentlich auf das RAW-Gelände in Friedrichshain gekommen, um mit Mieter*innnen, Ak­ti­vis­t*in­nen und Po­li­ti­ke­r*in­nen über Wege aus der Wohnungskrise zu beraten. Zu der Konferenz am Freitag hatte das Bündnis „Wohnungsnot durch Umwandlung und Eigenbedarfskündigung stoppen“ eingeladen. Darin haben sich neben Mieterverbänden aus ganz Deutschland auch sieben Berliner Bezirksämter zusammengeschlossen.

Gothe ist dann bemüht, die Wogen zu glätten. Er sei nur für die fünf regulären Mie­te­r*in­nen der Habersaathstraße zuständig, gibt er zu bedenken. Ohne Erfolg. Die Häuser sind ein hart erkämpftes Modellprojekt, im Zuge dessen zuvor obdachlose Menschen leerstehenden Wohnraum nutzen. „Genau diese Menschen sollen nun wieder auf die Straße geworfen werden“, empört sich Teilnehmerin Birgit Steinert.

Die Habersaathstraße ist nur ein Beispiel, wie Umwandlungen, Eigenbedarf und Zwangsräumungen die Wohnungsnot verschärfen. Dieser Dynamik will die AKS Gemeinwohl „bessere Unterstützung für Betroffene und ein starkes Bündnis mit klaren Forderungen“ entgegensetzen, betont Jannik Podehl von dem Verein, der sich als Schnittstelle zischen Mieter*innen, Politik und Verwaltung versteht und die Konferenz mit vorbereitet hat.

Häuser beschlagnahmen?

Welche Forderungen gemeint sind, zeigt sich auf verschiedenen Wegen. „Zwangsräumungen verhindern“, heißt es etwa auf Transparenten, die Ak­ti­vis­t*in­nen hochhalten. Beim Thema Eigenbedarf wird über juristische Stellschrauben diskutiert, mit denen verhindert werden soll, dass Mie­te­r*in­nen ihre Wohnung verlieren. Eine Idee ist, Häuser zu beschlagnahmen, um die Be­woh­ne­r*in­nen zu schützen.

Neben allgegenwärtiger Kritik an der Wohnungspolitik ist aber auch die Konferenz selbst nicht unumstritten. Etwa sagte die Arbeitsgruppe „Eigenbedarf kennt keine Kündigung“ (E3K) ihre Teilnahme im Vorfeld ab. Sie warf dem Vorbereitungsteam vor, Mie­te­r*in­nen nicht einbezogen und statt eines Verbots von Eigenbedarfskündigungen lediglich deren Einschränkung zu fordern.

Die Teil­neh­me­r*in­nen sind nicht nur gekommen, um in den Fachforen den Diskussionen zu lauschen. In der Skatehalle auf dem RAW-Gelände gibt es auch die Möglichkeit zur Vernetzung – an sogenannten Inseln der Solidarität. „Der Austausch war für mich sehr wichtig. Das unterscheidet diese Konferenz von anderen, wo die Betroffenen schweigen müssen“ sagt Birgit Steinert. Sie sei hier, weil es in ihrem Mietshaus schon zu Eigenbedarfskündigungen gekommen sei. „Ich will mich darauf vorbereiten“, sagt Steinert.

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