Smog in Paris: Statt der Liebe steht die Luft
Die französische Hauptstadt versinkt im schlimmsten Wintersmog seit Jahren. Selbst Fahrverbote für Autos bringen kaum Verbesserungen.
Paris taz | In Paris herrscht Smogalarm, bereits zum dritten aufeinanderfolgenden Tag, und eine rasche Besserung ist so schnell nicht zu erwarten. Noch nie in den letzten zehn Jahren sei die Verschmutzung mit Feinpartikeln so dramatisch gewesen wie jetzt, sagen die Experten aufgrund ihrer Messwertvergleiche.
Die Behörden haben darum seit Dienstag drakonische Maßnahmen ergriffen, um dem Pkw-Verkehr zu reduzieren. Einmal dürfen nur Automobilisten fahren, deren Kfz-Kennzeichen mit einer geraden Zahl endet; am Tag darauf haben sie Fahrverbot, und die anderen mit ungeraden dürfen ihr Privatfahrzeug benutzen. Bei Zuwiderhandlung droht eine Geldstrafe von 22 Euro. Ein Blick auf den Straßenverkehr selbst mitten in Paris genügt, um zu sehen, dass sich viele buchstäblich einen Dreck um die Verbote wegen der Luftqualität kümmern.
Die besonderen Wetterbedingungen erklären diese alarmierende Situation: Seit Tagen liegt eine Hochdruckzone wie eine Glocke über Frankreich; es herrscht praktisch Windstille, und die am Boden tieferen Temperaturen tragen ebenfalls dazu bei, dass die Konzentration der Feinpartikel steigt. Für kommende Woche sagen die Meteorologen bereits die Ankunft neuer Hochdruckgebiete voraus. Paris droht damit eine Wetterlage, wie sie das Smog geplagte Peking jeden Winter erlebt.
Tote durch Smog
Laut der Gesundheitsbehörde gehen jedes Jahr in Frankreich 48'000 vorzeitige Todesfälle auf das Konto dieser Verschmutzung, was umgerechnet einer Verkürzung der Lebenserwartung um zwei Jahr für die heute 30-Jährigen entspreche, hat François Bourdillon von der Agentur für öffentliche Gesundheit gewarnt.
Andere Experten dagegen meinen eher beschwichtigend, früher sei die Luftqualität wegen des Heizens mit Kohleöfen noch bei Weitem schlechter gewesen. Das freilich sei kein Grund, jetzt nichts zu tun, auch wenn die dekretierten Verkehrsbeschränkungen mehr eine Symptombehandlung sei, die nicht radikal bei den eigentlichen Ursachen anpacke.
Über die Effizienz der alternierenden Fahrverbote kann diskutiert werden, denn laut vorliegenden Messwerten ist dank ihnen die Konzentration der Feinpartikel in Paris nur um etwa vier Prozent gesunken. Dennoch hat jetzt auch die Stadt Lyon analoge Maßnahmen angeordnet.
Nahverkehr überlastet
Mit oder ohne Smog wäre es für die Stadtbehörden wünschenswert, wenn die Leute vermehrt vom PKW auf die öffentlichen Transportmittel umstiegen. Seit Jahren versucht die Pariser Bürgermeisteramt, für die Bewohner der Hauptstadt und der Vororte das Halten von Privatautos unattraktiv zu machen und dafür mit Fahrradspuren oder Elektro-Mietautos Alternativen anzubieten.
Der Ausbau und die Modernisierung des öffentlichen Verkehr aber hat dabei nicht mitgehalten. Ausgerechnet während der höchsten Smog-Werte am Mittwoch fielen mehrere Linien der RER-Schnellbahn während Stunden aus. Die Einsichtigen, die ihr Auto brav zu Hause gelassen hatten, wurden so für ihr Umweltbewusstsein auch noch mit langen Wartezeiten gestraft.