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Sprachgesetz in der UkraineHier russisch, da ungarisch

Die Ukrainer sind über die Entscheidung des Parlaments empört, den Status der Regionalsprachen abzuschaffen. Das könnte Separatismus fördern.

Стоп! Protest in zwei Sprachen. Bild: Imago/Itar-Tass

BERLIN taz | Aus Solidarität mit den größtenteils russischsprachigen Landesteilen im Süden und Osten der Ukraine haben Bewohner im westukrainischen Lwiw dazu aufgerufen, zwei Tage lang nur Russisch zu sprechen und zu schreiben. Donezk und Odessa reagierten sofort. Aktivisten kündigten an, für 48 Stunden ins Ukrainische wechseln zu wollen.

Bereits am Dienstag hatten sich Künstler und Wissenschaftler aus Lwiw mit einem Brief an das Parlament, die Mitglieder der neuen Regierung sowie den Übergangspräsidenten gewandt. Darin fordern sie eine ausgewogene Sprachen- und Kulturpolitik. Die Aufhebung des Sprachgesetzes sei zu übereilt beschlossen worden und könne separatistischen Tendenzen Vorschub leisten. Sprache dürfe kein Grund für Feindschaft sein, heißt es in dem Schreiben.

Anfang der Woche und damit als eine der ersten Amtshandlungen nach der Entmachtung von Staatspräsident Wiktor Janukowitsch hatte das Parlament das Gesetz über „die staatliche Sprachpolitik“ gekippt. Die Vorschrift war 2012 noch vor den Parlamentswahlen und auf Initiative der damals regierenden Partei der Regionen verabschiedet worden.

Sie sah vor, dass in denjenigen Gebieten der Ukraine, wo mindestens zehn Prozent der Bevölkerung eine andere Muttersprache als Ukrainisch sprechen, diese Sprache einen sogenannten Regionalstatus erhält und in lokalen Behörden offiziell benutzt werden darf. Neben Russisch erhielten auch Rumänisch und Ungarisch diesen Regionalstatus. Ursprünglich hatte der damalige Präsident Janukowitsch sogar angekündigt, Russisch neben Ukrainisch zur zweiten Amtssprache zu machen, von diesen Plänene jedoch wieder Abstand genommen.

Instrumentalisierte Frage

Die damalige Opposition hatte 2012 die Änderung des Sprachgesetzes von Anfang an als eine Bedrohung für das Ukrainische kritisiert und angekündigt, im Falle eines Machtwechsels diese Reform wieder rückgängig machen zu wollen.

Doch diese Entscheidung könnte nach hinten losgehen. „Ich spreche und schreibe auf Ukrainisch. Aber ich kann es nicht ertragen, wie diese Sprachenfrage instrumentalisiert wird. Was wollen unsere Politiker? Etwa, dass die Ideologen des Kreml das Spiel zu ihren Gunsten entscheiden?“, fragt Marjana Sawka auf ihrer Facebook-Seite.

Sie ist Chefredaktion des Lwiwer Verlags Alter Löwe und kündigte an, zum ersten Mal seit elf Jahren ein Buch in russischer Sprache herausgeben zu wollen. Damit wolle sie ihren Respekt gegenüber jedem russischsprachigen Bürger der Ukraine ausdrücken. „Gegenüber jedem, der unsere Ehre, unsere Unabhängigkeit und das Recht, ein Mensch zu sein, verteidigt hat.

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12 Kommentare

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  • C
    chipaya

    Das angeblich zweisprachige Bild ist ausschließlich auf Russisch geschrieben, stammt von der Krim und hat mit dem Sprachengesetz nichts zu tun.

  • J
    Jens

    Passend zu diesem Artikel und zugleich bezeichnend für die Rolle der Rechtsextremisten in der Ukraine...

     

    Aus dem "Pester Lloyd" (http://www.pesterlloyd.net/html/1409ungsorgenukraine.html)

     

    Zitat:

    "Am Dienstag wurde bekannt, dass Aktivisten des “Rechten Sektors” am Montag mit Gewalt in die Stadtratssitzung im westukrainischen Berehowe / Beregszász eindrangen und diese beendeten. Das ungarische Außenministerium kritisierte die Aktion scharf als gegen rechtsstaatliche Prinzipien gerichtet, die das Ziel eines “demokratischen Machtwechsels” in der Ukraine konterkarierten. Beregszász hat ca. 26.000 Einwohner, rund die Hälfte davon gehören der ungarischen Minderheit an."

     

    Und das bereits gegen eine relativ kleine Minderheit wie die ungarische in der Karpato-Ukraine. Da kann man schon erahnen, was den Polen in Ostgalizien und Wolhynien, den Rumänen in der Nordbukowina, den Bulgaren und Griechen an der Schwarzmeerküste und vor allem den Millionen Russen in der Ostukraine bevorstehen wird...

  • R
    reblek

    Lieber reblek, vielen Dank für Ihr Engagement in der Kommune. Wir würden Sie gerne kontaktieren. Bitte schreiben Sie uns eine Email an kommune@taz.de

    Beste Grüße,

    die Redaktion

  • BS
    Bernd Schoeps

    Kiew Sucht Den Superstar!

    Die neue „Regierung“ in der Ukraine wird außer der „Amtssprachen-Reform“ wohl noch mehr Klöpse in der Pfanne haben, denn was sich dort in den letzten Tagen „direkt aus dem Maidan“ in höchste Politikämter hochgedient hat, liegt vielfach auf dem Niveau unseres DSDS-Formats, das als Teil unserer bundesdeutschen Leitkultur doch noch Vorbild für die Aufständischen in der Ukraine geworden ist: KSDS heißt dort der letzte Hype – Kiew Sucht Den Superstar. Und zwar mitten auf dem Maidan, auf dem sich alle möglichen Möchtegern-Minister „dem Volk“ angedient haben. Als Reputation für ein Ministeramt reichen allerdings - wie wir schon bei DSDS erleben dürfen – ganz bescheidene Qualifikationen: Wer an der Zerstörung von Lenin-Denkmälern beteiligt war, darf ins neue Kulturministerium. Wer ein Schusswaffe eingesetzt hat, ist quasi schon neuer Verteidigungsminister. Der Einsatz von Dachlatten reicht nur für einen Posten im Innenministerium. Wer Busse in Brand gesetzt und Straßen blockiert hat, taugt für’s Verkehrsministerium, und wer die ganze Randale mit warmer Knoblauchsuppe am Laufen gehalten hat, der steht künftig an der Spitze des Ministeriums für Gesundheit und Ernährung. Da fehlt nur noch der richtige Sendeplatz im neu ausgerichteten Fernsehprogramm.

    Bernd Schoeps

  • Ein Artikel, der mir ein bisschen Hoffnung macht. Offensichtlich gibt es in der Ukraine noch überall Menschen die Signale für Minderheitenrecht und Zusammengehörigkeit setzen.

    Aber woher kommt die Überschrift? Tatsächlich gibt es in der Ukraine auch andere Minderheiten als nur russische. Eine davon ist ungarisch. Auch diesen verordnete man einen Maulkorb.

    Spannend ist für mich die Reaktion aus Ungarn. Während dort die sprachlichen und ethnischen Minderheiten selbst unterdrückt werden, erlebt man nun die Unterdrückung von Ungarn in einem anderen Staat. Raus halten kann sich Orban nicht, sind es doch die gleichen Menschen, denen er das ungarische Wahlrecht angeboten hat. Die nationalistische Fidesz hat nun ein Problem. Anders als Jobbik , kann sie nicht nur mit dumpfen Parolen da heraus kommen.

  • Russland muss sofort eingreifen, um einen Genozid an Russen und anderen Minderheiten zu verhindern!

  • M
    Markus

    Es wird noch zu Pogromen und Bücherverbrennungen in der Ukraine kommen. Die faschistischen Bendera-Anhänger wurden an die Macht gehievt. Die Unterstützung durch den Westen (die USA und die NATO) spielte dabei die entscheidende Rolle für den den gelungenen bewaffneten Putsch.

  • A
    Annika

    Meine Güte, verwenden sie doch bitte für Deutsche aussprechbare Namen wenn es sie denn nun einmal gibt, Lwiw=Lemberg. Ich stolper beim Lesen jedes mal drüber.

  • FT
    Für Taz Zahle ich sicher nicht

    Lemberg, liebe Taz, offizielle Name der Stadt ist Lemberg… in der Muttersprache einer Minderheitengruppe in diesem Vielvölkerstaat.

    Benannt nach Stanislaw Lem, dem Sohn der Stadt.

    • @Für Taz Zahle ich sicher nicht:

      Was für ein Unsinn. Der polnische Name ist Lamberg und nicht Lemberg und hat auch nichts mit Stanislaw Lem zu tun. Lemberg hingegen war der Stadtname der von deutschen Kolonialisten benutzt wurde - eine Unsitte, dass man auch noch im 21. Jahrhundert für osteuropäische Städte deutsche Namen verwendet.

      • Висо́кий За́мок
        @Diogenes:

        Achherje... wattn Durcheinander!

        Also: Die Stadt heißt L'viv, russisch L'vov, polnisch Lwów und deutsch (und jiddisch) Lemberg. Hat alles natürlich nix mit Stanisław Lem zu tun (is aber ne originelle Idee) sondern kommt vom Löwen bzw. nem Typen, der Lew (Löwe) hieß.

        Im übrigen finde ich es völlig in Ordnung und keine Unsitte, für Städte deren deutsche Namen zu verwenden, wenn die allgemein gebräuchlich sind und kein revisionistischer Anspruch mit der Verwendung verbunden ist (und wo soll der bei Lemberg herkommen, war ja nie "deutsch"). Warum sollte da für ost- und ostmitteleuropäische Städte was anderes gelten als für süd- oder westeuropäische?

      • LD
        Lew Dawidowitsch Bronstein
        @Diogenes:

        Der polnische Name der Stadt lautet seid dem 13Jh. Lwów (etw. Löwenstadt) und hat mit dem Schriftsteller Lem (1921-2006)rein garnichts zu tun. Die Stadt wurde nach dem Sohn des Stadtgründers Daniel Romanowitsch, Lew (Leo,Lev) benannt. Der Name Lemberg ist in der deutschen ,jidddischen und hebräischen Sprache üblich gewesen.