Sportswashing beim Fußball: Mit Frauen noch besser waschen
Bei der Frauen-WM tritt Saudi-Arabien als Sponsor auf. Die Ausrichter Australien und Neuseeland sind empört.
W eltfußballmacht Saudi-Arabien? Nun, es ist das einzige Land, das bei der jüngsten Männer-WM in Katar Messi geschlagen hat. Und es ist das Land, in dem Cristiano Ronaldo kickt. Die Saudis sind also Big Player.
Nun wird die Tourismuswerbung des Königreichs, „Visit Saudi“, ein Topsponsor der anstehenden Frauen-WM. Die Fifa hat wohl den Vertrag schon unterschrieben, und nicht nur die Veranstalter aus Australien und Neuseeland sind empört.
„Visit Saudi“ war schon Partner bei der Männer-WM 2022, und für 35 Millionen US-Dollar jährlich hält es sich noch Lionel Messi als „Tourismusbotschafter“. Auch sonst ist das Königreich schwer aktiv in Sachen Fußball. Gerade erst wurde es als Ausrichter der Männer-Asienmeisterschaft 2027 bestätigt, und das Land verfolgt Pläne, sich für die Männer-WM 2030 zu bewerben. Verbandspräsident Yasser Almisehal ist neuerdings im wichtigen Fifa-Council vertreten.
Fehlt in dieser Auflistung irgendwas? Die Frauen. Doch auch da wären Lobbyisten nicht um eine Antwort verlegen. Das Land bewirbt sich um die Asienmeisterschaft 2026, hat seit 2020 eine Frauenliga, jüngst organisierte es ein Vier-Nationen-Turnier, und, trara!, schon seit 2018 sind Frauen auf Stadiontribünen geduldet – wenn ihr Mann nichts dagegen hat. Denn weiterhin gilt das Vormundschaftssystem: Männer stehen über Frauen.
Und schon ist die Luft raus aus allen denkbaren, möglichen und eventuellen Verteidigungsreden. Jeder, der darauf hinweist, dass Großsponsoren wie Visa, Coca-Cola, Adidas oder die Commonwealth Bank ähnlich wenig demokratisch kontrolliert sind wie „Visit Saudi“, wird an dem Versuch scheitern, die mittelalterlich anmutende Frauenunterdrückung in Saudi-Arabien mit, nennen wir es mal so, kapitalistischer Normalität zu rechtfertigen.
Fußball, Erdöl, Monopole
Schon ist man bei der Fifa, die über Jahrzehnte zum ähnlich feudal strukturierten Monopolisten in Sachen Fußball avancieren konnte wie Saudi-Arabien und die Emirate in Sachen Erdöl. Beide glauben, sie könnten sich alles leisten. Die Fifa regiert schließlich den Fußball, den weltweit alle Menschen sehen wollen. Saudi-Arabien hat das Erdöl, mit dem die Welt läuft, wie sie läuft.
Die Fußball-WM der Frauen verheißt den saudischen PR-Strategen zudem keine schlechte Credibility, denn nach der bestialischen Hinrichtung des Journalisten Jamal Khashoggi und der Verurteilung der Studentin Salma al-Shehab zu 34 Jahren Haft wegen Tweets zu Menschenrechten ist der Ruf des Königreichs doch etwas angeschlagen. „Sportswashing“ ist der Fachausdruck: Mit Sport – und mit Frauensport erst recht – soll ein besseres, sozialeres Image erkauft werden.
Es bleibt dabei. Alle, die gerne „nur Sport“ sehen wollen und einen Fußball, der sich „nicht mit Politik vermischt“, machen das Geschäft von Saudis und Fifa.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Klimakiller Landwirtschaft
Immer weniger Schweine und Rinder in Deutschland