Skandal um Polizeischule in Kolumbien: Feier mit Nazikostümen

An Kolumbiens Polizeischule sollte Internationalität demonstriert werden. Das Gastland Deutschland wurde mit Nazi-Requisiten und Hitler begrüßt.

Vor dem Eingang der Polizeisschule steht ein als Adolf Hitler verkleideter Mann mit Schäferhund, daneben Luftballons in Schwarzrotgold

Inzwischen gelöschtes Foto vom Twitter-Account von Kolumbiens Polizei Foto: Screenshot Twitter Policia Nacional de Colombia

BOGOTÁ taz | Der selbst gebastelte und bemalte riesige Pappmaché-Kampfjet, das Schild mit der deutschen Aufschrift „Geschichte der Polizei“, die Burg als Eingang, all die Uniformen, Fahnen und Hakenkreuze und ein stramm stehender Adolf Hitler samt echtem Schäferhund: An der Polizeischule müssen sie die „pädagogische Aktivität“ Tage, ja Wochen vorbereitet haben – und niemand fand etwas dabei. Es sollte der ganz große Auftritt werden.

Mit ihrer Nazi-Interpretation der „Woche der Internationalisierung“ für das „Gastland Deutschland“ wurde die Polizeischule Simón Bolívar in Tulúa im Valle del Cauca tatsächlich in ganz Kolumbien schlagartig bekannt. „Mit diesem kulturellen Austausch stärken wir die Kenntnis unserer Polizeischüler. #Polizeitransformation #PolizistSeinIstEineEhre“ schrieb die nationale Polizei über das regionale Engagement in den sozialen Medien. Diesen und andere Jubel-Posts findet man jetzt nur noch als Screenshots.

Der deutsche und israelische Botschafter machten Stunden später, als die Empörung in den sozialen Medien hochkochte, mit einem gemeinsamen Tweet klar, dass sie diese Hommage entschieden ablehnen. „Solche Veranstaltungen sind nicht nur für Juden, sondern auch für alle Opfer des Naziregimes und seiner Verbrecher empörend und direkt beleidigend.“

Sie forderten die Regierung auf, die Bildung in den offiziellen Institutionen und den Bildungseinrichtungen über den Holocaust zu verstärken. Auch der US-Botschafter zeigte sich „konsterniert und tief enttäuscht“.

Die Polizei entschuldigt sich bei der jüdischen Community

Die Polizei hat in Kolumbien einen schlechten Ruf. Allein dieses Jahr hat ihre Anti-Aufstands-Einheit nach Recherchen von Nichtregierungsorganisationen bei Protesten mindestens 40 Demonstrierende ermordet. Wegen Menschenrechtsverletzungen hagelte es internationale Kritik.

Die Polizei untersteht bis heute wie die Armee dem Verteidigungsministerium statt dem Innenministerium. Die Führungskräfte werden an einer Uni ausgebildet, die sich als Dozenten mehrfach einen Neonazi aus Chile einlud. Vor Kurzem unterzeichneten Deutschland und Kolumbien eine Verteidigungsvereinbarung. Ob das die Polizeischule inspiriert hatte?

Die Polizei entschuldigte sich bei der jüdischen Gemeinschaft und allen Beleidigten. Das Wissen solle künftig anders vermittelt werden, sagte Generalbrigadier Jackeline Navarro Ordóñez, die nationale Direktorin der Polizeischulen.

Der Leiter der Polizeischule wurde abgesetzt, mehrere Führungskräfte bekommen ein Disziplinarverfahren. Präsident Iván Duque distanzierte sich, sagte aber gleichzeitig: „Ich werde nicht erlauben, die Polizei nationalsozialistisch zu nennen.“

Für viele Kolumbianerïnnen ist ein weiterer Skandal, dass auf die internationale Empörung nach der Naziparty mehr personelle Konsequenzen und Entschuldigungen der Polizei folgten als auf die Menschenrechtsverletzungen während der Proteste.

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