Speicherplatz auf Computern: Wir sehen uns beim Yottabyte
Datenspeicher sind immer erst zu groß und dann, ganz plötzlich, zu klein. Warum das so ist – und wieso das nicht nur an Herrn Moore liegt.
11110001. Bitte schön, so sieht es aus: ein Byte. Acht mal null oder eins. Acht Bits, die in diesem Fall das Zeichen ñ bedeuten. Klein, handlich, übersichtlich, aber eben auch sehr wenig Platz, um wirklich etwas damit zu machen. Ein Foto? Vergessen Sie’s, das ist viel größer. Eine E-Mail? Ebenso. Eine SMS? Nein, selbst für eine kleine Textnachricht reicht ein Byte nicht aus.
Wie gut, dass Bytes keine Einzelgänger sind, sondern sich wunderbar kombinieren lassen. In Informationskonglomeraten werden sie zu Megabyte, Gigabyte und irgendwann zu Terabyte, Petabyte, Exa-, Zetta-, Yottabyte. Und ehe es zu langweilig wird: Ja, alles, was danach kommt, klingt noch mehr nach „Star Wars“.
Der IBM 305 Ramac war von Speicherkapazitäten dieser Größenordnung weit entfernt. Er war der erste kommerziell erfolgreiche Computer, der eine Festplatte hatte, ach was: Sogar zwei konnte er aufnehmen! Kinderspiel, würde man heute sagen, schließlich wäre ein durchschnittliches Wohnzimmer mit dem Gerät ziemlich gut gefüllt. Die Speicherkapazität des IBM 305 Ramac: gut 4 Megabyte. Sein Gewicht: etwa eine Tonne. Willkommen im Computerpleistozän der 50er Jahre.
Seitdem ist einiges passiert und jemand, der die Entwicklung schon ziemlich früh, nämlich in den 60er Jahren, vorhergesehen hat, war Gordon Moore. Moore war Mitgründer des Chipherstellers Intel, aber dafür ist er heute weniger bekannt als für eine Beobachtung, die mittlerweile seinen Namen trägt: das mooresche Gesetz. In der Zeitschrift Electronics stellte er im Jahr 1965 fest, dass sich die Komplexität integrierter Schaltkreise mit minimalen Komponentenkosten regelmäßig verdoppelt. Übersetzt heißt das: Die Festplattenkapazität steigt annähernd exponentiell.
Der heiße Scheiß in den 90ern: 160 Megabyte Festplatte
Das mooresche Gesetz ist viel diskutiert und viel kritisiert worden, unter anderem unter der Prämisse, dass das Wachstum irgendwann an Grenzen stoßen werde. Bislang stimmt die Beobachtung jedoch zumindest grob. Das schnelle Wachstum der Speicherkapazität ist gleichzeitig die Voraussetzung dafür, dass es kleine, mobile Geräte – von Smartphones bis hin zu vernetzten Alltagsgeräten – überhaupt geben kann.
Nun kommt zum mooreschen Gesetz noch ein ganz unphysikalisches Paradox: Jeder neue Speicher ist auf individueller Ebene anfangs zu groß und später zu klein. Das war schon in den 90er Jahren so: Wer damals zum Beispiel einen Highscreen-Computer mit 486 DX-33-Prozessor kaufte, mit unglaublichen 160 Megabyte Festplatte, hatte jedes Recht, sich zu fragen: Wie soll die bloß jemals voll werden?
Fotos, Videos, Musik – das alles, was heute gigabyteweise, ach was, terabyteweise Speicherplatz belegt, gab es damals für den Hausgebrauch nur in analog. Das füllt zwar Schubladen, Kisten und Regale, aber keine Festplatten. Und trotzdem: Irgendwie wird der Speicherplatz ein paar Jahre später gefühlt zu klein geworden sein.
Daran hat sich bis heute nichts geändert: Erschien der interne 60-Gigabyte-Speicher beim Kauf des Smartphones noch riesig, ist er ein paar Videos, zahllose Apps und die ein oder andere Sprachnachricht später irgendwie geschrumpft. Und damit ist nicht das Problem mit der Datendichte und dem Signal-Rausch-Verhältnis gemeint, das dazu führt, dass ein Teil der Speicherkapazität bei Festplatten zur Fehlerkorrektur reserviert wird und daher nicht mit Fotos oder E-Mails belegt werden kann. Sondern eher eine Art Rebound-Effekt: Größere Speicherkapazitäten führen nicht zu mehr Platz, sondern dazu, dass mehr Daten akkumuliert werden, was wiederum größere Speicherkapazitäten erfordert.
Die Folge: Die Gigabyte-Speichermedien, momentan noch der Standard im Hausgebrauch, werden in absehbarer Zukunft von Terabyte-Speichermedien überholt werden. Fotograf:innen oder Videoblogger:innen kennen sie schon und wissen, welche Löcher ihre Anschaffung im Geldbeutel hinterlässt – noch. Spätestens wenn wir so etwas wie dreidimensionale Hologrammvideos auf unseren Rechnern speichern wollen, werden auch die zu klein sein. Wir sehen uns beim Yottabyte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
BSW-Anfrage zu Renten
16 Millionen Arbeitnehmern droht Rente unter 1.200 Euro
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“