piwik no script img

Situationsbericht des BauernverbandsBauern erwarten niedrigere Gewinne

Coronakrise und Afrikanische Schweinepest setzen Höfe unter Druck, warnt der Bauernverband. Lidl erhöht nach Protesten von Landwirten einige Preise.

650.000 Schweine warten auf ihre Schlachtung Foto: Friso Gentsch/dpa

Berlin taz | Der Deutsche Bauernverband rechnet damit, dass der durchschnittliche Gewinn der Agrarbetriebe im laufenden Wirtschaftsjahr fällt. Das geht aus dem am Donnerstag veröffentlichten Situationsbericht der Organisation hervor. „Bei den Schweinebetrieben sieht es zappenduster aus“, sagte Präsident Joachim Rukwied über den zweitwichtigsten Zweig der Branche. Diese Bauern erhielten nur noch „katastrophale Erzeugerpreise“. Die im vergangenen Jahr unterdurchschnittlichen Ergebnisse von Milchvieh- und Ackerbaubetrieben würden sich kaum verändern.

Die 270.000 deutschen Landwirte produzieren rechnerisch laut Statistischem Bundesamt rund 90 Prozent der Lebensmittel, die hierzulande verbraucht werden. In den vergangenen Wochen blockierten Hunderte Bauern mit ihren Traktoren Zentrallager von Supermarktketten wie Aldi und Lidl. Vor allem die Schweine- und Milchpreise gelten als zu niedrig, um die Kosten der Landwirte zu decken.

Die Coronakrise habe den Absatz mancher Produkte belastet, ergänzte Rukwied. Weil die Gastronomie mehrmals schließen musste, hätten Bauern einen Abnehmer verloren. „Hart getroffen hat uns der Ausbruch der Afrikanischen Schweinpest jetzt in der zweiten Hälfte des Jahres“ in Deutschland, so der Landwirt. Seitdem lassen die meisten Nicht-EU-Länder keine Importe von deutschem Schweinefleisch mehr zu. Die Bauern bekommen nur noch 1,19 Euro pro Kilogramm, benötigen aber laut Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands mindestens 1,70 Euro.

„Sie verlieren nach unseren Schätzungen rund 40 Millionen Euro pro Woche im Moment“, klagte Rukwied. Da die Fleischwerke coronabedingt weniger Tiere verarbeiteten, stauten sich in den Ställen immer noch 650.000 Schweine, die eigentlich schon hätten geschlachtet werden sollen. Das trug dazu bei, das die Erzeugerpreise landwirtschaftlicher Produkte im Oktober um 6 Prozent niedriger waren als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag berichtete.

Lidl hebt Preise

Zwar verdiente der durchschnittliche Agrar-Haupterwerbsbetrieb laut Bauernverband im Wirtschaftsjahr von Juli 2019 bis Juni 2020 mit 64.500 Euro 13 Prozent mehr als im Vorjahr. Aber: „Der starke Einbruch des Vorjahres konnte nicht ausgeglichen werden“, so die Lobbyorganisation. Das jetzige Preistief fresse die Gewinne auf, die die Schweinehalter 2019/20 gemacht hätten.

Während die Erlöse fielen, würden die Regeln etwa für den Tierschutz strenger, so Rukwied. „Das hat dazu geführt, dass die Frustration bei den Bauern sehr hoch ist, dass da Wut da ist.“

Lidl hat inzwischen als Reaktion auf die jüngsten Protestaktionen den Einkaufspreis für zehn Artikel aus dem Schweinefleischsortiment um 1 Euro pro Kilogramm angehoben. Als Folge steige der Verkaufspreis im gleichen Umfang, teilte der Discounter am Donnerstag mit. Er hatte vergangene Woche angekündigt, 50 Millionen Euro zusätzlich an die Landwirte über die Initiative Tierwohl auszuzahlen. Jetzt folge eine weitere Soforthilfemaßnahme, hieß es.

Das reiche nicht, kritisierte die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. „Wir brauchen weitergehende Maßnahmen, damit die tierhaltenden Betriebe auskömmliche Preise erhalten“, sagte Pressesprecherin Berit Thomsen der taz. Ein Vorschlag ist, dass sich zum Beispiel die Milchbauern zu Kartellen zusammenschließen, die die Produktionsmenge senken. Diese Idee lehnte Rukwied jedoch ab, weil sie aufgrund der hohen Zahl etwa von Molkereien „schlichtweg nicht umsetzbar“ sei.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Die oben aufgeführte sogenannte Krise sollte zum Anlass genommen werden, nicht innerhalb des problematischen Wirtschaftens zu bleiben, sondern dies tiefergehend zum Wohle von Mensch und Tier umzugestalten. Flankiert mit dem Erhöhen der unteren Einkommen, könnten die Preise für Tierprodukte massiv angehoben werden, Subventionen für ökologischen Landwirtschaft und Rückbau von Monokulturen, um Bäuer*innen besser zu entlohnen, damit nicht mehr so arme Konsument*innen sich ökologische Produkte leisten können, damit das Massensterben in den Schlachthöfen sowie auf den Felder wegen der Pestizide und Monokulturen ein Ende hat, die Tiervielfalt also möglichst erhalten bleibt und so insgesamt die notwendige Agrarwende angeschoben werden kann. Die Arbeit auf dem Land könnte aufgewertet werden und Menschen aus abzubauenden klima- und umweltschädlichen Branchen (Agrochemie, Auto-, Flugzeug, Rüstungproduktion usw.) neue Arbeitsplätze bieten.

    • @Uranus:

      Und wenn umgestaltet und umverteilt wird, dann doch bitte auch die Säge an die Dieselsubvention und deren fatale Lenkungswirkung legen....



      www.agrarheute.com...ntergruende-531401

      • @Heiner Petersen:

        Da stimme ich Ihnen zu. Allgemein geht es auch um die Senkung von CO2-Emissionen ...