Staffelübergabe in Hessen: Schwarzer Sheriff ade
Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier bewies, dass selbst Hardliner wandlungsfähig sind. Sein Nachfolger Boris Rhein steht ihm da in nichts nach.

D iese Hürde hat Boris Rhein am Ende locker genommen. Er ist im ersten Wahlgang zum neuen hessischen Ministerpräsidenten gewählt worden – und zwar mit fünf Stimmen mehr als denen der schwarz-grünen Koalition. Dabei war Rhein keinesfalls erste Wahl. Bis zu seinem Tod vor zwei Jahren galt Landesfinanzminister Thomas Schäfer als wahrscheinlicher Nachfolger für Volker Bouffier.
Mit Bouffier tritt ein Politiker nun weitgehend selbstbestimmt ab, der in seiner politischen Laufbahn viele Gründe für Rücktritte gehabt hätte. Einer der schwerwiegendsten dürfe sein Versagen im Fall des Kasseler NSU-Mordes sein, bei dem sich ein Mitarbeiter des Landesverfassungsschutzes am Tatort befand, was Bouffier, der damals Innenminister war, dem Parlament nicht nur lange verschwieg, sondern durch Sperrvermerke für V-Leute wurde auch die Arbeit der Polizei erschwert.
Bouffier machte sich als Innenminister des CDU-Rechten Roland Koch einen Namen als Law-and-Order-Mann. Dann aber zeigte er, dass auch Hardliner wandlungsfähig sind: Er führte die hessische CDU, die sich lange als rechter Kampfverband verstand, in eine Koalition mit den Grünen, es war die erste in einem Flächenland. Er unterstützte 2015 die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel und setzte in der Coronapolitik weniger auf Profilierung denn auf bundeseinheitliche Regelungen.
Wie Bouffier hat auch Rhein sein Image vom Hardliner abgestreift: Er galt als ausgleichender Landtagspräsident. Nach dem Anschlag in Hanau fand er die richtigen Worte. Dass er Schwarz-Grün beisammenhalten und die Landtagswahl im kommenden Jahr gewinnen kann, muss er jetzt noch zeigen.
Ganz freiwillig war Bouffiers Rücktritt übrigens doch nicht: Dass die CDU gegen den Willen eines Teils der Basis mit dem glücklosen Laschet in die Bundestagswahl zog, hatte der Strippenzieher mit durchgesetzt. Die Niederlage läutete sein politisches Ende mit ein und brachte letztlich Friedrich Merz an die Spitze. Mit Bouffiers Rücktritt geht nicht nur in Hessen eine Ära zu Ende.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart