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Stickoxidbelastung in MadridLuft sauberer dank Fahrverboten

Die Spanier machen es vor: Madrids Luft ist einer Studie zufolge deutlich weniger mit Stickstoffdioxid belastet, seit Fahrverbote für Autos gelten.

Ein Madrid, das im Smog verschwindet, wird immer seltener Foto: John Milner/Zuma Press/imago

Madrid taz Die Luftverschmutzung in Madrid hat deutlich abgenommen, seit Autofahrverbote gelten. Das zeigt eine Analyse der Kontamination im April, die der Umweltverband Ecologistas en Acción diese Woche veröffentlicht hat. Seit Ende November ist die Innenstadt im Rahmen des Plans „Madrid Central“ großräumig für einen erheblichen Teil des Autoverkehrs gesperrt. April war der erste Monat mit vergleichbaren Zahlen, da das Wetter zuvor untypisch für die Jahreszeit gewesen war.

Im Herzen der Innenstadt ging die Belastung mit dem gesundheitsschädlichen Stickstoffdioxid (NO2) um 48 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat zurück. So verzeichnete die Messstation auf der Plaza del Carmen mit 22 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter Luft den niedrigsten Wert, der seit 2000 gemessen wurde. Der EU-Grenzwert für NO2 beträgt 40 Mikrogramm. Auf dem Platz wurde bisher immer eine der höchsten Luftverschmutzungen registriert.

Auch außerhalb des Stadtzentrums ging die Kontamination zurück – anders als Gegner des neuen Verkehrskonzeptes befürchtet hatten.

Seit Ende November dürfen nur noch Anwohner, deren Besucher sowie Fahrzeuge mit Sondergenehmigungen, weil ihre Halter etwa im Zentrum arbeiten, unbeschränkt in die Innenstadt fahren. Nur noch Anwohner dürfen auf der Straße parken. Absolutes Fahrverbot gilt für Fahrzeuge ohne Umweltplakette. Das sind Benziner, die vor 2000, und Diesel, die vor 2006 zugelassen wurden. Für Zulieferer sowie Taxen gibt es eine Übergangsfrist. Ausgenommen vom Fahrverbot sind alle elektrisch oder mit Gas betriebenen Fahrzeuge sowie die mit Hybridantrieb, mit dem sie mehr als 40 Kilometer elektrisch unterwegs sein können.

24 Prozent weniger Verkehr auf der Gran Vía

Die zentral gelegene Gran Vía beispielsweise verzeichnete laut Stadtverwaltung in den ersten fünf Monaten von „Madrid Central“ 24 Prozent weniger Verkehr, die gesamte Innenstadt 8 Prozent und die Zufahrtsstrecken 3 Prozent. In den kommenden Monaten wird das Verkehrsaufkommen weiter sinken. Denn erst seit Mitte April werden Verstöße gegen das Fahrverbot mit Bußgeld bis zu 90 Euro geahndet. Kameras überwachen, wer in das Gebiet von „Madrid Central“ hineinfährt.

„Dass jemand wie Ecologistas en Acción den Rückgang der Luftverschmutzung bestätigt, ist sehr wichtig“, sagt Bürgermeisterin Manuela Carmena, die seit 2015 mit einem linksalternativen Bündnis die Hauptstadt regiert. „Madrid Central“ ist ihr Vorzeigeprojekt in Sachen Umwelt. Die Stadt entging durch das neue Verkehrskonzept nur knapp einer Millionenstrafe aus Brüssel.

Der Autoverkehr in der Innenstadt hat dank der neuen Regeln stark abgenommen

Die Stadtverwaltung ging davon aus, dass die NO2-Belastung auf den 472 Hektar der Innenstadt bis zu 40 Prozent sinken werde. Die jetzt gemessenen Werte übertreffen damit die Erwartungen. Ecologistas en Acción und andere Umweltverbände schätzen die Zahl derer, die bisher pro Jahr wegen der Luftverschmutzung frühzeitig sterben, auf 2.000.

Ecologistas en Acción will sich mit dem Ergebnis nicht zufrieden geben. Die Umweltschützer fordern, den Autoverkehr auch in anderen Stadtteilen einzuschränken. Die Stadtverwaltung stellt dies in Aussicht. Allerdings muss Carmena dazu erst einmal am 26. Mai wiedergewählt werden. Die rechte Opposition versucht, die Kommunalwahlen zu einer Abstimmung über „Madrid Central“ zu machen. Die Verkehrsberuhigung schade dem Einzelhandel und diskriminiere die Menschen aus dem Umland, lauten ihre Argumente.

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15 Kommentare

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  • Wie wär's mal mit einem Probetag in allen grösseren Städten?

    Dann wird ein Wunder geschehen, ähnlich wie mit den Einkaufszonen: "huuuuch, ist das schön in der Stadt!!! Das wollen wir öfter".

    Man könnte mit autofreien Sonntagen anfangen und das dann sukkzessive erweitern, dann ist der Schock nicht so gross.



    Fragt sich nur wie man's kontrollieren will...

  • Wahrscheinlich gab es auch in Spanien Expertenratschläge in Richtung CO2-Steuer als Lösung gegen giftige Luft in Städten. Zum Glück wurden sie ignoriert.

  • Ein Leben ohne sinnloses Autofahren in der Innenstadt, ohne Luftverschmutzung, Stau und Parkplatznot, mit Sicherheit und gegenseitiger Rücksichtnahme aller Verkehrsteilnehmer... Man kann glatt ins Schwärmen kommen.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @aujau:

      Sie Träumer. Die anthropologischen Hinterlassenschaften der Steinzeit und anderer Epochen völlig ausgeblendet?

      Und am Ende gar noch "Brüder zur Sonne, zur Freiheit" schmettern?

      • @76530 (Profil gelöscht):

        Ohn nein, Sie sind der Träumer. Der die Zeichen der Zeit verpennt.



        Völlig verstopfte Innenstädte von fahrendem und parkendem Blech auf Kosten der Mehrheit ist von gestern.



        Amsterdam, Kopenhagen, Oslo und hier Madrid machen es vor. Autofreie Innenstädte sind die Zukunft weil die Lebensqualität massiv gesteigert wird. Auch Ihre !



        Und Sie können das Schwärmen anderer Menschen nicht vertragen ?



        Schön daß es Menschen gibt die noch schwärmen können. Genau die brauchen wir für die Zukunft, Miesepeterei ist auch von gestern.

        • 9G
          97287 (Profil gelöscht)
          @Traverso:

          Und die 2 Millionen Autobesitzer, in z.B. Berlin, dürfen dann umsonst die gesunde Landluft verpesten. Nur über meine Leiche( äh Maut ). Ich bin Landbewohner und mir stinkt es jetzt schon gewaltig wenn die Städter mit den alten VW Kastenwägen tiefergelegten BMW die reine Luft verpesten. Wenn die das tun, sollten Sie wenigstens blechen. Ich erkläre mich bereit im Gegenzug auch Maut zu bezahlen , aber erst wenn der Bus im Stundentakt fährt. Hier bin ich durchaus großzügig und bestehe nicht auf einen 10 Min.-Takt. Man könnte durchaus überlegen ob man in Berlin den Kauf von Verbrennerautos durch die Anwohner verbieten sollte.Andere



          Mobilitätsmöglichkeiten gibt es ja genug.

        • 7G
          76530 (Profil gelöscht)
          @Traverso:

          Blöd gelaufen. Ich hätte Ironie, Spott und Häme besser kennzeichnen sollen. Klar bin ich ein Träumer.

          Hoffentlich haben Sie sich nicht dabei verletzt, die bei mir weit geöffneten Türen einzurennen.

          Schön, dass es Menschen gibt, die noch schwärmen können. Gerne schwärme ich mit. Heute über die Sonne, frühlingshafte Düfte (zB Flieder), schöne Frauen und die Sexualität des Alters ...

          • @76530 (Profil gelöscht):

            Alles klar. Dann schwärme ich auch mit.



            Ein schönes Wochenende Ihnen.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Wolle Streit suche? :-)

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Iwo. Ich meinte es nur in Bezug auf den Artikel...



      Nichts für ungut

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

        Sorry. Das war meine vorlaute Abt. für schlechte Witze. Die muss ich wohl früher ins Bett schicken.

        ^^

  • Geht doch

  • Ich kenne hunderte Lungenärzte die das aber ganz anders sehen :D

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @emanuel goldstein:

      Stimmt.

      Auch die Hofnarren sollen gewürdigt werden.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Aber bitte. Den Glaubenskrieg doch nicht mit - überprüfbaren - Fakten stören. Das geht doch gar nicht.