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Sparprogramm bei der Deutschen PostNach Lohnerhöhung streicht DHL 8.000 Stellen

Bei der Post läuft es nicht rund. Der Tarifabschluss habe „den Kostendruck erhöht“, sagt der Konzernchef. Dividenden bleiben aber stabil.

Der Paketboom kann die Verluste beim Briefgeschäft nicht auffangen: Zustellwagen der Deutschen Post Foto: dpa

Düsseldorf rtr | Die Deutsche Post will bis Ende des Jahres Tausende Stellen streichen. Als Grund gibt der Logistikkonzern den Gewinneinbruch im vergangenen Jahr an. Das Geschäft mit Briefen lief nicht besonders, die Sendungsmengen sanken weiter. Dass wieder mehr Pakete versendet wurden, konnte das Minus nicht auffangen.

Konzernchef Tobias Meyer setzt nun den Rotstift an: Etwa 8.000 der rund 190.000 Stellen in der Sparte Post&Paket Deutschland sollen wegfallen, wie die Deutsche Post und DHL Group am Donnerstag mitteilte.

Meyer will dabei ohne betriebsbedingte Kündigungen auskommen. Insgesamt will er über eine Milliarde Euro einsparen. Das kriselnde Briefgeschäft zu verkaufen, sei nicht geplant, sagte Meyer zu Reuters: „Ich möchte, dass Post&Paket Deutschland im Portfolio des Konzerns verbleibt.“

2024 schrumpfte der operative Gewinn um 7,2 Prozent auf rund 5,9 Milliarden Euro. Damit schnitt DHL immerhin noch etwas besser ab als von Analysten erwartet. Die Dividende für 2024 will Meyer stabil bei 1,85 Euro je Aktie halten. Das 2022 gestartete Aktienrückkaufprogramm soll um zwei Milliarden Euro auf bis zu sechs Milliarden Euro aufgestockt und bis zum Jahr 2026 verlängert werden. In diesem Jahr erwarten die Bonner nun einen operativen Gewinn von 6 Milliarden Euro oder mehr. Die Prognose berücksichtigt aber noch nicht potenzielle Effekte aus Änderungen in der Zoll- und Handelspolitik.

Lohnerhöhungen angeblich verantwortlich

Im Briefgeschäft hatte der Bonner Konzern eigentlich auf deutliche Preiserhöhungen gepocht, um die Modernisierung und den ökologischen Umbau der Zustellung besser finanzieren zu können. Den Preis für das Massenprodukt Standardbrief erhöhte DHL mit der Genehmigung des Regulierers Bundesnetzagentur zum 1. Januar von 85 auf 95 Cent – die Bonner hatten aber noch mehr Spielraum für höhere Preise gefordert und die Bundesnetzagentur kritisiert.

„Der Stellenabbau soll über natürliche Fluktuation erfolgen“, sagte Meyer in einem Reuters-Interview. Als „Ein Treiber für den Abbau“ identifizierte er den in dieser Woche mit der Gewerkschaft Verdi vereinbarte Tarifabschluss für die Sparte, der eine Erhöhung der Löhne um fünf Prozent sowie mehr Urlaub vorsieht. Die Übereinkunft erhöhe den Kostendruck, sagte Meyer: „Dieser Tarifvertrag belastet uns bis Ende 2026 mit rund 360 Millionen Euro.“ Dies geschehe in einem Marktumfeld, „in dem wir einen deutlich beschleunigten Rückgang der Briefmengen haben“.

Auf der anderen Seite reiche die Anfang des Jahres in Kraft getretene Portoerhöhung nicht aus. Die Sparte leide unter „regulatorisch herausfordernden Rahmenbedingungen“ sowie „einer relativ schwachen Konjunktur“.

Zollstreit sorgt die Branche

Meyer verteidigte das Sparprogramm auch mit Blick auf die Aufstockung des laufenden Programms zum Rückkauf eigener Aktien um zwei Milliarden Euro. „Post&Paket Deutschland leistet keinen Beitrag zur Dividende und keinen Beitrag zu den Aktienrückkäufen“, unterstrich Meyer. Diese Mittel würden ausschließlich von den anderen DHL-Sparten erwirtschaftet.

DHL steht mit seinen Problemen in der Branche nicht allein. Nach den Corona-Jahren mit dem Boom im Online-Handel und immer neuen Umsatz- und Gewinnrekorden setzt der lahmende Welthandel den Logistik-Konzernen zu. Auch die maue Konsumstimmung lastet auf den Konzernen. Nun müssen sie sich auch noch mit den Folgen der US-Schutzzölle für den Welthandel auseinandersetzen.

Der weltgrößte Paketlieferdienst UPS hatte im Januar einen Umsatzrückgang für 2025 in Aussicht gestellt. Der europäische Konkurrent PostNL wurde zuletzt durch sinkende Briefmengen und ein lahmendes Paketgeschäft belastet. Der Logistikriese Kühne+Nagel verbuchte 2024 einen Gewinneinbruch. Der Konzern rechnet damit, dass der Logistik- und Zollabfertigungsaufwand vor allem an den US-Grenzen kurz- und mittelfristig steigen wird.

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8 Kommentare

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  • Die nicht betroffenen 182.000 Mitarbeiter von der Post sollten sich um eine Anstellung bei den Konkurrenzunternehmen bemühen.



    Wir versenden z. B. wenn's denn schriftlich per Papier gehen muss schon lange nicht mehr mit den



    " gelben " !

  • Naja, man merkt den Fachkräftemangel deutlich.



    Insbersondere an den Unternehmensspitzen.

    Der Versandhandel wächst weit Jahren rasant - und wenn DHL nicht fähig ist seinen Anteil zu halten und zum mehren liegt dass sicher nicht an den Tarifabschlüssen sondern daran, dass man auch auf der Ebene der Unternehmenslenker nehmen muss was kommt.

  • Ich verstehe das doch richtig, oder? Damit die Post ihren Aktionären trotz Rückgang der Brief-und Paketzahlen auch morgen noch die gleiche Dividende auszahlen kann wie gestern, müssen 8.000 Stellen wegfallen. Und lächerliche 360 Mio Euro tariferhöhungsbedingte Mehrkosten sollen erklären, dass stattliche 5,9 Milliarden Euro Profit nicht ausreichen, um das Angebot der Post so attraktiv zu machen, dass sie ihr „Kerngeschäft“ weiterführen kann. Schuld an der ganzen Misere sind a) die schwache Konjunktur und b) die politische Weltlage, die leider einfach nicht besser werden wollen. Obwohl irgendwie alle auf Konfrontation statt auf Kooperation setzen derzeit, Unternehmen lieber an den Personalkosten sparen als an den Renditen und alle lieber die Preise erhöhen als die Qualität ihrer Angebote.

    Hm. Finde den Fehler. Ich bin ja kein Volkswirtschaftler und nicht mal BWLer, aber ich frage mich schon, ob die „Entscheidungsträger“ der Post (und anderer großer Unternehmen) tatsächlich begreifen, was sie da tun, oder ob sie lediglich hoffen, dass sie das sinkende Schiff rechtzeitig und mit vollen Koffern verlassen können. Wohin sie dann gehen wollen? Keine Ahnung. Vielleicht auch auf den Mars?

  • Moral 2.0



    Wirft 8000 Mitarbeiter raus und verkündigt gleichzeitig "Dividenden bleiben aber stabil. ", gehts noch unmoralischer?

  • Nun gibt es etwas mehr Geld, wird ein Teil rausgeworfen und der restliche darf die Arbeit übernehmen und am Ende kommt es auf ein Nullsummenspiel heraus für die Arbeitnehmer:



    Mehr Geld + Mehr Arbeit.

    Was ich mich frage: Ist es heutzutage noch notwendig, jeden Tag Post auszuliefern oder ist es nicht möglich sich an die Realität (das muss natürlich auch die Gesellschaft dann), dass einfach immer weniger Briefe ausgeliefert werden, anzupassen?

    • @Wayko:

      Da wurde schon etwas geändert, Briefe dürfen jetzt länger unterwegs sein. Und Inlandsflüge für Briefe wurden wohl offenbar eingestellt oder reduziert.

  • Dividende bleibt. Nuff said.

    Alle sollten die Möglichkeit haben, und sich leisten können, Briefe zu verschicken. Post ist ein Bedarf, der dem Gewinnstreben entzogen gehört, wie Strom, Wasser, Nahrung, Wohnung und Gesundheit.

  • Tja, das alte Spiel... tarifliche Veränderungen zugunsten der Beschäftigten laufen gerne auf ein Nullsummenspiel hinaus. Mehr Lohn, kürzere Arbeitszeit, mehr Urlaub? Dann verdichten wir einfach die Arbeit, sei es durch Stellenabbau oder Straffung der Prozesse. Und verkaufen das dann auch noch als sozialverträglich, weil keine betriebsbedingten Kündigungen erfolgen (sollen).



    Hauptsache die Dividenden bleiben unangetastet.