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Sondierungsgespräche in BerlinEnteignung setzt SPD unter Druck

Bert Schulz
Kommentar von Bert Schulz

Die nächste Koalition muss eine klare Linie zum Enteignen-Volksentscheid haben. Die Glaubwürdigkeit der SPD steht auf dem Spiel.

Ton in Ton: CDU-Chef Kai Wegner (l.) mit Franziska Giffey und Raed Saleh (beide SPD) am Montag Foto: dpa

D erzeit läuft ein politisches Ritual: Alle im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien außer der AfD reden miteinander, wie eine künftige feste Zusammenarbeit aussehen könnte. Die Sondierungen gehen dabei nicht nur von der SPD aus, auch zweit-, dritt- usw. -platzierte Parteien treffen sich. Nach außen hin wird diese Offenheit untereinander als demokratische Tugend verkauft, obwohl einige Gespräche eher Pro-Forma-Charakter haben.

In allen wichtigen Runden jedoch dürfte der Umgang mit dem Enteignen-Volksentscheid eine zentrale Rolle spielen. Denn jede künftige Koalition braucht dafür einen gemeinsamen Kurs, selbst wenn der nur darin bestehen sollte, das klare Ergebnis pro Enteignungen zu ignorieren.

Je linker die Parteien sind, desto schwerer dürfte ihnen das fallen – schließlich ist es ebenfalls eine demokratische Tugend, die Meinung des Souveräns, also der Berliner*innen, zu achten. Insbesondere für die SPD ist die Situation verzwickt: Zahlreiche Mitglieder haben die Ziele der Initiative unterstützt; Spitzenkandidatin Franziska Giffey hingegen hat sich klar dagegen ausgesprochen.

Entscheiden sich Giffey und die Partei für eine Koalition mit den Enteignungsgegnern CDU und/oder FDP, wäre auch jedem SPD-Mitglied klar, dass der Entscheid auf keinen Fall umgesetzt beziehungsweise das nicht mal ernsthaft versucht würde. Innerparteilich dürfte das zu massiven Spannungen führen.

Am Ende könnte der Umgang mit dem Volksentscheid den Ausschlag für die nächste Koalition geben.

Mit Grünen und Linken zusammen müsste die SPD zumindest ernsthaft daran arbeiten, einen rechtssicheren Enteignungs-Gesetzentwurf zu entwickeln. Ob das am Ende gelingt, ist offen. Es aber gar nicht zu versuchen, würde die Partei zudem – und das völlig zu Recht – der Empörung der Mietenbewegung und vieler Mie­te­r*in­nen aussetzen.

Das kann sich die SPD, die zuletzt ihre soziale Ader betonte, nicht leisten. Am Ende könnte also der Enteignungs-Volksentscheid mit seinem klaren Ja auch entscheiden, welche Koalition aus dieser Abgeordnetenhauswahl hervorgeht.

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Bert Schulz
Ex-Leiter taz.Berlin
Jahrgang 1974, war bis Juni 2023 Leiter der Berlin-Redaktion der taz. Zuvor war er viele Jahre Chef vom Dienst in dieser Redaktion. Er lebt seit 1998 in Berlin und hat Politikwissenschaft an der Freien Universität studiert.
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10 Kommentare

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  • Viele Mieter halten Enteignen für Unsinn.

    • @eicke81:

      Viele Mieter finden Enteignen sinnvoll!

  • Sehr gute Analyse. Leider befürchte ich, dass Fr. Giffey dem 'Wer hat uns verraten' Vorschub leisten wird.

  • Das sehe ich anders ich habe dieses Mal die SPD gewählt weil sie sich klar gegen die Enteignung ausgesprochen hat und habe mich gegen die Linke entschieden. Und jeder der die spd oder eine andere Partei die gegen die Enteignung ist gewählt muss damit rechnen das diese nicht durchgesetzt wird. Und außer den Linken hat dich niemand für die Enteignung eingesetzt…. Daher sollte man diese Initiative nicht zu ernst nehme eher symbolisch… wie beim Tegel Entscheid war ja genauso nicht durchführbar nur schade um die Arbeit und das Geld was hier wieder verschwendet wird anstatt an wirklichen Alternativen für bezahlbaren Wohnraum zu arbeiten

    • @Keiner Weises:

      Nur sieht die Mehrheit der Berlinier*innen es eben anders als Sie, und hat für die Enteignung gestimmt.



      Demokratie heißt, dass man diese Mehrheit eben nicht einfach ignorieren darf, auch wenn Sie persönlich eine andere Meinung haben.

      Und auch wenn die Minderheit leider strukturell mehr Macht/Geld/Einfluss hat...

      • @J. H.:

        Und wieso hat dann keiner die Linken gewählt welche als einzige Partei die Initiative umsetzen möchte ? Und wieso wurde der Tegel Volksentscheid nicht umgesetzt? Und wir leben immer noch in einer parlamentarischen Demokratie… Gott sei Dank … sonst würde es wahrscheinlich viel mehr von solchen populistischen Entscheiden geben.

        • @Keiner Weises:

          …weil es bei der Wahl nicht nur um die Frage der Enteignung ging.

  • Am Ende schnurzpiepegal was die Politik aus der Enteignung macht. Sie löst nicht das Problem, sie schafft nur neue.

    • @AlexMasterP:

      Wie löst man denn das Problem besser als durch Enteignung?

  • Seht ihr, was diese Leute da in den Händen haben ?

    Es ist Sand.

    Sand den uns in die Augen streuen wollen ...