Steuer auf Einweg-Verpackungen in Berlin: BUND will mehr Tübingen wagen
Angesichts der globalen Plastikflut fordert die Umweltorganisation den Senat auf, endlich eine Verpackungssteuer einzuführen. Doch die CDU mauert.

In Berlin geht man dagegen nur Trippelschritte in Richtung einer plastikärmeren Stadt. Der Landesverband des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat deshalb Senat und Abgeordnetenhaus erneut dazu aufgerufen, eine kommunale Verpackungssteuer einzuführen.
Wie schon öfter in den vergangenen Jahren verweist die Umweltorganisation dabei auf das schwäbische Tübingen, das seit 2022 eine solche Steuer auf sogenannte Einweg-To-go-Produkte erhebt: Pro abgegebene Verpackung wie Kaffeebecher und Pommesschale müssen Gastronomen dort je 50 Cent in die Stadtkasse zahlen, für Kleinteile wie Strohhalme werden 20 Cent fällig. Laut dem BUND bringt das nicht nur willkommene Einnahmen, sondern sorgt auch für eine sauberere Stadt.
Geändert hat sich mittlerweile allerdings die rechtliche Situation. Im Januar dieses Jahres entschied das Bundesverfassungsgericht, dass eine solche kommunal erhobene Steuer zulässig ist. Ausgangspunkt war die Klage einer Tübinger McDonald’s-Filiale.
Bis zu 100 Millionen Einnahmen pro Jahr
Für Tobias Quast-Malur, Referent für Abfall- und Ressourcenpolitik beim Berliner BUND, ist damit klar: „Auch Berlin braucht endlich eine Verpackungssteuer.“ Konstanz und Freiburg ahmten das Tübinger Vorbild schon nach, die Millionenstadt Köln wolle folgen.
Dass ein wirksames globales Abkommen zustande komme, sei ungewiss, so Quast-Malur. In Berlin ist es nach Einschätzung des BUND die CDU, die in der schwarz-roten Koalition „mauere“. Umweltsenatorin Ute Bonde wolle eine bundesweite Regelung abwarten, die unter der aktuellen Regierung aber „absehbar nicht kommen“ werde. Dabei gingen Schätzungen von potenziellen jährlichen Einnahmen zwischen 40 und 100 Millionen Euro für das Land Berlin aus.
Die SPD zeigt sich derweil immer wieder offen für eine Verpackungssteuer. In Reaktion auf die Bundesverfassungsgerichts-Entscheidung beschloss die Abgeordnetenhausfraktion einen entsprechenden Prüfauftrag. Solange die CDU nicht mitspielt, hilft das indes wenig.
Absolut geschlossen sind die Reihen der ChristdemokratInnen in ihrer Ablehnung aber auch nicht. Deren umweltpolitischer Fraktionssprecher Danny Freymark etwa argumentierte 2023 in einer Parlamentsdebatte vor allem damit gegen eine Steuer, dass diese „nicht ausgeurteilt“ sei – was sich nun geändert hat.
Auch Linke fremdeln mit der Steuer
Die Debatte fand damals statt, weil die Grünen einen – aussichtslosen – Gesetzentwurf zur Einführung einer Verpackungssteuer à la Tübingen eingebracht hatten. Unterstützung bekamen sie von keiner einzigen anderen Fraktion.
Koalition und AfD stimmten dagegen, die Linke wiederum enthielt sich. Zwar seien die umweltpolitischen Effekte wünschenswert, allerdings belaste die Steuer per Umlage auf den Preis alle VerbraucherInnen, für die auch „50, 60 Cent“ mehr ein Problem sein könnten, argumentierte damals die mittlerweile in den Bundestag gewechselte Linken-Abgeordnete Katalin Gennburg.
Bislang hat der Senat auch unter Grünen-Beteiligung nur auf Kampagnen zur Vermeidung von Einwegmüll gesetzt – etwa den „Better World Cup“ gegen täglich hunderttausende weggeworfene To-go-Kaffeebecher. Ob das irgendetwas gebracht hat, ist völlig unklar. Zahlen zur tatsächlichen Reduktion der Becherflut hat die Senatsumweltverwaltung nie genannt.
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