Sexismus bei den Rechten: Feminismus ist Freiheit
Konservative verbreiten in sozialen Medien alte Rollenbilder in neuem Gewand. Doch jüngste Daten zeigen: Junge Frauen durchschauen diesen Trick.
Echte Männer sind rechts.“ Das sagte der Spitzenkandidat der AfD, Maximilian Krah, in seiner Rede am Politischen Aschermittwoch in Osterhofen. Es ist außerdem einer seiner Werbesprüche, die er auf Tiktok und überall, wo es Videos gibt, verbreitet. Ich kriege das kalte Kotzen, wenn ich ihn mit Zigarre im Mund stammeln höre: „Ich mag doch echte Frauen“, wie in einem Videozusammenschnitt, den der Kanal der AfD im Bundestag im Februar auf Youtube postete. Weil sie „intuitiv“ seien und „Gefühl haben“.
Laut Recherchen von T-online ist Social-Media-Experte Erik Ahrens mitverantwortlich für die Tiktok-Videos. Der wiederum forderte 2023 auf der Plattform X die Zwangsabgabe von Eizellen, nach Überprüfung der „Eignung“ der Frauen. Klingt nach Rassenhygiene. Und leider ist das nur ein kleiner Ausschnitt eines riesigen Problems.
Eine Datenauswertung der Financial Times aus diesem Jahr zeigt, dass junge Männer zunehmend rechter werden. Die Auswertung ist zwar umstritten, aber der Trend lässt sich auch in Wahlumfragen oder auf Social Media beobachten. Coaches und andere, die sich für wichtig halten, reden hier oft über Geschlechter. Mit neuen Begriffen kaschieren sie alte Rollenbilder.
Wer diesen Leuten zuhört, lernt etwas über „Energien“. Das Heimchen am Herd hat jetzt „weibliche Energie“ und Männer, die sich eine Frau wünschen, die hinter ihnen aufräumt, nennen sich „traditionell“. Stets ist die „weibliche Energie“ die fürsorgliche, bemutternde, emotionale und die „männliche Energie“ die rationale, arbeitende und starke, also alles, was mit Macht und Status zu tun hat. Wenig überraschend, dass das einige Männer begeistert.
Wer Freiheit will, ist Feminist*in
Die Neue Rechte führt nicht nur einen Kulturkampf gegen LGBTQ-Personen, sondern gegen den Feminismus als Ganzes. „Feministinnen sind hässlich und grässlich“, erklärte Krah in seiner Rede am Politischen Aschermittwoch.
Worum es dabei eigentlich geht: stramm patriarchale Rollenbilder zu vermitteln, verpackt in unterhaltsame Tiktoks. Die Datenauswertung der Financial Times zeigt aber auch: Junge Frauen werden progressiver – eine klare Gegenbewegung. Das „emotionale Geschlecht“ kauft der Neuen Rechten die Harmlosigkeit dieser Erzählungen offenbar nicht mehr ab. Sie erkennen sie als Versuch einer Rückabwicklung der Emanzipationsbewegungen der letzten 60 Jahre.
Eine Gruppe junger Männer radikalisiert sich dagegen zunehmend und sieht nicht, welche Nachteile dabei auch für sie selbst entstehen. Denn in Wirklichkeit sind Männer nicht immer rational und stark. Ja, auch Männer leiden unter dem Patriarchat. Sie haben weniger soziale Bindungen und sind oft nicht in der Lage, Emotionen zu zeigen. Sie sind damit ein gefundenes Fressen für Rattenfänger wie Krah, die AfD oder Tiktok-Coaches, die ihnen eine Welt voller Privilegien versprechen.
Tatsächlich aber wird diese Welt auch Männer unglücklich machen. Es ist eine Welt, in der sie als „schwul“ gelten, wenn sie sich die Nägel lackieren oder sich schminken, in der ihnen auch andere Freiheiten genommen werden, zum Beispiel, sich stärker in der Familie zu engagieren.
Liebe Männer: Wer Freiheit will, ist Feminist*in. Diese Erkenntnis braucht es umso mehr in meiner Generation. Also: Zeigt euch! Redet darüber, dass euch tiefe platonische Freundschaften unter Männern fehlen und dass es euch schwerfällt, um Hilfe zu bitten. Sprecht über den Druck und die Probleme, die das Patriarchat für euch erzeugen. Dann wird die Strategie der Neuen Rechten an uns scheitern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind