Steigende Rohstoffpreise: "Bergbau in Brandenburg ist wieder interessant"

Tief unter der Mark lagern Kupfer, Erdgas und Erdöl. Zwar keine Massen, aber wenn der Preis für diese Rohstoffe weiter steigt, kann sich ein Abbau durchaus lohnen, sagt Klaus Freytag vom Landesamt für Bergbau.

Nicht nur Braunkohle, wie sie hier in Welzow-Süd abgebaut wird, ist im Fokus, sondern auch Öl, Kupfer und Erdgas. Bild: dpa, Ralf Hirschberger

taz: Herr Freytag, vor Kurzem machte eine Firma Schlagzeilen, die die Kupfervorräte Brandenburgs abbauen will. Nun wird auch nach Erdöl gesucht - ist Brandenburg wirklich so rohstoffreich?

Klaus Freytag: Mit Brandenburg verbindet man eigentlich nur Sand, Kies und Braunkohle. Im tiefen Untergrund schlummern jedoch Bodenschätze wie Erdöl, Erdgas und Kupfer. Das sind aber kleine Nischenlagerstätten; von rohstoffreich kann man da nicht sprechen.

Wie groß sind die Vorkommen im Vergleich?

ist Präsident des Brandenburger Landesamts für Bergbau, Geologie und Rohstoffe in Cottbus. Es untersteht dem Brandenburger Ministerium für Wirtschaft und Europaangelegenheiten.

Was wir an Erdöl gewinnen können, das fördert man aus Quellen in Saudi-Arabien in zwei, drei Stunden. Auch im deutschlandweiten Vergleich, etwa mit der Bohrinsel Mittelplate in der Nordsee, die etwa drei Prozent des deutschlandweiten Ölverbrauchs deckt, sind die Brandenburger Vorkommen sehr klein.

Lohnt sich der Abbau da überhaupt?

Das ist immer eine Frage des Marktpreises. Öl kostet mittlerweile wieder über 90 Dollar pro Barrel, eine Tonne Kupfer etwa 9.000 Dollar. Da wird das plötzlich lohnenswert. Aber man muss schon sehr genau kalkulieren, schließlich ist so ein Bergwerk eine Milliardeninvestition. Damit sich Kupferabbau lohnt, braucht man Erzvorräte für 20, 30 Jahre.

Von den Kupfervorkommen weiß man schon seit den 1960er Jahren. Warum beginnt man erst jetzt mit dem Abbau?

Bergbau ist wie ein Hochseetanker, eher schwerfällig. Man muss zunächst in große Tiefen bohren oder etwas von der Erde wegschieben, und auch die Infrastruktur muss meist erst geschaffen werden. Das nimmt man nur in Angriff, wenn es sich finanziell lohnt.

Und warum lohnt es sich jetzt?

Vor etwa fünf Jahren erschienen plötzlich riesige Wachstumsmärkte wie Indien, China und Südamerika auf der Bildfläche. Auch dort kurbelt man heute nicht mehr selbst die Scheibe im Auto hoch, sondern drückt auf einen Knopf. Der Rohstoffhunger dieser Staaten hat bei uns zu einer Rückbesinnung auf die Frage geführt: "Wo bekommen wir eigentlich unsere Rohstoffe her?" Seitdem ist auch der Bergbau in Brandenburg wieder interessant.

Man erhofft sich von den Projekten im strukturschwachen Brandenburg auch neue Arbeitsplätze. Mit Recht?

Für den Arbeitsmarkt würde vor allem der Kupferabbau etwas bringen, da mit ihm ein völlig neuer Industriezweig in die Lausitz käme. Wenn man die Servicefirmen, die benötigt würden, mit einrechnet, könnten so 500 bis 700 Arbeitsplätze entstehen. Für uns wäre das ein großer Wurf - aber wir bremsen auch eine zu große Euphorie. Dafür haben wir in Brandenburg schon zu viele Havarien erlebt.

Wo würden das geförderte Öl und Kupfer genutzt: in Deutschland?

Das Öl käme vermutlich nach Schweden, wo sich die nächstgelegene Raffinerie befindet. Dorthin hat man auch das Öl gebracht, das bis 1998 in der Wellmitzer Lagune in Südbrandenburg gefördert wurde. Das Erz käme in Hütten nach Hamburg oder Polen.

Und wo würde es verarbeitet? Kupfer wird in der industriellen Fertigung etwa für Computer und Telefone benötigt, die heutzutage vor allem in China produziert werden - ein Land, das selbst als viertgrößter Förderer von Kupfererz gilt. Trägt man dann Eulen nach Athen?

Nein. Was hier abgebaut wird, wird auch hier genutzt. In Europa wird schließlich weiterhin produziert, vor allem im Bereich moderner Technologien wie etwa Module für Fotovoltaikanlagen oder Rotoren für Windkraftanlagen. Dafür braucht man gut leitende Metalle wie Kupfer.

Welche Risiken bergen Erdölförderung und Kupferabbau: Muss man in Brandenburg dann verstärkt zum Beispiel mit Erdrutschen rechnen?

Bei der Förderung von Erdöl und Erdgas sind keine Auswirkungen auf die Umwelt zu befürchten. Beim Kupferbergbau sieht das jedoch etwas anders aus. So muss man, wenn man unter Tage Bergbau betreibt und dabei etwas aus der Erde herausholt, mit Bergsenkungen rechnen. Das ist hier jedoch nicht so tragisch, weil die Schichtung in den entsprechenden Gebieten recht homogen ist; das bekommt man fast gar nicht mit. Man muss jedoch bedenken, welche Folgen eine solche Senkung etwa für den Verlauf von Flüssen hätte, und bei der Planung des Bergwerks mit einrechnen, wie teuer es wird, diese wieder zu beheben. Die Erdrutsche von Nachterstedt und Schmalkalden waren Folgen des Tagebaus; so etwas droht bei der Anlage eines Bergwerks unter Tage nicht.

Inwieweit gefährdet der Bergbau darüber hinaus die Umwelt?

In Deutschland sind die Umweltstandards sehr hoch, sodass mögliche Gefahren von vornherein gebannt werden. Das Wasser, welches man aus dem Bergwerk pumpt, damit die Kumpel unten nicht schwimmen müssen, muss etwa entsprechend aufbereitet werden, bevor man es der Spree zuführt. Gleiches gilt für das Wasser, was man braucht, um das Kupfer aus dem Erz zu gewinnen. Bei diesem Prozess fallen Schwermetalle wie Gold, Kobalt und Nickel an, um deren Verbleib man sich kümmern muss. Auch die Schlammteiche, in die man zu guter Letzt alle Rückstände leitet, müssen entsprechend abgedichtet werden, damit nichts unkontrolliert ausfließt.

Kennt man nun alle Brandenburger Rohstoffvorkommen, oder erwarten uns noch Überraschungen?

Gerade in der ehemaligen DDR, wo man aus einem Autarkiebestreben heraus genaue Erkundungen durchgeführt hat, kennt man den grundsätzlichen Erdaufbau. Natürlich gilt immer der Bergmannsspruch: Vor der Hacke ist es duster. Daher werden, bevor man ein Bergwerk baut, immer noch einmal genauere Explorationen durchgeführt, wie auch von der Kupfertruppe im Frühjahr. Große Weihnachtsgeschenke werden wir aber nicht mehr bekommen.

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