Spannungen in Bosnien und Herzegowina: Nicht instrumentalisieren lassen
In Bosnien und Herzegowina keimt eine zivile Bürgerbewegung auf. Um sie zu schützen, müssen die nationalistischen Kräfte im Zaum gehalten werden.
D ie Diskussionen der letzten Tage und der Wirbel um den Hohen Repräsentanten Christian Schmidt in Bosnien und Herzegowina zeigen wieder einmal auf, wie fragil die Lage im Land ist. Kroatische Extremisten drohen, nach den Wahlen ihr Projekt „Dritte Entität“ mit Gewalt durchzusetzen. Der Chef der muslimischen Nationalpartei SDA, Bakir Izetbegović, spricht davon, man sei nicht wehrlos, man habe viele junge Männer, die bereit seien zu kämpfen. Und die Führung der serbischen Teilrepublik will ohnehin das Land spalten. Von den nationalistischen Gruppen ist keinerlei Lösung für die Zukunft des Landes zu erwarten.
Umso wichtiger ist, dass die internationalen Institutionen, vor allem der Hohe Repräsentant, die destruktiven politischen Kräfte im Zaum halten und die zivilen politischen Bewegungen des Landes unterstützen. Die Demonstrationen in Sarajevo zeigen etwa, dass es in der Bevölkerung eine tiefe Sehnsucht nach Normalität, nach demokratischen Reformen, einem Rechtsstaat und der Integration in die Europäische Union gibt.
Für die Nationalisten und Profiteure des jetzigen ethnisch definierten Raubtierkapitalismus ist diese Bürgerbewegung ein rotes Tuch. In Sarajevo fürchtet die SDA, bei den Wahlen krachend zu verlieren. Und den serbischen und kroatischen Nationalisten laufen die jungen Menschen davon. Alle Nationalisten brauchen die von ihnen provozierten Spannungen, um ihr Klientel bei der Stange zu halten.
Das Amt des Hohen Repräsentanten ist deshalb nach wie vor ausschlaggebend für die Stabilität des Landes. Christian Schmidt darf sich von keiner Seite instrumentalisieren lassen und muss fest auf den Grundsätzen westlicher Werte stehen. Wenn diesbezüglich Zweifel entstanden sind, liegt es am Repräsentanten, diesen Verdacht auszuräumen.
Er hätte dem kroatischen Druck mit Transparenz begegnen können. Das hätte Vertrauen geschaffen. Die Zeit von Hinterzimmerdeals ist vorbei. Für eine klar umrissene offene Politik braucht Schmidt aber auch die politische und sogar militärische Unterstützung der liberalen Demokratien.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern