Spanien, Land der Wasserverschwender: Flut bedroht die Weltausstellung
Gastgeber Spanien ist nicht gerade ein Vorbild beim Expo-2008-Thema "Wasser". Keiner in Europa verbraucht so viel kostbares Nass wie die Iberer. Doch die Natur rächt sich.
MADRID taz Ausstellungen werden oft dem gewidmet, was die menschliche Zivilisation erfolgreich zerstört hat: ausgestorbenen Kulturen, stillgelegten Industrien oder den Resten der vom Raubbau betroffenen Naturressourcen. Auf der Weltausstellung Expo 2008 im spanischen Zaragoza setzen die Veranstalter ab Samstag dem Wasser ein Denkmal. 95 Teilnehmerländer stellen ihre Visionen von "Wasser und nachhaltiger Entwicklung" vor. Gastgeber Spanien versteht es, sich gut ins Bild zu setzen. Mit der spanischen Realität hat die Expo jedoch nicht viel zu tun.
Spanien verschwendet das kostbare Nass wie sonst niemand in Europa. 265 Liter pro Kopf und Tag verbrauchen die Einwohner. Das ist gut doppelt so viel wie der Durchschnittsdeutsche oder -österreicher.
Insgesamt gehen 80 Prozent des Wassers in die Landwirtschaft, 14 Prozent in den menschlichen Konsum und 6 Prozent in die Industrie. Um die immense Nachfrage zu befriedigen, werden ganze Flussläufe trockengelegt. Die spanische Philosophie lautet: Wasser, das ins Meer läuft, ist verlorenes Wasser. 1.200 Stauseen sollen so viel wie möglich Wasser zurückhalten. Ein weit verzweigtes Netz aus Kanälen und Rohrleitungen verteilt es im Land.
Mit der auf der Expo gepriesenen Nachhaltigkeit hat dies wenig zu tun. Mancherorts wird so viel Grundwasser abgepumpt, dass Landstriche verwüsten oder das salzhaltige Meerwasser in die Grundwasserschichten eindringt - wie bei Almería.
Zur legalen Infrastruktur kommen 500.000 Brunnen, die die Bauern überall im Lande illegal geschlagen haben. 45 Prozent der Grundwasserförderung erfolgen ohne Lizenz. Ernsthaft einschreiten wollen weder die Regionalregierungen noch Madrid. Denn wer den Bauern auf die Finger klopft, könnte Wählerstimmen verlieren.
Ein immer größerer Teil des Bedarfs entsteht durch den Tourismus. Bettenburgen an der Küste verlangen nach mehr Wasser. Und ausgerechnet im trockenen Spanien ist Golf nach Fußball, Motorsport und Basketball schon die viertbeliebteste Sportart. 374 Golfplätze nennt Spanien sein eigen. Jeder braucht so viel Wasser wie eine Kleinstadt.
Dabei ist es höchste Zeit für einen Wandel im Umgang mit dem Wasser. Laut dem Bericht der Europäischen Umweltschutzagentur (EEA) zum Klimawandel gehört Spanien zu den europäischen Ländern, die am meisten unter der Erderwärmung leiden. Die großen Flüsse des Landes haben in den letzten hundert Jahren bis zu 23 Prozent ihrer Wassermenge verloren. Im Süden Europas ging die Niederschlagsmenge im gleichen Zeitraum um 20 Prozent zurück. Die EEA schätzt, dass die Niederschläge künftig alle zehn Jahre um ein Prozent zurückgehen. Bis zum Ende des Jahrhunderts könnte so mancher spanische Fluss bis zu 50 Prozent seiner Wassermenge verlieren. "Die Perioden extremer Trockenheit und des Wassermangels werde zum chronischen Problem auf der Iberischen Halbinsel", warnt Greenpeace. Der Aufruf der Umweltorganisation, die Vorkommen "vernünftig zu verwalten" und Wasser zu sparen, wird allerdings auch im Jahr der Wasser-Expo ungehört verhallen.
Und auch was die Wasserlandschaften angeht, begeht Spanien einen Raubbau wie sonst niemand in Europa. Die Überschwemmungsflächen der Flüsse werden bebaut, obwohl sie als Gemeindeland geschützt sind. Regnet es heftiger, holt sich das Wasser zurück, was ihm gehört - und überschwemmt ganze Siedlungen. Wie in Zaragoza: Nach einem überraschend regnerischen Mai ist der Ebro über seine Ufer getreten. Die Eröffnungsfeier der Expo kann nicht wie geplant im neuen Amphitheater stattfinden. Denn das gleicht einem See.
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