Sensationsfund im Regenwald: Mastodon und Megalama
Im kolumbianischen Regenwald haben Archäologen Zeichnungen entdeckt. Dass auch ausgestorbene Tiere zu sehen sind, muss uns zu denken geben.
F rüher war alles besser. Sogar das Graffito. Von einem Sensationsfund tief im kolumbianischen Regenwald ist die Rede: Zehntausende Malereien, verteilt über 12 Kilometer Felswand. Geometrische Formen, Menschen, Tiere, Masken, Handabdrücke – und detailverliebte Szenen aus dem Leben der damaligen Menschen.
Die Zeichnungen blieben so lange unentdeckt, weil sie in einem von den Farc-Rebellen kontrollierten Waldgebiet liegen, das für Wissenschaftler in den fünfzig Bürgerkriegsjahren zuvor unzugänglich war. Da kommt es dann auf ein Jahr auch nicht mehr an, haben sich die Entdecker wohl gesagt und die Malereien erst mal geheim gehalten.
Nicht etwa zu deren Schutz – sondern zur bestmöglichen Platzierung einer Fernsehdoku des britischen Senders Channel 4 über die Entdeckung, die nun im Dezember ausgestrahlt wird. Wissenschaftsergebnisse nach Sendeplan – das war früher auch irgendwie besser.
Dass die Zeichnungen mindestens 12.000 Jahre alt sind, ergibt sich schon aus den Motiven. Zu sehen sind Urzeittiere wie das Mastodon, ein Vorgänger des Elefanten, Palaeolama, ein eiszeitliches Megalama, und die bezaubernden Riesenfaultiere, die mit ihren mehreren Tonnen Gewicht durch die Gegend stampften, wo heute Regenwald steht.
Die Malereien können uns aber nicht nur bezaubern, sondern auch als Mahnung dienen. All die tollen Tiere, die dort zu sehen sind, gibt es nicht mehr. Warum sie vor rund 10.000 Jahren verschwanden, weiß man nicht genau. Entweder war der rasche Klimawandel am Ende der Eiszeit schuld oder der Mensch, der um diese Zeit einwanderte.
Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.
Die heute übliche Romantisierung der edlen, im Einklang mit der Natur lebenden Urmenschen jedenfalls geht fehl – es gilt als sicher, dass die frühen Amerikaner nicht zimperlich waren bei der Jagd auf die arglosen Riesentiere.
Und falls doch eher der Klimawandel schuld war, ist die Botschaft auch nicht freundlicher: Wenn schon die damaligen natürlichen und relativ langsamen Klimaveränderungen derart verheerende Auswirkungen hatten, ahnt man, was die heutige Turbo-Aufheizung des Planeten für die Artenvielfalt bedeuten wird.
Letztlich blicken wir also auf ein schaurig-schönes Zeugnis der Zerstörung. Früher war vielleicht doch nicht alles besser.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren