Sondierungen zur Regierungsbildung: Söders Startschuss für den Neustart
Während CDU-Chef Armin Laschet weiter auf Jamaika-Verhandlungen hofft, erklärt CSU-Chef Markus Söder diese quasi für gescheitert. War’s das jetzt?
Während man sich am Mittag in der CDU-Zentrale noch sortiert, hat Markus Söder, der CSU-Vorsitzende, bereits für 13 Uhr eine Pressekonferenz in München angekündigt. Wieder einmal wirkt die CSU besser aufgestellt als die große Schwesterpartei, wieder einmal sieht es so aus, als würde Söder die Deutungsmacht für die Lage der Union für sich beanspruchen. Und so kommt es dann auch – auch wenn Laschet doch schneller mit einem Statement für die Presse ist.
Am Rande der Landtagssitzung in Düsseldorf sagt der CDU-Chef ein paar sehr knappe Sätze in die aufgestellten Fernsehkameras, angekündigt hat die Parteizentrale dies nicht. „Wir stehen bereit als Gesprächspartner, CDU und CSU“, sagt Laschet und bekräftigt damit die Bereitschaft der Union zu weiteren Sondierungsgesprächen. Man respektiere aber, dass es jetzt Gespräche zwischen SPD, Grünen und FDP gebe. „Die Ausgangslage für eine neue Bundesregierung ist seit dem 26. September klar: Wir liegen auf Platz 2.“ Zu seiner persönlichen Zukunft und einer Neuaufstellung der CDU: kein Wort. Ob Laschet wirklich noch hofft, dass die Ampel platzt und Jamaika am Ende seine politische Karriere retten wird?
Söder lässt für diese Hoffnung nicht viel Platz. Er deutet die grün-gelbe Entscheidung als eine „De-facto-Absage an Jamaika“: FDP und Grüne hätten sich für den Weg der Ampel entschieden. „Den müssen sie jetzt auch konsequent gehen“, so Söder. Er bedauere diese Entscheidung ausdrücklich. Jetzt aber, so Söder weiter, müsse die Realität anerkannt werden. „Wir müssen uns damit vertraut machen, dass es eine Regierung ohne die Union gibt.“ Zwar bleibe die Union gesprächsbereit, aber nicht „in einer Art Dauer-Lauerstellung“. Es gehe nun auch um „Selbstachtung und Würde“: „Die Union ist auch nicht jetzt, nach einer so klaren Vorprägung, das Ersatzrad und nur dazu da, quasi immer ein gewisses Druckmittel zu erzeugen in den Verhandlungen“, fügt der CSU-Chef hinzu. Man weiß nicht, ob Söder Laschets Kurzauftritt zuvor gesehen hat. Und doch wirken Söders Worte wie ein Schlag gegen den ohnehin mehr als angeschlagenen CDU-Chef.
Peter Altmaier (CDU), Wirtschaftsminister
Noch will Armin Laschet offenbar nicht aufgeben
Fragen zur Zukunft Laschets lässt Söder zwar unbeantwortet. Doch mit dem zumindest temporären Schlusspunkt, den er hier erst einmal hinter Jamaika setzt, gibt er quasi den Startschuss für die Neuaufsstellung der Schwesterpartei. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt legte kurz darauf in Berlin nach: „Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass wir in dieser Legislaturperiode als Oppositionsfraktionen arbeiten müssen. Damit sind es zwei CSU-Politiker, die am Mittwoch Jamaika die deutlichste Absage von allen erteilten. Die Grünen und vor allem die FDP hatten zuvor betont, dass ein Bündnis mit der Union weiterhin eine Option bleibe.
In der CDU aber dürften Söders Aussagen auf fruchtbaren Boden fallen. Hier warten nach dem Debakel am Wahlsonntag viele sehnlichst auf eine Art Startschuss für den Neuanfang, wie ihn Söder nun quasi gegeben hat. Ganz schnell äußert sich Wirtschaftsminister Peter Altmaier. „Soeben hat der Ampel-Zug den Bahnhof verlassen“, schreibt Altmaier auf Twitter. Zum ersten Mal seit 41 Jahren würden FDP und SPD ernsthaft über eine Koalition verhandeln. „CDU/CSU sind Beobachter. Wir müssen jetzt unsere Hausaufgaben machen und zeigen, dass wir die Lektion vom 26. 9. verstanden haben.“
Auch CDU-Vizechefin Julia Klöckner spricht von einer „Zäsur“: „So hart das ist, aber wir müssen diese Situation jetzt als Chance begreifen“, sagt sie der Rheinischen Post. „Es muss eine neue Dynamik in unserer Partei entstehen.“ Die CDU habe nun die Aufgabe, sich „inhaltlich und personell zu prüfen“.
Hinter den Kulissen bringen sich längst einige als Nachfolger Laschets in Stellung, Friedrich Merz hat bereits angekündigt, es ein drittes Mal mit einer Kandidatur für den Parteivorsitz zu versuchen. Auch Gesundheitsminister Jens Spahn und Außenpolitiker Norbert Röttgen werden Ambitionen nachgesagt. Andere halten eher Ministerpräsidenten wie Daniel Günther oder Tobias Hans für die Zukunft der CDU. Noch aber will Armin Laschet offenbar nicht aufgeben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist