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Sipri-Bericht über WaffenexporteRüstungskonzerne erzielen hohe Gewinne

Die israelische Rüstungsindustrie verzeichnete im Jahr 2023 Rekordeinnahmen. Auch international fahren die Rüstungsunternehmen ihre Kapazitäten hoch.

Auf der Rüstungsmesse in Paris stellt der Konzern KDS sein neues Panzermodell vor Foto: Chris Emil Janssen/imago

Härnosand taz | Die Rüstungsindustrie boomt, viele Unternehmen rüsten personell auf. Das ist einer der zentralen Erkenntnisse des Stockholmer Friedensforschungs­instituts Sipri, das sich wie jedes Jahr die weltweit 100 größten Rüstungskonzerne vorgenommen hat. An diesem Montag wird der aktuelle Bericht veröffentlicht.

Insgesamt nahmen die Unternehmen demnach im Jahr 2023 mit Kriegsgerät und militärischen Dienstleistungen 632 Milliarden Dollar ein – 4,2 Prozent mehr als im Jahr davor. Und der Markt werde wohl auch 2024 weiter wachsen, davon geht Sipri-Forscher Lorenzo Scarazzato aus.

„Die Rüstungseinnahmen der Top-100-Waffenproduzenten spiegeln noch nicht das ganze Ausmaß der gestiegenen Nachfrage wider“, erklärt Scarazzato. Viele Unternehmen seien dabei, Personal aufzubauen, deshalb könne man von deren Optimismus in Bezug auf künftige Geschäfte ausgehen.

Die 41 US-Unternehmen auf der Liste erwirtschafteten mit 317 Milliarden Dollar fast die Hälfte des weltweiten Umsatzes. Das war allerdings nur 2,5 Prozent Wachstum. Seit 2018 sind die oberen fünf Ränge ausschließlich von US-Unternehmen belegt. Ausgerechnet die beiden weltgrößten Rüstungsunternehmen, Lockheed Martin und RTX, verzeichneten 2023 eine kleine Delle.

US-Konzerne auf mehrstufige Lieferketten angewiesen

Die Erklärung der Experten: Für ihr breites Spektrum an Waffensystemen seien diese beiden US-Konzerne besonders auf komplexe, mehrstufige Lieferketten angewiesen. „Das machte sie anfällig für die schwelenden Lieferkettenprobleme des Jahres 2023“, erklärt Nan Tian, Leiter der Forschungsstelle für Militärausgaben und Waffenproduktion bei Sipri.

Die Einnahmen der 27 gelisteten europäischen Unternehmen (ohne Russland) wuchsen noch weniger als die in den USA – um nur 0,2 Prozent. Sie lagen zusammen bei 133 Milliarden Dollar. Sipri sieht darin aber keinen Hinweis auf schlechtere Geschäfte. Das geringe Wachstum im Vergleich zu anderen liege vielmehr darin begründet, dass hier besonders komplexe Waffensysteme gebaut würden.

Europäische Konzerne, die den gestiegenen Bedarf der Ukraine an Munition abdecken konnten, hätten auch größere Zuwächse verzeichnet, wie etwa der deutsche Rheinmetall-Konzern, der zudem mit Leopard-Lieferungen kräftig verdient habe. Das Umsatzwachstum in Deutschland allein liegt bei plus 7,5 Prozent.

Wie es in der russischen Rüstungsindustrie aussieht, ist laut Sipri schon seit der russischen Annexion der Krim 2014 nicht mehr leicht nachzuvollziehen. Seit dem Überfall auf die Ukraine 2022 hätten die meisten russischen Rüstungskonzerne ganz aufgehört, Zahlen zu veröffentlichen. Nur noch zwei russische Unternehmen fänden sich deshalb in der Top-100-Liste.

Russische Konzerne steigern Einnahmen

Sipri sieht den russischen Staatskonzern Rostec als Dachkonzern einiger der früher gelisteten russischen Waffenproduzenten auf Platz sieben. Das andere russische Unternehmen, das noch Zahlen veröffentliche, sei United Shipbuilding Corporation (USC) auf Rang 41. Diese beiden steigerten ihre Einnahmen aus Rüstungsgeschäften 2023 demnach um 40 Prozent, auf zusammen 25,5 Milliarden Dollar.

Die militärische Reaktion Israels auf den Hamas-Terror vom 7. Oktober 2023 brachte derweil den drei israelischen Waffen- und Rüstungskonzernen unmittelbare Rekordeinnahmen. Zusammengelegt wuchsen sie um 15 Prozent auf 13,6 Milliarden Dollar. Sipri zitiert Elbit Systems, dessen Einnahmen 2023 um 14 Prozent stiegen: Allein 900 Millionen Dollar hätten sie mit heimischen Aufträgen zwischen Oktober und Dezember 2023 umgesetzt.

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10 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Wer muss Rüstung will, der braucht mehr Rüstungsindustrie, der braucht Gewinne. Das ist leider die gute Nachricht in diesem schlechten Spiel. Außer man möchte die Waffen für die Verteidigung der Ukraine irgendwie selber backen.

  • Vielleicht mal überlegen, Übergewinne abzuschöpfen?

  • Ich frage mich wo jetzt genau die Gewinne im Artikel beschrieben werden? Es ist nur von Einnahmen und von Umsatz die Rede. Und nein Umsatz ist nicht gleich Gewinn.

    • @Gunnar Roth:

      Ihnen kann mit einem Beispiel geholfen werden:

      www.handelsblatt.c...-02/100086430.html

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Danke für den Link - leider wird überhaupt nicht auf emissionsarme Techniken und Verfahren bei der Herstellung der " Produkte " eingegangen.



        Unsere Ressourcen werden für die Rüstungsindustrie verbraucht und es geht hier um Umsätze, laut dem Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri weltweit um einen Umsatz von insgesamt 632 Milliarden Dollar ( knapp 600 Mrd. Euro im Jahr 2023.

  • Die Ukraine zu fördern ist eine sehr gute Idee, um den Großrevisionisten zu binden und einzuhegen.

    (Ob man Netanyahus Pläne sogar noch unterstützen und dortige Unternehmen so mit päppeln sollte, steht auf einem anderen Blatt, wenn man doch eigentlich Besetzten helfen will, da wie dort.)

    So schade es ist, Geld so unproduktiv einzusetzen, und so klein wie möglich man einen militärisch-industriellen Komplex eigentlich auch halten sollte: Den Nutzen der militärischen Stärke hat Putin nun leider aufgezeigt.



    Das Umschalten von Out-of-Area-Abenteuern zu moderner Verteidigung wird noch ein langer Weg.

  • "Rüstungskonzerne erzielen hohe Gewinne



    .. Auch international fahren die Rüstungsunternehmen ihre Kapazitäten hoch. "



    Nicht verwunderlich angesichts der Weltlage, seufz...

    • @Encantado:

      ...Rüstungskonzerne erzielen hohe Gewinne, mit denen sie dann unter andern Stifftungen unterstützen, deren Wissenschaftliche Mitarbeiter:innen dann den Politikern & Bevölkerungen auf der Welt vermitteln, wo, wann, warum, die hergestellten Waffen unbedingt eingesetzt werden müssten...

  • Wie dumm ist die Menschheit, wenn wir 600.000.000.000 Dollar pro Jahr für unsere Selbstvernichtung entrichten?

    • @Joachim Kappert:

      Sobald man erkennt, dass es "die Menschheit" nicht gibt und das evolutionäre Programm des einzelnen Menschen eben nicht außer Kraft gesetzt ist, kann man die Frage klar beantworten.