Skandal an der JVA Augsburg-Gablingen: Anwälte richten Forderungen an Söder
Nach schweren Vorwürfen wegen möglicher Häftlingsmisshandlung in einer JVA in Augsburg gerät das bayrische Justizministerium unter Druck.
Sie begründen das in dem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, damit, dass das Ministerium eingeräumt hat, schon seit einem Jahr von Vorwürfen das Gefängnis betreffend gewusst zu haben.
„Wer aber von möglichen Missständen bei der Unterbringung in besonders gesicherten Hafträumen weiß und darüber informiert ist, dass weiterhin Unterbringungen in solchen Hafträumen stattfinden, gleichzeitig aber keine Maßnahmen ergreift, die etwaige Missstände sicher ausschließen, bei dem steht eine Strafbarkeit wegen Körperverletzung im Amt durch Unterlassen im Raum“, schreiben die Anwälte Alexander Stevens und Holm Putzke. „Solange insoweit ein dringender Tatverdacht nicht zweifelsfrei ausgeräumt ist, darf eine selbst betroffene Behörde nicht weiter in die Ermittlungen involviert werden.“ Es bestehe sonst Verdunklungsgefahr.
Die Anwälte haben nach eigenen Angaben außerdem eine Anzeige gegen Unbekannt „wegen des dringenden Tatverdachts einer Strafbarkeit wegen Körperverletzung im Amt durch Unterlassen“ bei der Münchner Staatsanwaltschaft erstattet, wie sie der dpa sagten.
Eine Sprecherin des Justizministeriums teilte am Abend mit, das Justizministerium sei Rechts- und Fachaufsichtsbehörde gegenüber den Justizvollzugsanstalten und damit im Rahmen der Dienstaufsicht zuständig für die Überprüfung der Vorwürfe im Zusammenhang mit der JVA Augsburg-Gablingen. „Diese Aufgabe nimmt das Justizministerium wahr.“
Justizminister Eisenreich hat Stellungnahme angekündigt
Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) hat inzwischen angekündigt, die Öffentlichkeit am Donnerstagvormittag über den Stand der Ermittlungen informieren zu wollen. Zudem will er am 7. November im Landtagsausschuss für Verfassung und Recht Bericht erstatten, wie das Ministerium mitteilte. Die im Raum stehenden Vorwürfe seien gravierend und müssten rückhaltlos aufgeklärt werden, so Eisenreich. „Straftaten im Justizdienst sind inakzeptabel.“
Zuvor hatten Oppositionsparteien Kritik am Vorgehen des CSU-geleiteten Ministeriums geäußert. Die Grünen-Fraktion im Landtag richtete einen langen Fragenkatalog an die Staatsregierung.„Wenn man sich alles ansieht, was bisher bekannt ist, ist es schon schwer irritierend, dass nicht viel früher eine intensive Kontrolle in der betreffenden JVA stattgefunden hat“, sagte Toni Schuberl, Sprecher für Recht. Sollten sich die Vorwürfe erhärten, hätten „nicht nur einzelne Menschen, sondern das ganze System versagt“.
Die Sprecherin für Recht und Justiz der SPD-Landesgruppe Bayern im Bundestag, Carmen Wegge, sprach von einem Skandal: „Warum wurde nicht schneller eingegriffen? Was haben er und sein Ministerium getan, als es von den Misshandlungen Kenntnis hatte?“
Vorwürfe schon länger bekannt
Am Wochenende waren Ermittlungen zu Vorwürfen wegen möglicher Häftlingsmisshandlung gegen mehrere Mitarbeiter der JVA Augsburg-Gablingen bekanntgeworden. Wie viele Beschuldigte es sind, sagten weder die Staatsanwaltschaft Augsburg noch das Justizministerium. Das bestätigte allerdings, dass Disziplinarmaßnahmen gegen die Beschuldigten eingeleitet und Betretungsverbote für die JVA verhängt wurden. Zudem räumte das Ministerium ein, bereits seit einem Jahr Kenntnis von den Vorwürfen zu haben.
Bei den Ermittlungen geht es um den Anfangsverdacht der Körperverletzung im Amt. Zu den Beschuldigten gehört auch die stellvertretende Leiterin des Gefängnisses, die die Vorwürfe über ihre Anwälte entschieden zurückwies.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Streit in der SPD über Kanzlerkandidatur
Die Verunsicherung