Sinkende Kaiserschnitt-Rate in Bremen: Mehr Geburten ohne Skalpell
Die Kaiserschnittrate in Bremen ist um einen Prozentpunkt gesunken. Dr Chefarzt des Bremer Sankt-Joseph-Stifts fordert mehr Personal.
Dies verbucht die Landesregierung als Erfolg des Anfang 2013 auf Initiative der Landesfrauenbeauftragten gegründeten „Bremer Bündnis zur Unterstützung der natürlichen Geburt“. Dieser bundesweit einmalige Zusammenschluss von Krankenkassen, Kliniken, Hebammen, GesundheitspolitikerInnen sowie niedergelassenen GynäkologInnen und KinderärztInnen hatte sich vor einem Jahr auf Empfehlungen geeinigt, um wieder mehr Frauen zu ermöglichen, Kinder aus eigener Kraft zu gebären.
Der Senat hält eine verbesserte Kooperation zwischen Geburtshilfekliniken und den FrauenärztInnen, die die Schwangerschaft betreuen, für entscheidend, um die Rate zu senken. Schließlich ist mit einem Fünftel der Fälle der häufigste Grund für einen Kaiserschnitt: ein vorangegangener Kaiserschnitt. Niedergelassenen GynäkologInnen sollten daher „schwangere Frauen, die schon einen Kaiserschnitt hatten, aktiv zu einer natürlichen Geburt ermutigen“, sagt der Senat.
Allerdings gibt es noch weitere Faktoren, die die Rate beeinflussen – und die Geld kosten. So sagt Torsten Frambach, Chefarzt der Frauenklinik des St. Joseph-Stifts: „Für den weiteren Erfolg ist eine Eins-zu-Eins Betreuung durch Hebammen unter der Geburt dringend erforderlich“, dazu brauche es „politische Unterstützung auf allen Ebenen“. „Mehr Zeit für Gebärende“ fordert auch Heike Schiffling, Vorsitzende des Hebammenlandesverband Bremen.
Derzeit betreuen Hebammen in der Regel mehrere Gebärende gleichzeitig. Wegen der Schließung des Kreißsaals im Klinikum Mitte Anfang 2012 und von Geburtshilfestationen im Umland kommt es in Bremer Kreißsälen regelmäßig zu Engpässen, auf die ChefärztInnen der Kliniken mehrfach hingewiesen haben. Verschärft hat sich die Situation noch einmal mit dem starken Zuzug im vergangenen Jahr von Geflüchteten. Zu diesem Thema erwarten die Fraktionen von SPD und Grünen in der Bremischen Bürgerschaft eine Auskunft des Senats.
Die Kaiserschnittrate ist nicht in allen Kliniken gleichermaßen gesunken. Im Klinikum Links der Weser (LdW), das extreme Frühgeburten betreut, liegt sie konstant bei 34 Prozent. Am stärksten gefallen ist sie in Bremen Nord: Von 32 Prozent im Jahr 2013 auf 27 Prozent in 2015. Im Sankt-Joseph-Stift, der nach dem LdW größten Geburtshilfeklinik, ist sie sogar gestiegen: Von 23,4 auf 25,9 Prozent. Aus Bremerhaven, wo es nur noch eine Klinik gibt, gab es am Freitag keine neue Zahl: 2012 lag die Rate bei 36,7 Prozent.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!