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Seit 70 Jahren besetztDer Ruf „Free Tibet!“ wird leiser

Gastkommentar von Sarah Schäfer

Vor 61 Jahren begann der Volksaufstand in Tibet, den China brutal niederschlug. Der Ruf für ein freies Tibet wird von China immer öfter unterdrückt.

Protest zum Jahrestag des tibetischen Volksaufstands vor der chinesischen Botschaft in London, 2018 Foto: Chrissa Giannakoudi/NurPhoto/picture alliance

V or 70 Jahren marschierten die Chinesen in Tibet ein, annektierten das Land ein Jahr später und schlugen schließlich 1959 auf brutalste Weise einen tibetischen Volksaufstand nieder. Das war am 10. März, vor 61 Jahren. Der Dalai Lama, Oberhaupt der Tibeter, floh daraufhin ins Exil nach Indien.

„Free Tibet!“ ist ein Slogan, der von Jahr zu Jahr leiser wird. Dabei ist Tibet das Paradebeispiel der postkolonialen Machtpolitik eines Landes, welches wir im Westen noch vor 20 Jahren mit Wandel durch Handel zu „zähmen“ versuchten. Welches heute eine Million Uiguren in konzentrationslagerartige Umerziehungslager steckt – ja, auch für die Umerziehungslager war Tibet der Prototyp. Ein Regime, welches in Hongkong versucht, den legitimen Ruf nach Demokratie zu erwürgen und welches sich auch hierzulande ganz klammheimlich einschleicht, um uns das Bild eines teetrinkenden, Kalligrafien zeichnenden Bruderstaats zu vermitteln – wer kennt sie nicht, die Konfuzius-Institute?

Den Ruf nach einem Tibet, in dem Selbstbestimmung und Menschenrechte die siebzigjährige Unterdrückung ablösen, gibt es weiterhin – er wird vom chinesischen Staat bloß immer öfter auf „stumm“ geschaltet. Dabei helfen auch westliche Regierungen und Firmen, den Handelsbeziehungen zuliebe.

Denn Tibet, mit seiner völlig anderen Sprache, Kultur und historisch ganz eigenen politischen Strukturen, sei ja schließlich ein Teil Chinas. Tibeter, die das nicht akzeptieren, „verschwinden“ gern mal.

Sarah Schäfer

Sarah Schäfer ist Kampagnen- und Medienreferentin der Tibet Initiative Deutschland e. V..

Mit über 80.000 Toten zeigte man damals beim Volksaufstand den Tibetern, wie chinesisch sie sind.

Der Dalai Lama lebt immer noch im Exil. Und die Tibeter? Die warten immer noch darauf, dass er zurückkommt. Die kommen ins Gefängnis, wenn sie ein Bild von ihm zu Hause haben. Und müssen Bilder von Xi und Mao auf ihre buddhistischen Altäre stellen, um nicht zu vergessen, dass sie den Staat mehr lieben als ihre eigene jahrtausendealte, einzigartige Kultur.

Man frage sich, was schlimmer ist in Tibet – Coronavirus oder Parteivirus?

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11 Kommentare

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  • Der blaue Apfel formuliert wie die Parteizeitung drr KPCH 'Renmin Ribao' , unerträglich... vielleicht sollte er mal nach Tibet reisen und sich ein etwas realistischeres Bild von der Lage dort machen...

  • Tibet ist der gigantische "Wasserbehälter" für ganz Asien. Alle großen Flüsse entspringen dort. Die strategische Bedeutung ist daher so gewaltig, dass China keinen Fußbreit davon abgeben wird. Aus Chinas Sicht müssen sich die "Ureinwohner" anpassen, oder sie haben Pech gehabt.

  • Der "Ozean der Weisheit" war (und ist) ein absolutistischer Feudal-Herrscher, der "sein" Volk mindestens ebenso brutal unterdrückte, wie "die Chinesen".

    • @Wagenbär:

      In den meisten Ländern werden die Leute wenigstens alle paar Jahre gefragt, wen sie für das geringere Übel halten. Warum also wollen wir den Tibetern nicht mal das gönnen?

  • In Tibet kann jede(r) seine Religion frei ausüben und braucht auf der Straße seine Religion nicht zu verstecken, egal, ob Bön, Buddhist, Moslem oder Atheist. Ganz im Gegensatz zu vielen Gegenden in Deutschland.



    Und in Tibet sitzen keine Rechtsradikalen im Volkskongress.



    Wenn ich Buddhist wäre, würde ich jedenfalls tausend Mal lieber in Tibet leben als in Deutschland. Und wenn ich Moslem wäre, tausend Mal lieber in Xinjiang als in Deutschland.



    Ach ja, Tibet gehört seit der Yuan-Dynastie im 13. Jahrhundert zu China. Das ist historisch so eindeutig belegt, eindeutiger geht es nicht.

    • @Blauer Apfel:

      Der blaue Apfel ist wohl ein giftiger Apfel wenn er die Geschichte neu schreibt. Dazu gibt überhaupot keine Geschichte eine Rechtfertigung zu Unterdrückung, Folter und Konzentrationslager. Wird mann jeh verstehn?

    • @Blauer Apfel:

      Klar. Eindeutig belegt. Monarchie waren sie bis 1240, dann folgten mongolische, Mandschu- und britische Herrschaft, bevor 1913 ein eigener Staat gegründet werden konnte, den Mao 1951 abschaffte, wahrscheinlich schon damals mit der Begründung, Tibet hätte schon immer zu China gehört.

      • @Ewald der Etrusker:

        Kleine Anekdote: als um 1940 die Reinkarnation des Dalai Lama gefunden wurden, schickte der tibetische Klerus mitten im zweiten Weltkrieg eine Delegation zu Chiang Kai-Chek in Chongqing, um von ihm die Reinkarnation bestätigen zu lassen. So wie früher eine Reinkarnation des Dalai Lama erst mit dem Siegel des chinesischen Kaisers gültig wurde, so war nach Gründung der Republik Chinas der Dalai Lama dem chinesische Präsidenten untergeordnet.

        • @Blauer Apfel:

          Ich dachte, Mao hätte so manchen feudalistischen Unsitten ein Ende bereitet. Hat mir jedenfalls mal jemand erzählt. Aber vielleicht hat der sich ja auch geirrt.

    • @Blauer Apfel:

      Wäre ich deutscher Muslim, würde ich mich für den indirekten Rat, doch bitte nach Xinjiang auszuwandern (dass da die AfD noch nicht drauf gekommen ist?), ganz herzlich bedanken und dann keinen Gedanken mehr an diesen Unfug verschwenden...

    • @Blauer Apfel:

      Nach Ihrer Meinung seit 700 Jahren eine Kolonie?

      Alles spricht für einen chinesischen Einfluss erst ab dem 18. Jahrhundert, der dann aber wieder zurückging.