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Spannungen im Korea-KonfliktRakete vor Südkoreas Küste

Insgesamt hat Nordkorea am Mittwoch mindestens 23 Raketen abgefeuert. Südkoreanische Kampfjets feuerten im Gegenzug ebenfalls Raketen ab.

Seoul, Südkorea, 2. November: Auf einem Bildschirm werden die Fernsehnachrichten übertragen Foto: Kim Hong-Ji/reuters

Seoul rtr | Erstmals ist unweit südkoreanischer Hoheitsgewässer nach Angaben aus Seoul eine nordkoreanische Rakete im Meer eingeschlagen. Das Geschoss überquerte die faktische Seegrenze zwischen den beiden Nachbarn und ging 57 Kilometer vor der Ostküsten-Stadt Sokcho nieder, wie das südkoreanische Militär mitteilte. Insgesamt habe Nordkorea am Mittwoch mindestens 23 Raketen abgefeuert, so viele wie noch nie an einem einzigen Tag. Außerdem seien mehr als 100 Artilleriesalven abgegeben worden. Südkoreanische Kampfjets schossen nach Militärangaben im Gegenzug drei Luft-Boden-Raketen über die umstrittene Seegrenze in Richtung Meer.

Auf der südkoreanischen Insel Ulleung im Japanischen Meer wurde Luftalarm ausgelöst, was relativ selten vorkommt. Südkorea sprach von einem territorialen Übergriff. Die USA verurteilten den Raketenabschuss. Russland rief beide koreanischen Staaten zur Zurückhaltung auf. China erklärte, der Erhalt von Frieden und Stabilität auf der koreanischen Halbinsel sei in jedermanns Interesse.

Es war das erste Mal seit der Teilung der koreanischen Halbinsel im Jahr 1945, dass eine ballistische Rakete in der Nähe der südkoreanischen Gewässer landete. Die Rakete ging zwar außerhalb der südkoreanischen Hoheitsgewässer nieder, aber südlich der umstrittenen innerkoreanischen Seegrenze – der sogenannten Northern Limit Line.

Ungeachtet internationaler Sanktionen hat Nordkorea in den vergangenen Monaten einen ganze Serie von Raketentests abgehalten. Zudem hat das Land nach Angaben der südkoreanischen und der US-Regierung technische Vorbereitungen für einen ersten Atomtest seit 2017 abgeschlossen. Nordkorea hat die Raketentests als Reaktion auf gemeinsame Militärübungen Südkoreas und der USA in der Region bezeichnet. Es sieht in den Manövern den Beleg für eine feindselige Haltung gegenüber Pjöngjang. Erst am Montag hatten die beiden verbündeten Staaten eines ihrer größten gemeinsamen Luftwaffen-Manöver gestartet. Solch eine „militärische Unbesonnenheit und Provokation“ könne nicht länger toleriert werden, hieß es am Mittwoch in Pjöngjang. Wenige Stunden später erfolgten die erneuten Raketenstarts.

USA verurteilen Raketenabschuss

Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol bezeichnete den Einschlag des einen Geschosses jenseits des umstrittenen Seegrenze als faktisch einen „territorialen Übergriff“. Eine solche Provokation könne niemals hingenommen werden, erklärte das südkoreanische Militär. Man prüfe noch, ob die Flugrichtung beabsichtigt gewesen oder ob eine der Raketen vom Kurs abgekommen sei.

Südkoreas wichtigster Verbündeter, die USA, verurteilte den Abschuss einer Rakete über die Seegrenze hinweg als rücksichtslos. Dadurch würden der Frieden und die Stabilität in der Region gefährdet. Der Sprecher des russischen Präsidialamtes, Dmitri Peskow, sagte vor der Presse, alle Parteien sollten Schritte vermeiden, die die bereits angespannte Situation verschlechtern könnten. Alle Seiten sollten Ruhe bewahren.

China, der engste Verbündete des weitgehend isolierten Nordkoreas, rief ebenfalls zur Zurückhaltung auf. „Wir hoffen, dass alle betroffenen Parteien an der Richtung der politischen Lösung der Halbinsel-Frage festhalten, sich auf halbem Weg begegnen und eine Eskalation der Situation verhindern“, erklärte das Außenministerium in Peking.

Korea war jahrzehntelang japanische Kolonie und wurde 1945 nach Ende des Zweiten Weltkrieges und der Kapitulation Japans entlang des 38. Breitengrades in zwei Besatzungszonen geteilt. Der Norden stand unter Verwaltung der Sowjetunion, der Süden unter der der USA. 1950 begann der Krieg zwischen den beiden koreanischen Staaten, der 1953 mit einem Waffenstillstand endete. Weil Nord- und Südkorea bis heute keinen Friedensvertrag geschlossen haben, befinden sich beide Staaten noch immer im Krieg.

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