piwik no script img

Serie „Slow Horses“ mit Gary OldmanHochfunktionale Loser

Der Serienhit „Slow Horses“ mit Gary Oldman geht in die fünfte Runde. Dabei besinnt sich die Serie zurück auf ihre Wurzeln und ist lustiger denn je.

Gary Oldman als Jackson Lamb in „Slow Horses“ Foto: Foto: disney+

Jackson Lamb ist kein Vorgesetzter, der Wert auf konstruktive Feedback-Kultur und bedürfnisorientierte Führungskompetenz legt. Anders als in beleidigender Weise tritt er seinen Angestellten nicht gegenüber, und der Arbeitsplatz seiner Abteilung ist derart ranzig und unhygienisch, dass Gesundheitsbedenken aufkommen könnten.

Warum sein Team trotzdem bleibt? Weil es aus Menschen besteht, die nirgendwo anders mehr hin können – aus aussortierten Geheimagenten des MI5, die durch verschiedenste Fehltritte nicht mehr haltbar sind und ins „Slough House“ unter der Leitung von Lamb abgeschoben wurden.

Eine Losertruppe, eine Mannschaft aus Versagern im privaten wie im beruflichen Leben. Catherine (Saskia Reeves) etwa,trockene Alkoholikerin, Shirley (Aimee-Ffion Edwards), die massive Drogenprobleme und denVerlust ihres Partners bewältigen muss, River (Jack Lowden), der in einem Probeeinsatz des MI5öffentlichkeitswirksam versagt hat – alle zutiefst einsam und zutiefst britisch in ihremschwarzhumorigen Sarkasmus.

Dass der Anführer dieser weit von Idealismus entfernten, doch im Notfall immer noch hochfunktionalen Truppe am besten von Gary Oldman mit löchrigen Socken und fettigen Haaren gespielt werden kann, versteht sich von selbst. In der fünften Staffel von „Slow Horses“ besinnt sich die Serie wieder zurück auf ihre Anfänge und ist schnoddriger und lustiger denn je.

Die letzten Staffeln führten mitunter weit aus Großbritannien heraus und basierten auf vielgliedrigen Erzählsträngen. Diese Staffel hingegen konzentriert sich auf London als Ort des Geschehens und funktioniert hervorragend mit weniger komplexen Handlungssträngen und dafür noch pointierterem Witz und noch schärfer abbiegenden Spannungskurven.

Ein gespaltenes England

London steckt mitten im Bürgermeisterwahlkampf, als die Stadt von einer Reihe von Anschlägen erschüttert wird, die ein Ziel zu vereinen scheint: die Destabilisierung der Bevölkerung. Ein Massaker während einer Wahlkampfveranstaltung für den progressiven Kandidaten macht den Auftakt, die Explosion von Autos durch vergiftete Tankstellen und das Abschlachten von Pinguinen im städtischen Zoo führen die Anschlagsreihe weiter. Der Sohn des weltoffenen und liberalen Bürgermeisterkandidaten wird für die Anschläge instrumentalisiert und gefährdet so den Sieg seines Vaters, der rechtspopulistische Kandidat leidet indes unter seiner eigentlich selbst migrantischen Herkunft.

Ein gespaltenes England wird uns in dieser Staffel gezeigt, eines, auf dessen Wahlkampfveranstaltungen sich Studierende mit Jutebeuteln und wütende Männer mit Lederwesten gegenüberstehen und eine Seite die Argumentation der anderen nicht mehr nachvollziehen kann.

Und wäre all das nicht genug, läuft der sexuell frustrierte und zugleich größenwahnsinnige Ho, wohl einer der lustigsten Zöglinge Lambs, direkt in eine „Honeytrap“ und verrät der auf ihn angesetzten Frau bereitwillig geheimdienstliche Informationen…

die serie

„Slow Horses“

Staffel 5, auf Apple TV+

Diese Staffel basiert auf dem fünften Band der „Slow Horses“-Buchreihe von Mick Herron, „London Rules“, von Krimifans geliebt für ihren Witz und ihre hohe literarische Qualität. Besetzung, Regie und Filmmusik verwandeln diese großartige Buchvorlage in einen echten Seriengenuss, bei dem jedes Klischee des Spionagethrillers überführt und jede Andeutung von Pathos parodiert wird.

Eine Verfilmung des sechsten und siebten Bandes wurde von Apple TV+ bereits angekündigt. Davor können sich Fans auf eine weitere Herron-Verfilmung der Streamingplattform in diesem Herbst freuen: „Down Cemetery Road“ mit Emma Thompson wird Ende Oktober erscheinen – höchste Zeit also, die Herron-Lektüre zur Vorbereitung zu beginnen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare