Strategien für das Humboldt-Forum: Vom Nazi-Schloss zum Weltcontainer
Neil MacGregor plant ab Januar das Humboldt-Forum. Jetzt hat er mal erste Ideen rausgehauen.
Im Januar 2016 wird Neil MacGregor, bis dahin Direktor des British Museum in London, seinen Job als Gründungsintendant des Humboldt-Forums in Berlin antreten. Jetzt hat der 69 Jahre alte Schotte und international bekannte Museumsmann ein paar Karten für seine Pläne am Schlossplatz aufgedeckt. Nach Ansicht von MacGregor soll sich das Humboldt-Forum mit der Sammlung außereuropäischer Kunst zu einem Museum ganz neuen Typs entwickeln. Das Ethnologische Museum erhalte eine neue inhaltliche Ausrichtung für eine große Öffentlichkeit.
„Es ist nicht so, dass hier zwei Museen aus Dahlem in das Herz Berlins geschafft werden“, sagte MacGregor dem Spiegel in dessen neuester Ausgabe. Vielmehr sehe er in dem Vorhaben „die Chance, die ganze Welt neu zu denken“. Die Präsentation werde eine „komplett neue Rolle“ spielen. „Man hat mich eingeladen, ein Projekt mitzugestalten, das derzeit einzigartig und konkurrenzlos auf der ganzen Welt ist.“
Als einen ersten Part für die neue Museums-Rolle beabsichtigt MacGregor, den Schlossplatz quasi umzudeuten. Denn das alte Berliner Stadtschloss „war der Bestandteil eines Berlin, das zur Hauptstadt der Aggression, zur Hauptstadt der Nationalsozialisten, zur Hauptstadt der Zerstörung“ gehörte.
Vorbild Humboldt-Brüder
Der Ort mit dem neuen „Container“ hingegen könne „eine vollkommen neue Beziehung zwischen Deutschland und der Welt“ widerspiegeln. Das Humboldt-Forum müsse „das Bild eines humanen, kultivierten und kosmopolitischen Deutschlands“ zeigen. Dies müsse in den Programmen herausgearbeitet werden, betonte der Brite.
Wichtig ist MacGregor in einem zweiten Part der Bezug des neuen Museums zu Bildungsreformern und Naturforschern Alexander und Wilhelm von Humboldt. Ihr Leben und ihre Forschungen stünden für einen „feinsinnigen Dialog“ zwischen der Kultur Europas und der Welt. Mit den Humboldts sei „Berlin in den 1820er Jahren zum intellektuellen Zentrum“ aufgestiegen. MacGregor: „Wie man diesen Traum intellektuell verwirklichen kann im Kontext dieses Gebäudes, das ist es, was ich mit der Gestaltung des Dialogs meine.“ Schon kurz nach seiner Ernennung zum Gründungsintendanten hatte der Brite angedeutet, dass er die großen Sammlungen aus der Südsee und China, aus Nord- und Lateinamerika sowie die koloniale Kunst in einem neuen Zusammenhang und in ihrer „globalen Bedeutung“ ausstellen möchte.
Der Ruf nach einem ersten Konzept im Humboldt-Forum war in den vergangenen Monaten immer lauter geworden. Nach dem Richtfest für die Schlossrekonstruktion im Sommer diesen Jahres hatte Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates in Berlin bemängelt, dass „es immer noch keine tragfähige Ideen“ gäbe, wie der Ausstellungsort bespielt werden würde. Zuletzt war kritisiert worden, dass gar nicht alle 20.000 Objekte des Ethnologischen Museums in Dahlem in die Räumlichkeiten des Schlosses passten.
Neil MacGregor war im Mai 2015 von Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) zum Gründungsintendaten berufen worden. Dem Team gehören zudem der Kunsthistoriker Horst Bredekamp und Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK)an, die das Konzept des Humboldt-Forums bis zur Eröffnung 2019 erarbeiten sollen. Neben dem Ethnologischen Museum ziehen die Humboldt-Universität und eine Abteilung mit Berliner Stadtgeschichte in das Gebäude.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga