piwik no script img

„Spuck auf rechts“Aktueller denn je

Sookee rappt engagiert gegen Hass und Diskriminierung. Jetzt löschte Youtube eins ihrer Videos – wegen angeblicher Hassrede.

Rappt von links gegen rechts: Sookee Foto: imago/Christian Grube

„Nie wieder ‚no homo‘, nie wieder rape, ich guck nicht weg. Ich brüll alerta antifascista und spuck auf rechts.“ So klingt es, wenn die Berliner Rapperin Sookee gemeinsam mit ihrem Kollegen Spezial-K gegen Ausgrenzung singt, gegen Diskriminierung und gegen Hass. Dass dies jenen nicht gefällt, die ausgrenzen, jenen, die diskriminieren und hassen, ist klar. Dass die Videoplattform Youtube in dem Lied selbst aber Hassrede erkennt, verwundert dann doch.

„Zusammenhänge“ heißt das Lied, dass Sookee und Spezial-K anno 2013 für das Projekt „Spuck auf Rechts“ geschrieben haben. Seitdem war das Video auf Youtube zu sehen – bis zum vergangenen Wochenende. Vermutlich waren es rechte Trolle, die das Video meldeten – mit Erfolg: „Dieses Video wurde entfernt, weil es gegen die Youtube-Richtlinie zum Verbot von Hassrede verstößt“, erfährt nun, wer den Clip auf der Plattform aufrufen will. Dabei ist das Engagement gegen eben jene Hassrede nicht nur explizit Inhalt des betreffenden Liedes – sondern von Sookees Arbeit ganz generell.

Die „Quing of Berlin“, wie Sookee sich auch nennt, heißt mit bürgerlichem Namen Nora Hantzsch. 2006 brachte sie ihr erstes Album beim Label Springstoff heraus, seitdem folgten sieben weitere, zuletzt in diesem Jahr „Mortem & Makeup“. Elf Jahre, in denen Sookee sich nicht nur einen Platz in der noch immer von Männern dominierten Welt des HipHop sicherte, sondern sich auch politisierte.

„Ja, ich habe die ersten Jahre versucht, Anerkennung zu bekommen in den Kreisen, in denen ich unterwegs gewesen bin“, sagte Sookee 2014 in einem Interview mit dem feministischen Blog kleinerdrei.org. „Da waren dann auch Zeilen dabei, wo ich versucht habe, mich als machtvoll darzustellen.“ Zum Beispiel, wie sie versucht habe, Mädels klarzumachen. Doch irgendwann habe sie bemerkt, dass dieses Gehabe „mir nicht gut tut und ich es ätzend finde, die einzige Frau zu sein. Das ist keine Ehre, keine Auszeichnung und keine Besonderheit, sondern einfach nur anstrengend.“

Seitdem wurde Sookee zu einem der Gesichter des „Zeckenrap“ – und prangert bei Weitem nicht nur Sexismus an. Homophobie, Rassismus, Antisemitismus und Islamophobie – Sookees Themen sind so vielfältig, wie Diskriminierung es in der Realität eben leider auch ist. Davon handelt letztlich auch der gelöschte Song „Zusammenhänge“.

Youtube löschte das Lied nur wenige Tage bevor sich am Dienstag der neue Deutsche Bundestag konstituierte – kurz vor dem Tag also, an dem die AfD mit 92 Abgeordneten ins deutsche Parlament eingezogen ist. Dabei hätte gerade dieser Tag guten Anlass geboten, „Zusammenhänge“ im Radio rauf und runter zu spielen: „Und deshalb prüf ich meinen Blick für die Zusammenhänge. Denn sie schüren die Idiotie auch ohne Hakenkreuz und Fahnen schwenken“, rappen Spezial-K und Sookee in der Hookline. „Stehen mit ihrem Dreck jetzt in der Mitte der Gesellschaft. Jeder, der die Fresse hält, wird indirekt zum Helfer. Antifa heißt mehr als Nazis jagen; Antifa heißt Tag für Tag das Ganze hinterfragen.“

Update, 25. Oktober 2017: Update: Nach mehrtägiger Sperrung war das Video am Mittwochmorgen wieder abrufbar.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Vielleicht kann man den Artikel noch mal umschreiben und mit der Textzeile "Juden sind Händler, ewige Bänker und geldgeile Strippenzieher" anfangen - mal gucken wie groß die Verwunderung über das Erkennen von Hassrede dann ist.

    • 3G
      33710 (Profil gelöscht)
      @fwfw:

      Für schlaue Kommunikation haben sie meistens keine Zeit

      Oder Lust oder Geduld, gut dass sie darin einig scheinen

      Menschen bauten sich ne Welt, die ihnen viel zu komplex ist

      Kacken auf sie ab und sind dann damit beschäftigt

      Politik, Moral, Wirtschaft, Gesellshaftssysteme

      Religion und Ideale um sich selbst zu beschämen

      Riesengroße Themen, die kaum wer überblickt

      Wenn überhaupt picken sie raus was ihnen grad am liebsten ist.

    • @fwfw:

      Ein wenig mehr Kontext wäre vielleicht hilfreich. Die vollständige Strophe geht:

      "Juden sind Händler, ewige Bänker und geldgeile Strippenzieher

      Jüdische Weltverschwörung, Schattenregierungen? Was? Bitte sehr, Mittelfinger!

      Kritik an Kapitalismus ist was anderes als Schuldzuweisung

      Antisemitismus und kritische haltung unterscheiden

      Revisionisten behaupten Auschwitz hätte es nicht gegeben

      Ihretwegen betonen Überlebende ihr Uberleben

      Keine Opferrolle, weil die Zahlen leider echt sind

      Und wir bleiben dabei: kein Vergeben, kein Vergessen"

      und kritisiert damit eine Kapitalismuskritik die sich, wie in der zitierten Zeile, antisemitisch äußert.

      Wer Texte komplett liest ist auch in der Interpretation klar im Vorteil.

      • 3G
        33710 (Profil gelöscht)
        @Karuna:

        Danke !!!

    • @#protest:

      Jo, aber gelöscht wurde das Lied sehr wohl auf dem Kanal, für den das Video ursprünglich gemacht wurde - und das ist der Kanal von Spuck auf Rechts. Dort lässt es sich jetzt nicht mehr abrufen. https://www.youtube.com/user/KINGSORBONE

  • Verrückt, wenn man sich vor Augen hält, wieviel Scheiße bei YouTube unbeanstandet läuft. Irgendwelche Nazivollhonks, Reichsbürger, KenFM, Schminktipps und Unboxing Videos.

     

    Von den ganzen hirnlosen Gangstarappern mal ganz abgesehen.

     

    Das Sokee völlig unbekannt und dumm sei und ein geringes künstlerisches Potential hat, ist im Übrigen natürlich ziemlicher Mumpitz. Sachen, die ich nicht mag, sind ja deswegen nicht gleich objektiv schlecht und unbekannt.

     

    Aber ihre Arbeit nicht zu mögen, ist völlig legitim.

  • Komisch, von Videoblockade auf youtube keine Spur...

    taz mal wieder zu spät dran oder einfach nur billige Werbung für eine - zu Recht - völlig unbekannte "Künstlerin"?

     

    Und wenn man sich den Bockmist dann wirklich antut, weil man gute Songs gegen Rechts mag, wird man bitter enttäuscht - nicht nur wegen dem mäßigen künstlerischen Potential. Dabei der Politik jegliche Legitimität abzusprechen und zum Widerstand gegen (sämtliche!) Parlamentsbeschlüsse aufzurufen kennt man auch von den Reichsbürgern, die BRD mit dem NS-Staat gleichzusetzen - geschenkt. Sich dann jedoch zu beschweren, solch ein Antifaschismus würde nicht gewürdigt... Dieses Video hätte wegen Dummheit gesperrt gehört, aber das ist ja leider kein Faktor bei youtube.