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Stadtentwicklung in BerlinAufwertung verhindert

Die Erweiterung eines Milieuschutzgebiets in Berlin-Kreuzberg macht den Abrissplänen eines Investors einen Strich durch die Rechnung. Gegen den wurde Haftbefehl erlassen.

Rund um den Hafenplatz in Berlin-Kreuzberg wird ein hohes bauliches Aufwertungspotenzial vermutet Foto: Jürgen Ritter/Imago

Berlin taz | Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hat beschlossen, das Milieuschutzgebiet „Kreuzberg-Nord“ um den Hafenplatz und Umgebung zu erweitern. In dem Bereich zwischen Schöneberger Straße, Askanischem Platz und Stresemannstraße „wird ein hohes bauliches Aufwertungspotenzial vermutet“, hieß es zur Begründung. Ob daraus auch Aufwertungsdruck und Verdrängungsgefahr resultieren, werde derzeit geprüft.

„Der Hafenplatz und sein Umfeld liegen in direkter Nachbarschaft zum Potsdamer- und Leipziger Platz“, so Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne). Daher sei das Gebiet von besonderem Interesse für spekulative Immobiliengeschäfte. Das hätten auch die Bestrebungen der Eigentümer am Hafenplatz gezeigt, die einen Totalabriss der Wohnsiedlung und maximale Bebauung wollen. Nun sende man „ein klares Signal an den Immobilienmarkt, dass der Schutz der angestammten Bevölkerung vor Verdrängung höchste Priorität hat.“

Das Unternehmen Hedera Bauwert des Investors Ioannis Moraitis will am Hafenplatz 400 Plattenbau-Wohnungen aus den 1970er Jahren abreißen und 900 Wohnungen sowie Gewerberäume errichten. Moraitis ist an zahlreichen Immobilien­projekten beteiligt, viele sind jedoch nicht fertiggestellt. Wiederholt haben Bezirke wegen des Leerstands Zwangsgelder gegen die Hedera-Gruppe festgesetzt. Laut der Antwort des Senats auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Katalin Gennburg gab es bis 2024 mehr als 130 Verfahren gegen Moraitis, unter anderem wegen unvollendeter Bauprojekte.

Zudem sollen Baufirmen, Hand­wer­ke­r*in­nen und In­ge­nieu­r*in­nen nicht bezahlt worden sein. Manche von ihnen haben ihr Geld eingeklagt, gegen Moraitis wurde daher am 11. April ein ziviler Haftbefehl erlassen. Der 42-jährige Bauunternehmer war zuvor nicht zu einem Termin erschienen, bei dem er über sein Vermögen Auskunft geben sollte.

Bezirk hat andere Pläne

Wie es mit dem Hafenplatz weitergeht ist unklar. Derzeit wird geprüft, ob die Voraussetzungen für ein Milieuschutzgebiet vorliegen, das Ergebnis wird ab Oktober erwartet. Bis dahin müssen bauliche Änderungen genehmigt und können zurückgestellt werden. „Mit dem Aufstellungsbeschluss ist ein Abriss der Wohnsiedlung somit nahezu ausgeschlossen“, so ein Sprecher des Bezirksamtes zur taz. Die Hedera sieht das anders: Für die Entwicklung des Hafenplatzes würden weiterhin „alle Optionen auf dem Tisch liegen“, so eine Sprecherin zur taz.

Der Bezirk will den Hafenplatz hingegen „behutsam nachverdichten“ und erarbeitet derzeit einen städtebaulichen Rahmenplan. Der sieht vor, dass gemeinwohlorientierte Wohnungsunternehmen Grundstücke und Immobilien kaufen, auch per Vorkaufsrecht.

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