piwik no script img

Sportswashing beim FußballMit Frauen noch besser waschen

Bei der Frauen-WM tritt Saudi-Arabien als Sponsor auf. Die Ausrichter Australien und Neuseeland sind empört.

Im Juli und August 2023 findet die Fußball-WM der Frauen statt. Vermutlich mit saudischem Geld Foto: Lee/dpa

W eltfußballmacht Saudi-Arabien? Nun, es ist das einzige Land, das bei der jüngsten Männer-WM in Katar Messi geschlagen hat. Und es ist das Land, in dem Cristiano Ronaldo kickt. Die Saudis sind also Big Player.

Nun wird die Tourismuswerbung des Königreichs, „Visit Saudi“, ein Topsponsor der anstehenden Frauen-WM. Die Fifa hat wohl den Vertrag schon unterschrieben, und nicht nur die Veranstalter aus Australien und Neuseeland sind empört.

„Visit Saudi“ war schon Partner bei der Männer-WM 2022, und für 35 Millionen US-Dollar jährlich hält es sich noch Lionel Messi als „Tourismusbotschafter“. Auch sonst ist das Königreich schwer aktiv in Sachen Fußball. Gerade erst wurde es als Ausrichter der Männer-Asien­meisterschaft 2027 bestätigt, und das Land verfolgt Pläne, sich für die Männer-WM 2030 zu bewerben. Verbandspräsident Yasser Almisehal ist neuerdings im wichtigen Fifa-Council vertreten.

Fehlt in dieser Auflistung irgendwas? Die Frauen. Doch auch da wären Lobbyisten nicht um eine Antwort verlegen. Das Land bewirbt sich um die Asienmeisterschaft 2026, hat seit 2020 eine Frauenliga, jüngst organisierte es ein Vier-Nationen-Turnier, und, trara!, schon seit 2018 sind Frauen auf Stadiontribünen geduldet – wenn ihr Mann nichts dagegen hat. Denn weiterhin gilt das Vormundschaftssystem: Männer stehen über Frauen.

Und schon ist die Luft raus aus allen denkbaren, möglichen und eventuellen Verteidigungsreden. Jeder, der darauf hinweist, dass Großsponsoren wie Visa, Coca-Cola, Adidas oder die Commonwealth Bank ähnlich wenig demokratisch kontrolliert sind wie „Visit Saudi“, wird an dem Versuch scheitern, die mittelalterlich anmutende Frauenunterdrückung in Saudi-Arabien mit, nennen wir es mal so, kapitalistischer Normalität zu rechtfertigen.

Fußball, Erdöl, Monopole

Schon ist man bei der Fifa, die über Jahrzehnte zum ähnlich feudal strukturierten Monopolisten in Sachen Fußball avancieren konnte wie Saudi-Arabien und die Emirate in Sachen Erdöl. Beide glauben, sie könnten sich alles leisten. Die Fifa regiert schließlich den Fußball, den weltweit alle Menschen sehen wollen. Saudi-Arabien hat das Erdöl, mit dem die Welt läuft, wie sie läuft.

Die Fußball-WM der Frauen verheißt den saudischen PR-Strategen zudem keine schlechte Credibility, denn nach der bestialischen Hinrichtung des Journalisten Jamal Khashoggi und der Verurteilung der Studentin Salma al-Shehab zu 34 Jahren Haft wegen Tweets zu Menschenrechten ist der Ruf des Königreichs doch etwas angeschlagen. „Sportswashing“ ist der Fachausdruck: Mit Sport – und mit Frauensport erst recht – soll ein besseres, sozialeres Image erkauft werden.

Es bleibt dabei. Alle, die gerne „nur Sport“ sehen wollen und einen Fußball, der sich „nicht mit Politik vermischt“, machen das Geschäft von Saudis und Fifa.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Martin Krauss
Jahrgang 1964, freier Mitarbeiter des taz-Sports seit 1989
Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Es klingt wie ein schlechter Witz



    Als würde EXXON die Greta sponsern



    Den Saudis geht es sicherlich nicht um Frauenfussball und Rechte, oder gar angemessene Bezahlung für die Frauen. Wenn sie ihre Macht in der FIFA ausbauen wollen müssen die armen Sauds auch mal etwas sponsern das sie lieber verbieten wollen. Also habt ein wenig Mitleid mit den Männern in ihren weißen Roben. Das viel ihnen sicher nicht leicht. :))

  • Um jeden Preis, und alle machen mit…



    So etwas wie „werteorientierten Fußball“ hat es einmal gegeben, dessen Grab wurde jedoch schon Ender der 70er geschaufelt. Der Trauermarsch sang von „Notbremse, von Körpersprache und Millionen-Deal“; und allmählich wird der Friedhof zum Pissoir umgewidmet, auf dem sich Millionen, wenn nicht Milliarden Zuschauer als die treuen Gewährsleute des Spekatakels erleichtern können, ganz wie ihre Funktionäre und Superstars nach dem Motto „Fairness? Werte? Irgendwas mit Ehre? Scheiß drauf: Geld regiert die Welt!“, und gelegentlich schlagen sich motivierte Fans schon mal tot…



    Dass die Frauen nun endlich mit gleichem Lockstoff auch zum Mitmachen eingeladen werden und widerstandlos mit sich machen lassen, ist nur eine weitere, große Desillusionierung in meinem Leben.



    Die Welt will unterhalten werden, koste es, was es wolle…