Strafanzeige von Linken gescheitert: Merkel musste Mord nicht verhindern
Beim US-Angriff auf den iranischen General wurde wohl Infrastruktur in Ramstein genutzt. Die Bundesregierung hatte keine „Erfolgsabwendungspflicht“.
Die Strafanzeige richtete sich gegen Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Außenminister Heiko Maas (SPD) und weitere Mitglieder der Bundesregierung. Sie war am 27. Februar erstattet worden. Die Abgeordneten warfen der Regierung vor, nicht verhindert zu haben, dass die USA den Stützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz bei der Tötung des iranischen Generals Quassem Soleimani nutzte.
Die Anzeige, an der mit Andrej Hunko, Hubertus Zdebel und Heike Hänsel drei Mitglieder des Fraktionsvorstandes beteiligt waren, hatte damals vor allem innerhalb der Linken für Wirbel gesorgt. Die Parteivorsitzende Katja Kipping distanzierte sich via Twitter: „Diese Aktionen von 8 einzelnen Abgeordneten halte ich für falsch. Sie war weder mit Fraktions- noch Parteispitze abgestimmt.“ Dabei hatte die Strafanzeige juristisch durchaus Substanz.
Anlass der Anzeige war der US-Drohnenangriff auf den iranischen General Quassem Soleimani am 3. Januar. Der Angriff fand im Nachbarland Irak statt, dabei starben sechs weitere Menschen, auch ein unbeteiligter irakischer Flughafenmitarbeiter. Soleimmani galt als wichtiger Strippenzieher im Nahen Osten, der mit Hilfe der von ihm kommandierten Al-Kuds-Brigaden die iranische Expansion in der Region vorantrieb. Der Angriff wurde aber weithin als völkerrechtswidrig eingestuft. Er führte auch fast zu einem Krieg zwischen Iran und den USA. Am 8. Januar griff Iran als Vergeltung zwei US-Stützpunkte im Irak an.
Die Linken-Abgeordneten werteten in ihrer Strafanzeige den Drohnenangriff als Mord. Die Tötung Soleimanis sei heimtückisch und mit gemeingefährlichen Mitteln erfolgt. Es habe hierfür auch keine Rechtfertigung gegeben. So habe es damals keinen bewaffneten Konflikt zwischen Iran und den USA gegeben, der eine Tötung von Kombattanten erlaubt hätte. Auch eine Selbstverteidigung der USA scheide als Rechtfertigung aus. Zwar behauptete US-Präsident Donald Trump, der den Schlag befohlen hatte, Soleimani habe Angriffe auf US-Botschaften geplant, konkrete Beweise hierfür blieb er aber schuldig.
Die Abgeordneten gehen davon aus, dass Ramstein bei dem Angriff eine entscheidende Rolle spielte. Die USA versicherte zwar routinemäßig, in Ramstein würden Drohnenangriffe „weder gestartet noch gesteuert“, doch das ist auch nicht der Vorwurf. Vielmehr befindet sich auf dem Stützpunkt Ramstein eine wichtige Relaisstation. Das Signal der Drohnensteuerung kommt hier per Glasfaserkabel aus den USA an und wird dann per Satellit an die Drohne weitergeleitet.
Wegen der Erdkrümmung können Drohnen im Irak nicht direkt aus den USA gesteuert werden. Auch das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster ging in einem Urteil vom März 2019 davon aus, dass die USA für Drohnenangriffe „technische Einrichtungen auf der Air Base Ramstein“ nutzen. Damals ging es um Drohneneinsätze in Jemen.
Es war auch das OVG Münster, das die Bundesregierung verpflichtete, auf eine völkerrechts-konforme Nutzung von Ramstein hinzuwirken. Die Linken beriefen sich zudem auf das Bundesverfassungsgericht, das 2018 feststellte, die Bundesregierung sei verpflichtet, „im eigenen Verantwortungsbereich das Völkerrecht durchzusetzen, wenn dritte Staaten dieses verletzen“. Dies habe die Bundesregierung bisher „offensichtlich unterlassen“, so die Linken in ihrer Strafanzeige. Deshalb hätten sich die Regierungsmitglieder wegen Beihilfe zum Mord durch Unterlassen strafbar gemacht.
Doch die Bundesanwaltschaft teilte den Anzeigenerstattern nun mit, dass sie kein Ermittlungsverfahren gegen die Kanzlerin und ihre Minister einleiten wird. Eine Straftat durch Unterlassen komme nicht in Betracht, weil es an der hierfür erforderlichen „Garantenstellung“ der Regierungsmitglieder fehle. Die Bundesanwaltschaft legt die Karlsruher Vorgabe so aus, dass es der Bundesregierung vor allem verboten sei, „aktiv“ an völkerrechtswidrigen Handlungen anderer Staaten auf deutschem Boden mitzuwirken. Es gebe aber keine „Erfolgsabwendungspflicht dergestalt, dass bundesdeutsche Funktionsträger strafrechtlich für Völkerrechtsverstöße von Hoheitsträgern ausländischer Staaten einstehen müssten“.
Die Anzeigenerstatter zeigten sich in einer federführend vom Abgeordneten Alexander Neu formulierten Stellungnahme enttäuscht. „Die Bundesanwaltschaft versteckt sich hinter einer für sie bequemen und verkürzten juristischen Sichtweise und schützt damit die verantwortlichen Mitglieder der Bundesregierung.“
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