Sieger der Herzen: Adiós Costa Rica
Das taz-WM-Team verabschiedet die überraschendste Mannschaft dieser WM, aus dem Land ohne Armee und der erneuerbaren Energien.
Ganz mies, van Gaal
Nur ein mieses Psychospiel konnte die großartigen Costa Ricaner aus dem Turnier werfen. Es war keine taktische Meisterleistung Louis van Gaals, den Torwart Tim Krul kurz vor dem Ende der Verlängerung einzuwechseln. Es war bloß ein billiger Trick. Denn Krul ist kein Fachmann: Von 20 Elfmetern, die er in den letzten fünf Jahren bei Newcastle hätten halten können, hat er gerade mal zwei gehalten. Van Gaal blieb gegen Costa Rica nur eine Taktik: Einschüchterung. Kein Costa Ricaner wird die miserable Krul-Statistik im Kopf gehabt haben. Krul selbst aber wusste, dass er nichts kann und setzte deshalb die Psychotaktik fort, indem er jedem Elfmeterschützen sagte: „Ich weiß, in welche Ecke du schießt.“ Die Costa Ricaner blieben Gentleman. Selbst wenn sie es gewusst hätten, es wäre unter ihrer Würde gewesen, dem Torwart ein „2:20!“ ins Ohr zu flüstern. (DORIS AKRAP)
Als Underdog den Gruppensieg gegen drei ehemalige Weltmeister einfahren, formschön die Italiener heimschicken, in Unterzahl das Achtelfinale überstehen: Costa Rica, ihr habt Spaß gemacht. Danke dafür. (JOSEF WIRNSHOFER)
Costa Rica! Erst schmeißt ihr die Griechen raus und dann spielt ihr im Viertelfinale genau wie sie: mit elf Mann hinten drin. Was bei den Griechen aber immer als behäbiger Betonfußball durchging, sah bei euch nahezu elegant aus. Schöner kann man einen Robben nicht zermürben. (MARCO WEDIG)
Zum Einrahmen
Liebe Costa Ricaner,
man muss seine Grenzen kennen. Gegen Holland war dann auch mal gut mit Lauf-und-Leidenschaft-Ball, da kamen dann die echten Fußballer zum Zuge. Hier noch mal was Schönes zum Einrahmen und Den-Enkeln-Zeigen für euch:
1 Costa Rica 3 7 4:1
2 Uruguay 3 6 4:4
3 Italien 3 3 2:2
4 England 3 0 1:2
Grüßt die Karibik!
(JENS UTHOFF)
Bleib so!
Hoffentlich wird die europäische Fußballwelt nach diesem großen Auftritt nicht zu aufmerksam auf dieses Costa Rica. Ein Land ohne Armee, ohne Straßennamen und ohne Superstar-Personenkult. Wäre doch schade wenn auch da Effizenz-Fußball-Kampfmaschinen gezüchtet werden würden. (JANTO RÖSSNER)
Latino unter den Latinos
Schönes, exotisches, unbekanntes Costa Rica, du Latino unter den Latinos! Es ist also Zeit, Adiós zu sagen – später, als gedacht, denn Du hast uns mit Deinem unerhört selbstbewussten und doch angenehm understatementhaften Auftreten bis ins Viertelfinale der WM begleitet – obwohl Du doch zu den ganz Kleinen gehörst. Oder: gehörtest? Denn ab jetzt wird auch immer Dein Name genannt werden, wenn es heißt, wer ist „Geheimfavorit“? Also doch: Hasta la vista oder hasta la victoria, quién sabe? (SUNNY RIEDEL)
Holland ist fällig
Die Niederländer waren besser. Aber ihr wart zäher. Habt den Leuten von „hinterm Deich“ elf Polder hingestellt, wie sie sie nur an der Nordsee kennen. Die Niederländer haben dann ihrerseits den Ober-Polder Krul ins Tor gerammt. Egal. Wie Wattwürmer sind fällig. Ein fetter Bissen für die Argentinier. (ANNA LEHMANN)
Vorbildlich
Vielleicht ist Costa Rica nach Fußballmaßstäben nicht weltmeisterreif, aber 90 Prozent erneuerbare Energien! Da sollte Louis van Gaal mal drüber nachdenken. Und Angela Merkel auch. (PETER UNFRIED)
Was fürs Herz
So Kinder, war schön. Jetzt husch, husch ins Bett und lasst die Erwachsenen unter sich. Aber egal, wer von denen den Titel holt, der eigentliche, herzensmäßige Weltmeister heißt 2014, spätestens nach diesem Spiel gegen Holland: Costa Rica. (DENIZ YÜCEL)
Auf bald
Wie waren sie gut, schön und wahr. Ein Aufbruch der Kleinen in die Welt der Etablierten. Mit dem ewigen Lorbeer, fußballseelische Flaschen platt gespielt zu haben, Italien, Uruguay und England, fahren sie nach Hause. Adiós, auf bald, in den Ferien in Costa Rica. (JAN FEDDERSEN)
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