Sexismus-Debatte zu Oscar-Nominierungen: Yes, he Ken

Greta Gerwigs „Barbie“ ist mehrfach Oscar-nominiert. Die Regisseurin und ihre Hauptdarstellerin Margot Robbie gingen aber leer aus. Ist das schon Sexismus?

Foto von Ryan Gosling mit Jeansjacke als Ken, der verschmitzt lächelt

Ryan Gosling als Ken im „Barbie“-Film Foto: Warner Bros. Pictures/ap

Der erfolgreichste Film im letzten Jahr war ein überwältigendes, klug komponiertes Spektakel in Pink. Völlig zu Recht taucht „Barbie“ nun auch in der Nominiertenliste für den besten Film bei den Oscars auf.

Auch zu Recht kann Ryan Gosling auf einen Oscar als bester Nebendarsteller hoffen. Kaum ein anderer Mann hat die Essentialisierung seines Geschlechts auf die Formel „ohne Patriarchat einfach nur unbedeutend“ bezaubernder gespielt als er.

Ist es nun ungerecht, wenn Margot Robbie und Greta Gerwig keine Nominierung für „Beste Hauptdarstellerin“ und „Beste Regie“ erhalten? Nein und ja.

Als beste Hauptdarstellerin sind etwa Sandra Hüller und Emma Stone nominiert. Hüller zieht die Zuschauerin im Film „Anatomie eines Falls“ derart in den Bann, dass 150 Minuten Spielzeit wie im Rausch vergehen. In ihrem Gesicht wechseln sich Wut, Trauer, Verzweiflung, Verachtung, Liebe und Trotz in feinster und hochgradig glaubwürdiger Mimik ab. Selten hat eine Schauspielerin auf der Leinwand eine so kompromisslos eigenständige Frau gespielt.

Ähnlich in dieser Hinsicht füllt Emma Stone ihre Rolle aus als Bella Baxter in „Poor Things“. Die Männer um sie herum drehen regelrecht und wortwörtlich durch, während sie mit dem Gehirn eines Kleinkindes die Welt erkundet und Konventionen bricht. Das Lebenlernen, Essenausspucken und Schreianfällekriegen eines Kindes spielt Stone meisterinnenhaft, das können Mütter bestätigen.

Solches Können bleibt von Margot Robbie nach „Barbie“ nicht im Kopf. Ihre schauspielerische Leistung ist gut, aber nicht überdurchschnittlich. Was „Barbie“ zu einem Knallerfilm macht, ist der kluge Witz, die Komposition der temporeichen Heldinnenreise, das Bühnenbild, sind die Gesangs-, Tanz- und Traumeinlagen.

Das wiederum wären Gründe gewesen, Greta Gerwig für die beste Regie zu würdigen. Platz wäre gewesen, wenn die Academy verzichtet hätte auf Martin Scorseses „Killers of the Flower Moon“. Geschichten über mordende weiße Männer gibt es ausreichend und künstlerisch interessanter erzählt.

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Stellvertretende Chefredakteurin der taz seit April 2016. Vorher Chefredakteurin des Missy Magazine. Aufgewachsen in Dresden. Schreibt über Kultur, Feminismus und Ostdeutschland. In der Chefredaktion verantwortlich für die digitalen Projekte der taz. Jahrgang 1985.

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