Strafvollzug in Russland: Einem Folterer folgt der nächste
Die Entlassung des russischen Strafvollzugschefs ist kein Grund zur Freude. Die Misshandlungen dürften auch in Zukunft zum Alltag im Knast gehören.
D ie Nachricht von der Entlassung Alexander Kalaschnikows, dem Chef des russischen Strafvollzugs, ist kein Grund zur Euphorie. Zwar trifft es hier nicht den Falschen, nur soll niemand damit rechnen, dass sich nun etwas ändern wird an der Menschenrechtslage in Russland. Aus dem Gefängniskrankenhaus in Saratow und anderen russischen Regionen waren im Oktober Foltervideos bekannt geworden.
Selbst hartgesottenere Menschenrechtler waren angesichts der Misshandlungen erschüttert. Der Staat reagierte nicht, obwohl ausreichende Beweise vorlagen. Dass Präsident Wladimir Putin den Strafvollzugschef schließlich entließ, kam überraschend. Die Veröffentlichung der Videos hatte schon vor einem Monat für Unruhe in Russland gesorgt. Der frühere Gefangene Sergei Saweljew hatte die Aufnahmen aus dem Gefängnis in Saratow geschmuggelt.
Der Gründer der Menschenrechtsinitiative Gulagu.net Wladimir Ossetschkin veröffentlichte sie. Beide befinden sich inzwischen in französischem Asyl. Ossetschkin soll den Kremlchef zum Handeln aufgefordert haben. Folterungen sind keine Einzelerscheinungen im russischen Strafvollzug. Die Mitschnitte soll der Inlandsgeheimdienst FSB in Auftrag gegeben haben. Sie dienen dazu, Gefangene zu erpressen, oder liefern Beweise für die Auftraggeber, wie Feinde von Inhaftierten gequält wurden.
Dahinter soll ein umfassendes kommerzielles Netz stecken. Kalaschnikow wurde vermutlich aus dem Verkehr gezogen, weil es ihm nicht gelang, die Machenschaften unter dem Deckel zu halten. Auch sein Nachfolger stammt aus demselben Stall wie Kalaschnikow und dürfte mit den Gepflogenheiten des Vollzugs vertraut sein. Der Vorwurf „systematischen Charakters von Folter“ aus den Reihen der Menschenrechtsinitiative wird den Nachrücker nicht erstaunen.
Schwer vorzustellen, dass Forderungen nach einer Erneuerung des Systems aufgegriffen werden. Bisher prallten sie an den Mauern der Haftanstalten ab. Häftlinge gelten in Russland als Sünder und sind keine Klienten für eine Resozialisierung.
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