piwik no script img

Siebter globaler Klimastreik„Verkehrspolitik ist Riesenthema“

Die Bundesregierung macht ungesehen Dinge, die sehr klimaschädlich sind, sagt Klimaaktivistin Maira Kellers. Und die Energiewende sei zu langsam.

Kann auch ein Resultat des Klimawandels sein: Extreme Wintereinbrüche Foto: Christoph Soeder/dpa
Celine Weimar-Dittmar
Interview von Celine Weimar-Dittmar

taz: Maira Kellers, durch die Coronapandemie ist der Klimabewegung ihre schärfste Klinge genommen worden: der Massenstreik auf der Straße. Was hatte das für Konsequenzen?

Maira Kellers: Wir haben unsere Hauptaktionsform verloren, aber wir haben versucht, möglichst viel digital Präsenz zu zeigen, und ich glaube, das hat auch echt ganz gut geklappt.

Im Interview: Maira Kellers

15, engagiert sich bei Fridays for Future in Köln und ist eines der jüngsten Mitglieder im bundesweiten Organisa­tionsteam der Bewegung.

Der Streik hat im Netz stattgefunden?

Wir haben uns in Telefonkonferenzen getroffen und Schilder gemalt, die dann alle in die Kamera gehalten und auf Instagram und Twitter gepostet. Davon sind wir aber irgendwann abgekommen und haben uns einfach viel auf Pressearbeit fokussiert. Wir haben Gespräche mit Po­li­ti­ke­r*in­nen gesucht und irgendwann haben Greta und Luisa (Thunberg und Neubauer, Anm. d. Red.) mit Frau Merkel geredet. So etwas gab es immer wieder. Jetzt fangen wir auch wieder an, auf die Straße zu gehen.

Ist klimapolitisch im letzten Jahr genug passiert?

Ich hatte mir erhofft, dass es mehr gewesen wäre. Unsere Regierung macht ungesehen Dinge, die total klimaschädlich sind und gar nicht 1,5-Grad-konform. Es gibt sogar Studien darüber, dass, wenn jetzt diese sieben Dörfer abgebaggert werden, das 1,5-Grad-Ziel wirklich nicht mehr einhaltbar ist für Deutschland. 30 Minuten mit dem Zug von mir entfernt wird da gerade global entschieden, ob wir an diesen Kipppunkt geraten oder nicht.

Zum Beispiel?

Beim Tagebau Garzweiler, wo ich momentan super viel bin, sollen sieben Dörfer abgebaggert werden. Da verlieren die Menschen, die dort wohnen, ganz direkt ihr Zuhause. Zugleich sind Menschen im Globalen Süden immer stärker den Folgen des durch die Kohleverbrennung forcierten Klimawandels ausgesetzt.

Die Bewegung hat die Bundestagswahl zur Klimawahl ausgerufen. Welche Themen müssen in den Wahlprogrammen der Parteien stehen?

Die Energiewende, die wir dringend brauchen und die zu langsam ist. Und Verkehrspolitik ist, glaube ich, ein Riesenpunkt. Wir in Köln haben zum Beispiel auch unseren Streik am Freitag mit dem Thema „autofreie Innenstadt“ geframt. Wir dürfen nicht weiter Emissionen über einen motorisierten Individualverkehr ausstoßen, sondern müssen dringend auf einen kostenlosen, für alle zugänglichen und flexiblen ÖPNV umsteigen, um eine klimagerechte Verkehrswende hinzubekommen und damit das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • "(...) wenn jetzt diese sieben Dörfer abgebaggert werden, das 1,5-Grad-Ziel wirklich nicht mehr einhaltbar ist für Deutschland."

    Die CO2 Emissionen haben in Deutschland 2005-2017 um 5% abgenommen, weltweit aber um 24% zugenommen. Momentan sieht es stark so aus als ob der Zug in diese Richtung weiterfährt.



    Ja, schon nett dass sich die Kinder für die Zukunft interessieren und vor der eigenen Haustür kehren etc., aber irgendwann tut der Diskussion mehr Ehrlichkeit gut. Je mehr man den jungen Leuten vormacht, desto unangenehmer wird die Desillusionierung.

  • @Maira Kellers, @FfF

    Danke für Euren Mut, danke für Eure Ausdauer, danke für Eure Intelligenz.

    Wenn mich etwas optimistisch macht, dan sind's Leute wie Ihr.

  • @FLY

    "Da wird sich China aber freuen ..."

    Sollen doch die anderen anfangen.

    Nice try.

  • Ob die Aussagen allgemein akzeptiert werden?

    "Wir dürfen nicht weiter Emissionen über einen motorisierten Individualverkehr ausstoßen.."

    1,5 Mio der 2,5 Mio 18-20 jährigen haben einen Führerschein. Es gibt bei den jungen Leuten vielleicht einen prozentualen Rückgang, aber die meisten möchten anscheinend in der Lage sein, sich motorisiert individuell fort zu bewegen.

    "wenn jetzt diese sieben Dörfer abgebaggert werden, das 1,5-Grad-Ziel wirklich nicht mehr einhaltbar ist ..."

    Da wird sich China aber freuen, dass der Schuldige für das Verfehlen des Klimaziels so klar benannt wird. Die ganze Welt, nein, ein, sorry sieben, kleine Dörfer am Rand von D.

    • @fly:

      (...) Also erstmal ist es doch normal, dass man sich als politischer Aktivist als erstes mal um Dinge kümmert, die im eigenen Land schief laufen. China kümmert es einen sch... ob hier in D ein paar Typen der Politik kritisieren. Die heimischen Parteien sollte es aber schon interessieren.

      Leider ist es heutzutage teilweise immer noch einfach unvermeidlich einen Führerschein zu machen. Das fordern ja eine ganze Menge Arbeitgeber (selbst wenn es für den eigentlichen Job nicht unbedingt zwingend notwendig wäre).



      Zum Anderen fordert ja niemand (oder zumindest nicht die Leute von FFF), dass überhaupt keiner mehr Autofahren soll, sondern eine grundlegende Neuausrichtung der Verkehrspolitik in der öffentliche Verkehrsmittel klar gegenüber motorisiertem Nahverkehr priorisiert werden.

      Ich hab auch einen Führerschein, aber ich hab weder ein Auto noch fahre ich allzu häufig. Man sollte vorsichtig sein durch das Vorhandensein eines Dokuments auf das tägliche Verhalten zu schließen. Und wenn Sie ja schon festgestellt haben sinkt der Anteil der Leute mit Führerschein erheblich und ist mancherorts um ein drittel (oder sogar mehr) gesunken. Das ist signifikant und zeigt eher dass die Jungen Leute (zu denen ich mich eingeschränkt auch noch zähle) eine fundamental andere Einstellung haben als die Generationen davor.

      Aber wenn man es natürlich nur absolut betrachtet kann man das auch alles schlecht reden.

      Der Kommentar wurde gekürzt. Beachten Sie bitte die Netiquette.

      Die Moderation

      • @Huege:

        Dito. Mal schauen, vielleicht schreibt, Fly ja noch etwas über ihren*seinen Aktivismus und wie ökologisch sie*er lebt. Ansonsten wird es wohl einfach nur billiger Spott und Polemik sein.

    • @fly:

      ist eigentlich dich nicht so schwierig? das es erstmals jugendliche gibt, die nicht am 18. geburtstag zacki mit dem auto losfahren, ist signifikant.



      auf dem sog land, in der fläche, an der peripherie geht es oftmals nicht ohne fahrzeug aufgrund des katastrophalen oepnv, im urbanen kontext ist das anders.



      warum china das 1,5 ziel von deutschland (!) mehr beeinflusst als das festhalten an der braunkohle, musst du dann bitte auch genauer erklaeren.