Spaniens Eliteeinheit und der Faschismus: Fehlende Aufarbeitung

Die Spanische Legion, eine militärische Eliteeinheit, feiert ihren 100. Geburtstag. Ihre im Faschismus begangenen Verbrechen werden ausgeblendet.

Mit aufgepflanzenten Bajonett, Soldaten der Spanischen Legion am 20.9.20 in Almeria

Mitglieder der Spanischen Legion am 20.9.20 in Almeria beim Festakt in Anwesenheit des Königs Foto: Lorenzo Carnero/Imago

Die spanische Legion feiert 100 Jahre ihres Bestehens. Da darf es an großen Reden nicht fehlen. Beispiele: „Die Legion repräsentiert das Beste in der Geschichte Spaniens.“ Ohne sie könne man „die freie Welt, unser Europa, nicht verstehen“. Was wie das Hohelied der spanischen Rechten auf die Truppe klingt, stammt von Margarita Robles, Verteidigungsministerin in der regierenden spanischen Linkskoalition aus sozialdemokratischer PSOE und Unidas Podemos von Ministerpräsident Pedro Sánchez.

Robles wandte sich in einer Videoansprache an „die Legionärsfamilie“, der sie sich „eng verbunden fühle“. Spaniens König Felipe VI. ließ es sich nicht nehmen, höchstpersönlich zu den Feierlichkeiten nach Almeria zu reisen.

Dabei war gerade die Legión Española für ihre Brutalität bekannt. Sie war an Kolonialkriegen beteiligt, an der Niederschlagung heimischer Aufstände und an Putsch und Bürgerkrieg gegen die Republik. Spaniens Staatschef nahm nun die Parade der Truppen ab, die auch heute oft das Herzstück bei Auslandseinsätzen bildet. Er hörte dabei auch die Legionshymne „Der Verlobte des Todes“. Sie wird bei Veranstaltungen der rechtsextremen Partei Vox immer wieder gespielt.

Anlässlich des Jubiläums erschienen einige Bücher. Die meisten Tageszeitungen kramten allerlei Anekdoten aus und veröffentlichten Hochglanzreportagen aus den Kasernen. Nur wer Kritisches suchte, hatte es schwer. Luis Gonzalo Segura von der Onlinezeitschrift Ctxt – Contexto, die von ehemaligen Journalisten der größten spanischen Tageszeitung El País gegründet wurde, ist einer der wenigen, der aus der allgemeinen Feierstimmung ausschert.

Die rechte Hand Francos

„Es scheint angebracht, die bemerkenswertesten historischen Errungenschaften dieser Einheit, die der berühmte Faschist Millán Astray in einer Zeit des Aufstiegs dieser Ideologie, in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts, gegründet hat, Revue passieren zu lassen“, schreibt er. Gonzalo Segura war selbst Oberstleutnant der spanischen Armee. 2015 wurde er unehrenhaft entlassen, nachdem er Korruption und Machtmissbrauch in der Armee öffentlich anprangerte.

„Blumengedeck“ aus abgeschlagenen Köpfen von Rebellen

Die Geschichte der Truppe, die einst, wie die französische Fremdenlegion, Ausländer, Justizflüchtlinge und allerlei zweifelhafte Charaktere aufnahm, hat mehr als einen dunklen Fleck. Von einem „Blumengedeck aus abgeschlagenen Köpfen“ von Rebellen im nordafrikanischen Riffgebirge als Geschenk anlässlich des Besuchs einer Gräfin berichtet Ctxt. Ebenso von aufgespießten Köpfen bei einer Militärparade.

Am 28. Januar 1920 per Dekret offiziell gegründet, schrieben sich die ersten Freiwilligen am 20. September des gleichen Jahres ein, um schon bald in Marokko antikoloniale Aufstände niederzuschlagen. Der erste Chef der Legión Española war José Millán Astray. Sein Stellvertreter kein Geringerer als der spätere Diktator Francisco Franco.

Franco war der Anführer des Militärputsches 1936. Nach dem Sieg im Bürgerkrieg 1939 regierte er Spanien bis 1975. Millán Astray war sein Propagandachef. In Spanien ist er bis heute bekannt durch seine Parolen „Es lebe der Tod“ und „Tod der Intelligenz“ während eines Vortrags des Philosophen und Schriftsteller Miguel Unamuno an der Universität in Salamanca 1936.

Erst Fremdenlegion, dann Heimatterror

„Tatsächlich haben die spanischen Faschisten (…) die in den Kolonien angewandten Praktiken auf Europa übertragen“, schreibt Gonzalo Segura. Und die Liste der Verbrechen der Legion im europäischen Heimatland ist lang. 1934, noch während der Republik, bereitete Kommandant Franco die Niederschlagung eines Arbeiteraufstands im nordwestspanischen Asturien vor.

Er holte dazu seine Afrikatruppen auf die Iberische Halbinsel. „Jeden Tag haben wir ungefähr vierhundert Gefangene gemacht und sie sofort über die Klinge springen lassen“, zitiert die Onlinezeitung El Español aus dem Dokument eines damals Beteiligten.

Im Spanischen Bürgerkrieg kämpfte die Legion mit ungeheurer Brutalität aufseiten der Putschisten. 4.000 Zivilisten wurden allein in der Stierkampfarena von Badajoz erschossen. Verantwortlich waren Soldaten unter dem Kommando von General Juan Yagüe Blanco, der wie Franco und Millán Astray in Nordafrika sein Kriegshandwerk erlernte.

Durch die gleiche Schule war auch General Gonzalo Queipo de Llano gegangen, der die Putschisten in Andalusien führte und dort unter anderem die Hinrichtung des Dichters Federico García Lorca anordnete.

„Traurige Episoden“

Die Legion wird auch systematischer sexueller Verbrechen während des Spanischen Bürgerkriegs bezichtigt. Nach dem Zweiten Weltkrieg bot sie geflüchteten Nazis Unterschlupf. Und auch in den neueren Jahren der Demokratie geriet sie in den Fokus. Sie soll beim Krieg gegen Saddams Regime im Irak gefoltert haben.

Für General Marcos Llago, den heutigen Chef der Legion, sind all dies nur „traurige Episoden – auf die wir sicherlich nicht stolz sind“. Im Interview sagt er, die Legion sei ein Vorbild für „absolute Hingabe“ und „Opferbereitschaft“.

Ein Bataillon der Legion in Melilla trägt immer noch den Namen „Comandante Franco“ auf ihren Fahnen, wie das Onlinemedium Público berichtet. Und zeichnet ihre Papiere weiterhin so: „Unsere Rasse ist noch nicht ausgestorben.“

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