Sogenannte „Armuts-Challenge“: Einmal arm? Das bringt doch nichts
Die österreichische Sozialministerin wird aufgefordert, einen Monat lang von 150 Euro zu leben. Doch Armut ist nicht so leicht erfahrbar.
Die Aussagen der österreichischen Sozialministerin Beate Hartinger-Klein zur Reduzierung der Mindestsicherung stoßen in Österreich auf Kritik. Die Abgeordnete der rechtspopulistischen Regierungspartei FPÖ hatte in einem Interview mit den Nachrichtensender oe24.tv gesagt, man könne im Monat von 150 Euro leben, wenn einem die Wohnung gestellt werde.
Eine Gruppe von Unternehmern kritisiert das Vorhaben und lud Hartinger-Klein zu einem Selbstversuch ein. Die Bedingungen der sogenannten Armuts-Challenge sind einfach erklärt: Schafft es die Sozialministerin einen Monat lang ohne fremde Hilfe von 150 Euro zu leben, spenden die Initiator*innen ein Minister*innengehalt von 17.511 Euro an eine gemeinnützige Organisation.
Initiator dieser Aktion ist Stefan Sengl, der bei einer Wiener PR-Agentur arbeitet und kurzzeitig Kampagnenleiter von Christian Kern (SPÖ) war.
Der Gedanke, der hinter der Aktion steckt, ist ein guter. Denn kein Mensch sollte von 5 Euro am Tag leben müssen. Doch um das zu zeigen, braucht es keinen Selbstversuch einer privilegierten Ministerin.
Die Frage ist eine andere
In den sozialen Medien beginnen User*innen eine Liste zu erstellen, wie man mit dem wenigen Geld einen Monat lang auskommen kann. Wiederum andere erstellen Listen, die aufzeigen sollen, dass es nicht möglich ist, sich mit diesen Finanzen gesund zu ernähren.
Doch die Frage sollte nicht lauten, ob Menschen mit 150 Euro im Monat zurechtkommen, sondern ob eine Gesellschaft möchte, dass Menschen mit einem derartig niedrigen Betrag im Monat auskommen müssen. Denn finanzielle Armut schließt Menschen aus dem politischen, gesellschaftlichen und kulturellem Leben aus und verringert ihre Chancen auf Bildungsgleichheit und auf dem Arbeitsmarkt.
Wer also einmalig von 150 Euro leben muss, hat dadurch nicht zwangsläufig eine Vorstellung davon, wie es ist, chronisch arm zu sein. Besser wäre es, mit in Armut lebenden Menschen zu sprechen, um Privilegierten auf diese Weise sichtbar zu machen, wie es ist, mit so wenig Geld auszukommen.
Die 17.511 Euro sollten die Initiator*innen natürlich trotzdem an eine gemeinnützige Organisation spenden. Das kann nie schaden.
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